Reinhart Wolff, Professor für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, über neue Wege im Kinderschutz und über den Kampf zwischen Sozialarbeit mit mehr Kontrolle und einer mit mehr Beteiligung.Dramatische Todesfälle von Kindern durch Misshandlung haben in Deutschland und Österreich zu einer Umbruchphase in der sozialen Arbeit geführt. Man sei am Scheideweg, meint der deutsche Experte Reinhart Wolff in St. Virgil.Die Furche: Professor Wolff, werden in der Jugendwohlfahrt neue Wege eingeschlagen?Reinhart Wolff: Ja, es ist zu einem großen Umbruch in modernen Gesellschaften gekommen. Das
Elisabeth Förster-Waldl, Expertin für das Immunsystem von Kindern am Wiener AKH, über Hygiene im Alltag mit Kindern, die "Bauernhof-These" und eine sinnvolle Allergievorbeugung.Zu wenig Kontakt mit Keimen in der natürlichen Umgebung könnte ebenso Allergien auslösen wie ein Zuviel an Umweltverschmutzung, erklärt die Kinderärztin und Immunologin Förster-Waldl.Die Furche: Frau Professor, lässt sich eine Grenze zwischen zu viel und zu wenig Hygiene im Alltag mit Kindern definieren?Elisabeth Förster-Waldl: Hygiene sollte nicht 1:1 gleichgesetzt werden mit Sauberkeit. Sauberkeit ist
Das Thema Schmerz ist mit Vorurteilen überladen, eines davon betrifft zunächst das Erdulden. Auch Susanne Fiala von der Selbsthilfegruppe #Schmerz# stimmt zu, dass diese Mentalität unter Betroffenen und Ärzten immer noch verbreitet sei. Das beginnt damit, dass Menschen zunächst oftmals selbst versuchen, mit Schmerzen fertig zu werden. Nicht zuletzt aufgrund des Druckes, in der Arbeit oder im sozialen Leben mitzuhalten. Schmerzmittel, die in Apotheken rezeptfrei erhältlich sind, werden für so manchen zum ständigen Begleiter.Dabei warnen Mediziner wie Wilfried Ilias, Präsident der
Jeder vierte Mensch hat chronische Schmerzen. Viele dieser Personen erhalten keine adäquate Therapie, ihr Leid hat Folgen für die Gesellschaft.Im Herbst sind die Schmerzen für Susanne Fiala besonders schlimm. Im Sommer geht es meist besser, aber auch da gibt es Rückfälle. Doch unabhängig von der Saison leidet die 60-jährige Wienerin täglich unter Schmerzen, die durch Halswirbelsäulenprobleme und einen Bandscheibenvorfall bedingt sind. Sie ist chronische Schmerzpatientin # seit 27 Jahren lebt sie mit dem Schmerz.Sie erfährt zwar heute eine gute Therapie # doch das war nicht immer so.
