Ein Gesetz schafft Wirklichkeit"

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Gleichgeschlechtlichen Paaren ist der Gang zum Standesamt noch verwehrt. Bis Anfang Juli soll die Regierungsvorlage zum Lebenspartnerschaftsgesetz stehen. Ein Kraftakt. Kritik kommt von allen Seiten.

Eine Partnerschaft im Geheimen ist für viele homosexuell empfindende Paare immer noch die schmerzvolle Realität. Die Angst vor Ächtung und Diskriminierung in Beruf oder sozialem Umfeld sei für viele zu groß, um den Schritt in die Öffentlichkeit zu wagen, erklärt der Psychotherapeut und Theologe Johannes Wahala von der Wiener Beratungsstelle Courage. Die Einrichtung berät vorwiegend homosexuell orientierte Menschen in Fragen der Partnerschaft, Familie und Sexualität.

"Damit Partnerschaft gelingen kann, braucht jede Beziehung neben den Grundfundamenten von emotionaler Verbindung und Verbindlichkeit einen gesellschaftlich-öffentlichen Charakter. Keine Partnerschaft kann als zweisames Biotop gelingen", sagt Wahala.

Verborgene Partnerschaft

Anders ausgedrückt, man will sich mit dem Partner zeigen, ihn anderen vorstellen, von ihm erzählen. "Doch diese Anerkennung wird in Österreich immer noch verwehrt, was eine enorme Belastung für diese Partnerschaften darstellt", wie der Therapeut aus vielen Gesprächen mit schwulen Männern und lesbischen Frauen weiß.

Man könnte doch auch ohne Lebenspartnerschaftsgesetz zu seiner Partnerschaft stehen, per Notar Rechtliches regeln und unter Freunden feiern, lautet so mancher Einwurf. Hier entgegnet Wahala mit einem Spruch des Kommunikationswissenschafters Paul Watzlawick: "Sprache schafft Wirklichkeit." Und ein Gesetz schaffe Wirklichkeit. Gerade deshalb sei die Umsetzung eines Lebenspartnerschaftsgesetzes so wichtig, argumentiert Wahala. "Es geht um eine Normalisierung gleichgeschlechtlicher Paare; eine Normalisierung, die dem wissenschaftlichen Stand Rechnung trägt: Demnach gilt Homosexualität als eine Entwicklungsvariante und Ausdrucksform der menschlichen Sexualität."

Gemäß dieser Logik öffnete etwa Spanien auch homosexuellen Menschen die Möglichkeit zur Zivilehe. Jüngst folgten Norwegen und Kalifornien diesem Schritt. Österreich ist davon noch weit entfernt, obwohl auch Justizministerin Maria Berger (SPÖ) erkannt hat, dass ein Lebenspartnerschaftsgesetz dringend umgesetzt werden soll. Immerhin ist Österreich neben zehn, vorwiegend osteuropäischen, Ländern das einzige EU-Mitglied, das noch kein derartiges Gesetz vorweisen kann. Das sollte sich ändern. Doch noch gehen die Wogen hoch und es werden noch harte politische Konfrontationen bevorstehen, bis sich die Hoffnung schwuler und lesbischer Paare erfüllt, vor das Standesamt treten zu dürfen.

Berger: Gesetz bis 2009

An die 80 Stellungnahmen gingen zum vorliegenden Entwurf für ein Lebenspartnerschaftsgesetz des Justizministeriums ein (siehe auch Kasten rechts). Nun würden die Stellungnahmen studiert, wie es aus Bergers Büro heißt. Die Justizministerin will an ihrem Zeitplan festhalten. Das Thema liege ihr am Herzen, hieß es aus ihrem Büro gegenüber der Furche: Am 9. Juli soll das Vorhaben den Ministerrat passieren, dann im Herbst ins Parlament gehen und Anfang 2009 in Kraft treten. Ein ambitionierter Plan, wenn man die teils massive Kritik am Entwurf beachtet. Für die einen geht der Entwurf zu weit in Richtung Ehe, vor allem für die katholische Kirche und ÖVP-Ministerien. Für Interessensgruppen Homosexueller wiederum ist der Entwurf nicht tragbar, da er fast nur Pflichten beinhaltet, aber wichtige Rechte ausklammert (wie Sozialrecht, Pensionsrecht, Fremdenrecht, etc.). Hier müsste jedes einzelne Ministerium seine Gesetze entsprechend anpassen. Es handle sich um kein Gesamtpaket, es bestehe die Gefahr, dass angekündigte Anpassungen auf der langen Bank landen, so die Befürchtung.

Justizministerin Berger wollte nicht verraten, welche Eckpfeiler des Gesetzes für sie unverrückbar sind. Bisher beharrte Berger auf dem Standesamt als Ort der Trauung. Der Koalitionspartner wurde deutlicher: Allen voran der scheidende Innenminister Günther Platter fordert eine "grundlegende Überarbeitung" des Entwurfes (etwas moderater Josef Pröll). Platter spricht sich gegen eine Zeremonie am Standesamt und gegen das Aussprechen des Ja-Wortes aus. Stattdessen sollen Bezirksgerichte oder Bezirkshauptmannschaften gleichgeschlechtliche Paare trauen. Anstelle des Ja-Wortes soll es Willenserklärung per Protokoll geben. Die ÖVP will auch nicht von einem "Lebenspartnerschaftsgesetz" sprechen, sondern von "eingetragener Partnerschaft". Auch der Paragraf, der ein Diskriminierungsverbot vorschreibt, stößt auf Ablehnung, da Ungleiches nicht gleich behandelt werden könne, so die ÖVP.

Die Bischofskonferenz lehnt den Entwurf erwartungsgemäß grundlegend ab. Die Ehe sei auf Familiengründung ausgerichtet. "Dieser Rolle dürfe sie nicht entkleidet werden." Zudem würden ohnedies nur sehr wenige Homosexuelle letztlich eine Lebenspartnerschaft abschließen. Für Johannes Wahala eine "fast zynische" Prognose, wenn man die Geschichte von Verfolgung und Diskriminierung bedenkt. "Es fehlen doch noch immer Vorbilder und Modelle einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft".

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