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Die Homosexualität: Von Gott gewollt?

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Gutbesuchte Pressekonferenz eines Homosexuellen, der vorige Woche vier Bischöfe der Homosexualität bezichtigt mit großem Medienecho, Titelstory im „profil”. Das Thema Homosexualität ist „in”...

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Gutbesuchte Pressekonferenz eines Homosexuellen, der vorige Woche vier Bischöfe der Homosexualität bezichtigt mit großem Medienecho, Titelstory im „profil”. Das Thema Homosexualität ist „in”...

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Wie sehr sich die Einschätzung der Homosexualität geändert hat, erkennt man daran, daß die heute als restlos reaktionär verschrieenen Paragraphen erst 1975 in Kraft traten - zugleich mit der Liberalisierung der Abtreibung. Und heute sind nur mehr 47 Prozent der Österreicher (38 Prozent der unter 24-jährigen) gegen homosexuelles Tun.

Wie kam es zu diesem Wandel? Durch systematische Verbreitung der Vorstellung, homosexuelles Tun sei nur eine Spielart sexueller Betätigung. Der Mensch agiere eben entweder hetero- oder homosexuell. Da zu werten, sei diskriminierend und verstoße gegen die Menschenrechte.

Wie bei den anderen gesellschafts-verändernden Bemühungen (bei Abtreibung, Euthanasie) war der erste Hebel zur Bewußtseinsänderung der Appell an das Mitleid und das schlechte Gewissen: Tatsächlich wurden Homosexuelle häfig geächtet und lieblos behandelt - die übliche Verhaltensweise gegenüber jenen, die mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten.

Somit wurde hervorgekehrt, Homosexuelle seien bemitleidenswerte, in den Untergrund abgedrängte Menschen, die von ihrer Veranlagung her aber nicht anders konnten, als sich gleichgeschlechtlichen Beziehungen hinzugeben. Daher auch die Bemühungen, nachzuweisen, Homosexualität sei genetisch verankert. „Schwul geboren?” titelte etwa der Spiegel 1993. Man habe ein„Gen für Homosexualität entdeckt”. In der Zeitschrift „Science” las man hingegen, daß es sich um die vage Hypothese eines homosexuellen Forschers aufgrund einer nicht repräsentativen Erhebung handelte. Macht nichts: Hauptsache die Botschaft ist draußen...

Nicht nur die Wissenschaft wird bemüht, auch die Theologie. Gott wolle die Homosexualität, liest man in „Kanal 12” (Zeitschrift der theologischen Fakultätsvertretung der Hochschülerschaft in Wien): „Aus all dem lebt ... die Ehrfurcht vor der menschlichen Sexualität als Begegnungsweise verantworteter Beziehungsfähigkeit, die ausdrückliche Anerkennung der Homosexualität als natürliche, naturgegebene „Variante im Spiel der Schöpfung” (K. Lüthi). Aus all dem lebt auch das Zutrauen lesbischer Frauen und schwuler Männer zu sich selbst,... die Dankbarkeit für das, was ihnen als sexuelle Sprache - theologisch gesprochen: von Gott... her - zukommt.”

So entsteht langsam der Eindruck, sich homosexuell zu betätigen sei das Normalste der Welt und die einzige Möglichkeit, Schwule aus ihrer Ghettosituation zu befreien, sei die Aufhebung der staatlichen Sanktionen. Ent-kriminalisierung ist das von der Ab-treibungs- und Euthanasiedebatte her bekannte Schlagwort.

Forschungsprojekte unterstützen diese Sicht: „Im Zusammenhang mit sozialer Fremdakzeptanz muß auch die Abschaffung jener derzeit noch bestehenden Strafrechtsparagraphen, durch die bestimmte homosexuelle Verhaltensweisen kriminalisiert werden, als präventionspolitische Aufgabe gesehen werden... Etwa ein Viertel der ersten homosexuellen Kontakte, die durchschnittlich im Alter von 17 Jahren erfolgen, wären nach der derzeitigen Gesetzeslage für den (zumeist nur wenige Jahre) älteren Partner strafbar. Dieses Faktum erschwert nicht nur die kommunikative Aushandlung des Kontaktes zwischen den Partnern, sondern auch für den Jüngeren das Gespräch darüber mit... Angehörigen.” (Ludwig Boltzmann-In-stitus f. Medizin- und Gesundheitssoziologie über das Projekt „Aids und schwules Leben”) Im Klartext: Wer homosexuelle Begegnung erschwert, macht sich mitschuldig an Aids.

Ein Viertel der ersten homosexuellen Kontakte im Alter von 17 Jahren

Starken Aufwind bekam diese Argumentation durch das massive Auftreten von Aids im Homosexuellen-Milieu. Gegen die Ausgrenzung Aids-Kranker traten nicht nur Homosexuellen-Vereinigungen auf. Letztere aber nutzten das schlechte Gewissen der Öffentlichkeit im Umgang mit dem von Aids hervorgerufenen Leid, um noch massiver gegen jede Form von Diskriminierung aufzutreten.

Und so wurde die Aids-Prävention zum Vehikel der Werbung für die Homosexualität. Unter dem Motto

„Safe-sex” wurde für Kondome geworben, ihre Benützung bei homosexuellem Verkehr gefordert. Diese auf Plakatwänden für jedermann sichtbare, in der Schule beim Unterricht gebotene Botschaft gab aber auch zu verstehen, homosexuelle Betätigung sei etwas Selbstverständliches..

Diese Sicht verstärkten Homosexuellen-Demonstrationen, die lautstark Gleichberechtigung forderten. Bei einem Happening der Gruppierung „Act up” 1993 auf der Place de la Concorde in Paris wurde dem 22 Meter hohen Obelisken ein überdimensioniertes Kondom übergezogen. Und der „Schwulenverband in Deutschland” rief 1992 zu einer Aktion auf, mit der man das Becht auf gleichgeschlechtliche „Ehe” durchsetzten wollte. Schwule und lesbische Paare erschienen bei Standesämter, um Aufgebote zu bestellen. Die Argumentation: Der Begriff Ehe sei nirgends definiert. „Wenn aber gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften nach heutiger Bechtsauffassung weder strafbar noch unsittlich sind, stellt sich die Frage, ob das Ehverbot für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gegen das Grundrecht der

Eheschließungsfreiheit verstößt” („Bosa-Lila-Buschtrommel 2/92).

Was als Aktion zur Erregung von Mitleid für ausgegrenzte Personen begann, hat sich also zur aggressiven Bewegung gemausert, die die Begeln des Zusammenlebens infrage stellt. Änderungen im Strafrecht sind nur ein erster Schritt. Ein weiterer zeichnet sich ab: 1992 veröffentlichte die „New York Times” die Story eines 12jährigen und seiner lesbischen Mutter. Diese lebte mit ihrer „Geliebten” zusammen, als sie den Wunsch nach einem Kind verspürte. Ein Spender - auch er homosexuell -lieferte den Samen. Eine niedliche Geschichte ... Zwischen sechs und 14 Millionen solcher Kinder solle es in den USA geben!

Daß solche Zahlen sicher übertrieben sind, um Stimmung zu machen, zeigt eine Erhebung des Batelle Instituts (zitiert in „Science v. 30.4.93): Nur 1,1 Prozent der US-Männer hätten in den letzten 10 Jahren ausschließlich homosexuelle Kontakte gehabt. Das ist weit entfernt von den zehn Prozent, die immer wieder herumgereicht werden und stimmt mit Erhebungen in England und Frankreich überein.

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