Der Schmerzspezialist und Psychiater Michael Bach über die Wechselwirkung zwischen körperlichen und seelischen Ursachen sowie über die nicht ausreichende ganzheitliche Versorgung von Schmerzpatienten.Eine Zweiteilung zwischen körperlichen und seelischen Schmerzursachen mache keinen Sinn, betont Michael Bach, Leiter der Abteilung für Psychiatrie am Krankenhaus Steyr.Die Furche: Herr Professor, es wird heute oft von Schmerzen gesagt, sie seien psychosomatisch. Sagt man das zu schnell?Michael Bach: Es hängt davon ab, was man unter #psychosomatisch# versteht. Früher hat man den Begriff
Die Wiener Sexualtherapeutin Elia Bragagna will mit ihrem neuen Buch gegen Unwissen und Mythen ankämpfen, die die weibliche Lusterfüllung behindern. Das Gespräch führte Regine BogensbergerEs gebe immer noch wenig fundiertes Wissen über die weibliche Sexualität, dafür aber jede Menge Mythen und Klischees, kritisiert Elia Bragagna und legt ein Buch vor: #Weiblich, sinnlich, lustvoll#. Frauen sollten ihre Sexualität selbstbewusster gestalten und erfüllender erleben.Die Furche: Frau Bragagna, ist Verhütung heute immer noch Frauensache und Lust Männersache?Elia Bragagna: Aufgrund der
Caritas-Präsident Franz Küberl macht in seinem Buch #Mein armes Österreich# jene sichtbar, die am Rande der Gesellschaft stehen. Kritik übt er am Ton von Politikern, wenn sie über Bezieher der Mindestsicherung reden.Franz Küberl hat eine zentrale Botschaft: Niemand könne sein Leben ohne Hilfe anderer meistern. Darum gehe uns Armut auch alle an, sagt der 57-jährige gebürtige Grazer, der seit 1995 die katholische Hilfsorganisation Caritas Österreich leitet. Der Glaube mancher, alles allein im Leben schaffen zu können, nennt Küberl den #wahrscheinlich härtesten Irrglauben der
Die Psychoonkologin Gabriele Traun-Vogt hält gar nichts von dem oft geäußerten Rat an KrebspatientInnen, positiv zu denken, um zur Heilung ihrer Erkrankung beizutragen. Sie spricht gar von einem #Terror des positiven Denkens#.KrebspatientInnen würden schon allergisch auf den Rat reagieren, positiv zu denken, erklärt Gabriele Traun-Vogt im Interview. Warum?Die Furche: Frau Doktor Traun-Vogt, wie sinnvoll ist es, jemanden, der an Krebs erkrankt ist, zu raten: Bitte, denk positiv!Gabriele Traun-Vogt: Das ist aus meiner Sicht der unnötigste Rat, den man jemandem geben kann, der gerade mit
Journalistin und Co-Autorin Cosima Schmitt erklärt im Interview, warum es ein Buch über die Generation der 20- bis 35-Jährigen braucht: Sie leben viel besser, als ihnen unterstellt wird.Wir 20- bis 35-Jährigen sind anders und wir können die Welt verändern. Dieser „Schlachtruf“ war Ausgangspunkt für das Buch der beiden Generationen-Mitglieder und Zeit-Redakteure Cosima Schmitt und Manuel J. Hartung „Die netten Jahre sind vorbei – Schöner leben in der Dauerkrise“ (siehe unten).Furche: Frau Schmitt, braucht Ihre krisengeschüttelte Generation eine Art Aufmunterung?Cosima
In den nächsten 15 Jahren geht die Hälfte der Lehrerschaft in Pension. Der Generationswechsel bringt Engpässe mit sich, wird aber als Chance gesehen.Es war Anfang Februar 2001, als Maturantinnen und Maturanten hierzulande Post vom Unterrichtsministerium erhielten. Darin der höchst persönlich von der damaligen Ministerin, Elisabeth Gehrer, formulierte Rat, dass die Angesprochenen im IT-Bereich gute Berufschancen hätten. Weniger im Lehramt, vor allem wenn man Deutsch, Geschichte oder Philosophie studieren möchte.Neun Jahre später: Die damals 18-Jährigen versuchen gerade nach
Was kann Österreich von der deutschen Lehrer-Knappheit lernen? Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, rät dem Nachbarn das, was er auch Berlin empfiehlt: Es braucht eine differenzierte Bedarfsanalyse und klare Aussagen für Interessierte.In Deutschland schlug der Philologenverband zu Schulbeginn Alarm: 45.000 Lehrerinnen und Lehrer fehlen an deutschen Schulen (insgesamt gibt es zirka 800.000 Lehrer). Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, im FURCHE-Interview über Ursachen des Mangels und Versäumnisse der Politik.FURCHE: Wie dramatisch ist die Situation
Familienstaatssekretärin Christine Marek verteidigt sich gegen Angriffe, der Bund würde beim Ausbau der Kinderbetreuung den Geldhahn zudrehen. Es gebe 70 Millionen Euro für das verpflichtende Kindergartenjahr, das die meisten Länder für den Ausbau verwenden könnten.Da war die Aufregung groß – als VP-Familienstaatssekretärin Marek vergangene Woche ankündigte, vorerst keine neuen Bundesmittel für die 2010 auslaufende Anstoßfinanzierung zum Ausbau der Kinderbetreuung für die Länder locker zu machen. Marek meint, zu Unrecht.Die Furche: Frau Staatssekretärin, Ihre Regierungskollegin
Ist die Bundeshauptstadt für das verpflichtende letzte Kindergartenjahr gerüstet, wo doch in Wien die meisten Fünfjährigen zu Hause sind, die bisher noch nicht im Kindergarten waren? Fachleute meinen Ja. Nur bei den unter Dreijährigen könnte es dafür eng werden, lautet eine Klage.Zurzeit herrscht in vielen Wiener Kindergärten Sommerstille, viele Kinder sind in den Ferien. Doch mit kommendem Herbst steht ein großer Schritt bevor, nicht nur in Wien: Das verpflichtende Kindergartenjahr für fünfjährige Kinder wird bundesweit in Kraft treten. Drei Bundesländer sind schon im vergangenen
Anya Sarang und ihre NGO versuchen einer Gruppe in Russland zu helfen, die eine der am stärksten diskriminierten ist: Drogenabhängige. Diese sind besonders von der rasant wachsenden HIV/Aids-Rate in Russland betroffen. Doch die Politik wolle der Welt vermitteln, dass es kein HIV/Aids-Problem gebe, kritisiert sie. Wahr sei das komplette Gegenteil.Sie sprach bei der Aids-Konferenz am Montag in Wien kurz nach Bill Clinton, dem amerikanischen Ex-Präsidenten. Doch der Vortrag der russischen Aktivistin Anya Sarang war noch beeindruckender als jener ihres prominenten Vorredners und ihre Botschaft
Die EU-Abgeordnete Evelyn Regner macht sich für eine arbeitsrechtliche Absicherung von Praktikanten und gegen unentgeltliche Praktika stark.Die Unkultur, junge Leute auszubeuten, müsse ein Ende haben, sagt die SPÖ-Europaabgeordnete und Gewerkschafterin Evelyn Regner.Die Furche: Frau Regner, was bewog einige EU-Parlamentarier zur Resolution, Praktika arbeitsrechtlich abzusichern und unentgeltliche Praktika zu verbieten?Evelyn Regner: Der Auslöser ist die Situation am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote ist bei den unter 25-Jährigen doppelt so hoch wie bei der übrigen Bevölkerung.
Der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal rät jungen Menschen, lieber ein normales Arbeitsverhältnis als Praktika zum Berufseinstieg anzustreben.Wolfgang Mazal definiert „Praktika“ als Tätigkeit, die überwiegend dem Eigeninteresse des Praktikanten unterliegt. Doch mit dem Begriff wurde vielfach Etikettenschwindel betrieben, beklagt er.Die Furche: Herr Professor, was halten Sie vom EU-Vorstoß bezüglich Praktika?Wolfgang Mazal: Die Möglichkeit ein Praktikum zu machen, war lange Zeit eine Chance, Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln, ohne den Zwängen des Arbeitsrechts zu
Heute, Donnerstag, präsentiert Bildungsministerin Claudia Schmied die ersten Ergebnisse einer Elternbefragung zur Neuen Mittelschule. Es wurde etwa gefragt, wie sich das neue Unterrichtsmodell darauf auswirkt, wie viel Nachhilfe in Anspruch genommen werden muss. Ergebnisse vorweg wollte die Ministerin im Interview noch keine vorlegen.Die Furche: Frau Ministerin, Österreichs Eltern geben gemäß einer Studie der Arbeiterkammer jährlich 126 Mio. Euro für Nachhilfe aus. Ist das für Sie ein alarmierendes Zeichen, dass das Bildungssystem versagt?Claudia Schmied: Das sind sicher Ausgaben, die
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) spricht sich vor der Enquete im Parlament zu Familienrechtsfragen für die automatische gemeinsame Obsorge nach Scheidungen aus.Obsorge und Besuchsrechte nach Scheidungen seien so heikle Themen, sie müssten daher auf breiter Basis diskutiert werden, sagt Justizministerin Claudia Bandion-Ortner im Interview. Darum wird es heute, Donnerstag, in einer parlamentarischen Enquete gehen. Einen Zeitplan für eine mögliche Novelle des Familienrechts gebe es aber noch nicht. „Bei der Enquete sollen Lösungsansätze herauskommen, die Startschuss für
Der Vorstand der Abteilung für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie an der Donau-Universität Krems, Anton Leitner, untersuchte nach eigenen Angaben zum ersten Mal Nebenwirkungen, die eine Psychotherapie haben kann. Er erstellte auf Basis der Studie eine Gebrauchsinformation für mögliche Patienten und Patientinnen.Die Qualität der Psychotherapie hierzulande ist sehr gut, so das Ergebnis einer Studie zu möglichen unerwünschten Wirkungen.Die Furche: Professor Leitner, warum hat bisher noch nie jemand die Nebenwirkungen von Psychotherapie erforscht?Anton Leitner: Die Psychotherapie ist
Mit Angst komme man im Bereich HIV-Prävention nicht weiter, ist die Sexualpädagogin und -therapeutin Bettina Weidinger überzeugt.Die Furche: Frau Weidinger, warum gibt es eine große Kluft zwischen Informationen über HIV/Aids und dem Verhalten?Bettina Weidinger: Eine echte Sexualpädagogik bedeutet die Verbindung von Wissen, Emotionen und Handeln. Eine solche Sexualpädagogik geschieht in Österreich noch selten. Sie ist zwar in aller Munde, wenn Studien mit schlechten Ergebnissen publik werden, aber das, was gefordert wird, ist Wissenszufuhr. Mechanisches Lernen ist wichtig, wenn es ums
Wissenschaftsministerin Beatrix Karl legt noch mehr Details zu ihrem umstrittenen Vorstoß für ein „Gymnasium für alle“ bzw. eine Gesamtschule vor. Ihren Kritikern innerhalb ihrer Partei, der ÖVP, lässt sie ausrichten: „Ich bin es als Wissenschaftlerin gewohnt, meine Meinung zu sagen.“Dazu gehörte Mut: Sich innerhalb der ÖVP für die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen zu bekennen. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl tat es und es hagelte erwartungsgemäß Kritik und Schweigeaufrufe von Parteikollegen. Doch Karl legt nach: Sie bekräftigt ihre Position und erklärt, wie
Frauen schlucken zwar mehr Medikamente als Männer, in klinischen Studien waren und sind sie aber vielfach unterrepräsentiert. Die Bioethikkommission widmet dem Thema eine Tagung.Diese Studie könnte Wellen schlagen. An der Medizinischen Universität Wien wurde erforscht, welches Präparat bei schwangeren Heroin-abhängigen Frauen sicherer und wirksamer ist: Methadon oder Buprenorphin. Beide Wirkstoffe werden in der Substitutionstherapie eingesetzt, um Menschen, die von Opiaten abhängig sind, zu stabilisieren. Die Forschungsarbeit, die von der Suchtexpertin Gabriele Fischer von der
Die erste Professorin für Gender-Medizin an der MedUni Wien, Alexandra Kautzky-Willer, über die Benachteiligung beider Geschlechter in der Medizin.Sie will mit harten wissenschaftlichen Fakten argumentieren, sagt die Expertin für Endokrinologie und Stoffwechsel an der MedUni Wien. So könnten auch Skeptiker von der Gender-Medizin überzeugt werden.Die Furche: Frau Professorin, wie männlich ist die Medizin?Alexandra Kautzky-Willer: Das hängt davon an, wo man hinschaut. Generell heißt es, die Medizin wird weiblicher, weil immer mehr Frauen Medizin studieren. Allerdings bestehen bei der
Die bestmögliche medizinische Versorgung ist nicht immer gegeben, denn noch zu oft wird zu wenig auf Unterschiede zwischen Männern und Frauen geachtet.Frauen sind schmerzempfindlicher als Männer. Das ist kein Vorurteil, sondern Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen. So kam etwa eine Metastudie zum Schmerz nach Operationen genau zu dem Schluss, wie Adelheid Gabriel, Anästhesistin und Intensivmedizinerin an der Medizinischen Universität Wien, erklärt. Als Ursache dürfte Östrogenentzug eine Rolle spielen. Mit niedrigem Spiegel des weiblichen Sexualhormons steigt das Schmerzempfinden.
Der deutsche Medienpädagoge Markus Gerstmann fordert Eltern und Lehrer auf, sich Neuen Medien wie sozialen Netzwerken stärker zu stellen, um damit umgehen zu lernen.Verbote von sozialen Netzwerken an Schulen hält der deutsche Medienpädagoge und Sozialarbeiter Markus Gerstmann aus Bremen für sinnlos. Wie sollte mit Schülern gearbeitet werden?Die Furche: Herr Gerstmann, warum üben soziale Netzwerke im Internet eine solche Faszination auf Jugendliche aus?Markus Gerstmann: Jugendliche sollten in ihren Familien anwesend sein, wollen aber mit ihren Freunden in Kontakt bleiben. Wir haben das
Viele Eltern, die ihr Kind vor, während oder kurz nach der Geburt verlieren, sind mit Unverständnis und Unsensibilität konfrontiert. Eine neue Broschüre soll das ändern.Sie verbindet ein ähnlicher Schicksalsschlag und ein großes Engagement: Die Hebamme Karin Schnabl und die Ärztin Sonja Gobara haben beide ihr Kind verloren. Schnabl erlitt eine Fehlgeburt in der Mitte der Schwangerschaft, Gobaras Sohn verstarb mit wenigen Monaten an einer seltenen Krankheit, darüber hinaus hatte sie mehrfach frühe Fehlgeburten. Beide haben es erfahren müssen, was es bedeutet, wenn das Umfeld hilflos
Die „unabhängige“ Opferschutzanwältin für kirchliche Missbrauchsfälle, Waltraud Klasnic, hat ihre achtköpfige Kommission vorgestellt. Im FURCHE-Interview erklärt sie, wie sie das Vertrauen in ihre Arbeit gewinnen will und was die nächsten Arbeitsschritte sein werden.Waltraud Klasnic hat in ihre Kommission durchaus prominente Persönlichkeiten geholt, die für eine kritische Distanz zur Kirche stehen, bekunden Beobachter (siehe unten). Dennoch zeigt sich die „Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt“ weiterhin kritisch: „Wer immer in dieser Kommission sitzen mag, sie ist und
Der umstrittene deutsche Bestsellerautor und Kinderpsychiater Michael Winterhoff über Ohnmacht und Gewalt in der Erziehung und richtige Konzepte zwischen Eltern und Kindern. Das Gespräch führte Regine BogensbergerMit seinem Bestseller Warum unsere Kinder Tyrannen werden setzte der deutsche Kinder- und Jugendpsychiater 2008 eine heftig geführte Debatte über Erziehungskonzepte in Gang (siehe unten). Sein Kernargument: Wir dürfen Kinder nicht weiter wie kleine Erwachsene behandeln und damit überfordern.Die Furche: Herr Winterhoff, wie verbreitet ist Gewalt in der Erziehung
Dagmar Winkler-Steidl wurde als Kind von ihrem Vater missbraucht. Sie schrieb nun ein Buch darüber, um anderen Betroffenen Mut zu machen und der Gesellschaft die Augen zu öffnen.Ich bin kein Opfer mehr. Deshalb konnte ich dieses Buch schreiben“, betont Dagmar Winkler-Steidl. Im Interview erklärt sie mutig, wie sie die traumatischen Erfahrungen in ihrer Kindheit verarbeiten konnte und wie Kindesmissbrauch verhindert werden könnte (siehe auch Seiten 2 und 3).Die Furche: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie von den Missbrauchsfällen in Einrichtungen der Kirche hören?Dagmar
Der Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger über die zwei Seiten der gestiegenen Sensibilität gegenüber auffälligen Kindern und Jugendlichen: Es werde eher mit Ausgrenzung und Strafe reagiert als mit Hilfe.* Das Gespräch führte Regine BogensbergerEs werde zwar oft über verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche geklagt, wenn helfende Maßnahmen zum Einsatz kommen sollten, fehle aber der Wille, beklagt der Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger.Die Furche: Herr Professor, stimmt es, dass immer mehr Kinder und Jugendliche verhaltensauffällig werden?Ernst Berger: Die
VP-Familienstaatssekretärin Christine Marek über den Entwurf für ein neues „Kinder- und Jugendhilfegesetz“, die massive Kritik der Fachleute aufgrund „einer vergebenen Chance“ und den Widerstand der Bundesländer.Seit dem Tod des Kleinkindes Luca an den Folgen von Misshandlung und sexuellem Missbrauch wird an einem neuen Jugendwohlfahrtsgesetz gearbeitet. Das Ergebnis sei eine zahnlose Version, kritisieren Experten den jetzt vorliegenden Entwurf. Die zuständige Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) verteidigt sich: besser ein Kompromiss als gar keine Novelle.Die Furche:
Grünen-Chefin Eva Glawischnig stellt der Regierung in Sachen Armutsbekämpfung ein schlechtes Zeugnis aus. Es würden grundlegende Maßnahmen gegen Armut fehlen.Die Grünen haben Armutsbekämpfung zu einem Kernthema des Wahljahres gemacht. Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig erklärt, was aus ihrer Sicht gegen Armut getan werden müsste.Die Furche: Frau Glawischnig, die EU hat das Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung ausgerufen. Wie sinnvoll sind für Sie solche Themenjahre?Eva Glawischnig: Das ist im Wesentlichen eine symbolische Festlegung. Aber in diesem Jahr findet ein
Dass die Bundesregierung zu wenig und zu wenig grundlegend gegen Armut vorgehe, wie etwa die Grünen meinen, will Sozialminister Rudolf Hundstorfer nicht nachvollziehen. Er verteidigt die Mindestsicherung, die am 1. September des Jahres in Kraft treten soll.Die Furche: Herr Sozialminister, wenn man mit Menschen über das Thema Armut spricht, hört man oft das gleiche Argument: Für die Banken wurde binnen kurzer Zeit viel Geld aufgetrieben, bei Maßnahmen gegen Armut wird lange herumgestritten. Was würden Sie da einwerfen?Rudolf Hundstorfer: Zunächst muss man sagen, das Bankenpaket ist nicht
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will ein Verbot von sexistischer Werbung durchsetzen. Auch gegen die Einkommensschere zwischen Mann und Frau will sie vorgehen.Entsetzt sei sie über das Werbevideo des Bundesheeres gewesen, sagt SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, und sie fügt hinzu: „Ja leider, Sexismus ist salonfähig.“ Im Interview erklärt sie, was sie gegen Sexismus in der Werbung tun möchte und was sie am kommenden Frauentag Anfang März den Frauen vorlegen möchte.Die Furche: Frau Ministerin, was war Ihre Reaktion auf das besagte Video des
Was ist Sexismus? Die renommierte Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak im Interview über Formen der Diskriminierung und warum Österreich im Bereich Sexismus manchen anderen europäischen Ländern nachhinkt.Die Furche: Frau Professorin, was ist eigentlich Sexismus?Ruth Wodak: Sexismus ist eine Diskriminierung gegenüber Frauen und Männern aufgrund ihres biologischen Geschlechts. Es werden jeweils Frauen oder Männern ganz allgemein bestimmte negative Merkmale zugeschrieben, ausschließlich aufgrund des biologischen oder sozial konstruierten Geschlechts.Die Furche: Unterscheidet sich Sexismus
Der Kinderarzt und Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, Klaus Vavrik, im Gespräch.Die Furche: Was sagen Sie zu Minister Stöger, der sich über Ihren Bericht zur Kinder- und Jugendgesundheit unbeeindruckt gezeigt hat?Klaus Vavrik: Dem Gesundheitsministerium sind die Fakten schon bewusst und die eigenen Grenzen des Ministeriums. Unser Gesundheitswesen ist so komplex aufgebaut, dass zwischen Sozialversicherungen, Ländern und Ministerium zu wenig Klarheit besteht, wer für welche Bereiche Verantwortung trägt. Zum Beispiel ist die Versorgung mit Therapien
Der renommierte Soziologe Leopold Rosenmayr wurde 85. Er blickt auf die prägendsten Ereignisse seines Lebens zurück. Wie altert der „Alternsforscher der Nation“? Das Gespräch führte Regine BogensbergerSeine Wohnung ist dekoriert mit afrikanischen Figuren. Die Wohnung eines Gelehrten. Immer wieder während des Gesprächs mit Leopold Rosenmayr verweist der renommierte Soziologe auf Unterlagen oder Bücher, die ihn umgeben. An einem Fensterstock hängt das Bild seines Urgroßvaters, der für ihn große Bedeutung hat. Im Interview erklärt er wieso, er blickt zurück und voraus.Die Furche:
Was ganz normale Frauen im besten gebärfähigen Alter alles aufführen, um endlich einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen zu halten. Nervenkitzel ohne Ende.Es ist wie verhext, jammert meine Freundin im besten gebärfähigen Alter: Da habe ich immer höllisch aufgepasst, dass ja nichts passiert, und dann das, erzählt sie: Ich habe meine Ex-Männer sogar gebeten, ein Kondom zu verwenden, wenn ich die Pille einmal zu spät eingenommen habe, bin um die „Pille danach“ in die Notfallambulanz gehetzt, wenn ich einmal kurz nach der Pilleneinnahme erbrochen habe, und habe bis zum
Die Expertinnen für Demografie, Isabella Buber-Ennser und Caroline Berghammer, über die Schere zwischen Kinderwunsch und Realisierung und über die Gründe für Kinderlosigkeit. Was kann die Politik tun und worauf hat sie keinen Einfluss?Die Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich durchwegs zwei Kinder. Dennoch realisieren diesen Wunsch in Österreich weniger Paare als etwa in Frankreich. Das offenbart die europäische Vergleichsstudie „Generations and Gender Survey“ für 2008/2009, die kürzlich in Wien präsentiert wurde (für mehr Details siehe den Artikel unten).Die
Humpelnd auf Krücken trat die neue Wissenschaftsministerin Beatrix Karl ihr Amt an. Eine Zufälligkeit, die zum Vergleichen einlädt: Denn Österreichs Universitäten bewegen sich kaum in flottem Tempo Richtung internationales Leistungsniveau, sondern leiden unter diversen Hürden auf dem Weg dorthin, die sie eher „humpelnd“ erscheinen lassen: angefangen bei überfüllten Massenstudien bis hin zu Problemen bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses. Die Kritik daran stand auch im Zentrum der vergangenen Studentenproteste samt Besetzung des Audimax.Auch wenn erste Kommentare zu Karls
Sie wird die erste Professorin für Frühkindpädagogik in Österreich: Cornelia Wustmann, die ab März an der Uni Graz die Professur antreten wird. Wustmann, zuletzt an der Uni Lüneburg, über den attraktiveren Kindergarten der Zukunft, die Forderungen der Pädagoginnen und den Stand der Frühkindpädagogik in Österreich.Die Furche: Frau Professor, hat es Sie gewundert, dass kein österreichischer Experte/keine Expertin die Stelle bekommen hat?Cornelia Wustmann: Ich habe mich sehr über die Stelle gefreut und gar nicht darüber nachgedacht. Die Stelle bietet große Gestaltungsvielfalt.
Der neue Behindertenanwalt Erwin Buchinger über die massive Kritik an seiner Bestellung, das Leben mit einem behinderten Sohn und die Lehren, die er daraus für sein neues Amt ziehen will. Er wehrt sich dagegen, als Angehöriger eines Menschen mit Beeinträchtigung abqualifiziert zu werden, und sieht Franz-Joseph Huainiggs Klage gelassen entgegen. Das Gespräch führte Regine BogensbergerSeinen Job-Antritt hat sich Erwin Buchinger auch anders vorgestellt: Franz-Joseph Huainigg, der auch Behindertenanwalt werden wollte, will ein Schlichtungsverfahren anstrengen, weil er sich diskriminiert
Eine Mutter ist immer liebend und aufopfernd, so will es der mächtige Muttermythos, der ein idealisiertes Bild vorzeichnet. Die Schweizer Psychotherapeutin Gaby Gschwend will durch ihr Buch „Mütter ohne Liebe“ den Mythos aufbrechen, weil Frauen und Kinder darunter leiden. Das Gespräch führte Regine BogensbergerWir brauchen ein realistischeres Mutterbild, argumentiert die Zürcher Psychologin Gaby Gschwend. Gute Mütter und Väter seien vor allem eines: authentisch.Die Furche: Ihr Buch heißt „Mütter ohne Liebe“. Das ist ein Tabu. Warum setzen Sie sich gerade jetzt damit
Enttäuscht über den Entwurf zur Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung ist auch Salzburgs Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt. Wird dies so beschlossen, hängt es für die Juristin von Begleitmaßnahmen ab.Die Furche: Was sind die Probleme des Entwurfes?Andrea Holz-Dahrenstaedt: Zum einen bedauern wir das Prozedere: Es gibt bereits einen Entwurf des „Netzwerks Kinderrechte“ bzw. einen vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte. Bei der Erstellung der Regierungsvorlage wurden die Kinderrechtsexperten nicht eingebunden. Zum zweiten fehlen wesentliche
Die Kinderrechte sollten nun in den Verfassungsrang. Die Kritik am Entwurf dazu hält an. Das geforderte Expertenhearing ist vorerst vom Tisch. Was nun?Die Freude währte nur kurz – als endlich nach vielen Jahren des Hinhaltens ein Entwurf vorlag, die UN-Kinderrechtskonvention in der Bundesverfassung zu verankern. Doch der Entwurf der Regierungsparteien enttäuschte viele – und die Kritik will nicht verstummen. Sie wurde vor allem von Experten und Expertinnen des „Netzwerkes Kinderrechte“ und von den Grünen erhoben: Der Entwurf beziehe wichtige Rechte für Kinder nicht mit ein (etwa
Der Soziologe Anton Amann über die Beständigkeit von „Alterslügen“ sowie Klischees und über die Frage, ob sich die heute Jungen mit dem Altern schwerer tun werden. Das Gespräch führte Regine BogensbergerDer Soziologe und Sozialgerontologe Anton Amann, emeritierter Professor der Universität Wien, schrieb 2004 ein Buch zu den „großen Alterslügen“. Gemeint waren „Generationenkrieg, Pflegechaos und Fortschrittsbremse“ (Böhlau). Bekannte Themen, die meist auch Begleitmusik sind, wenn etwa diskutiert wird, wie berechtigt Pensionserhöhungen sind.Die Furche: Herr Professor,
Die im Amt bestätigte Vorsitzende der Bioethikkommission Christiane Druml im Interview über Integrität in der Wissenschaft, Humanität in der Medizin und über die umstrittene Empfehlung zur Stammzellenforschung. Das Gespräch führte Regine BogensbergerDie Eröffnungsveranstaltung anlässlich der neuen Amtsperiode der Bioethikkommission befasste sich mit einer Frage, die auch dieses Gremium noch stärker beschäftigen soll: Wissenschaftliche Integrität.Die Furche: Frau Druml, welche Themen sollen in der nächsten Amtsperiode unbedingt auf die Agenda?Christiane Druml: Zunächst sind wir
Die Musikpädagogin und -psychologin Margit Painsi vom Institut für Musikpädagogik der Musikuniversität Wien über Nachwuchsförderung im selbst ernannten Musikland Österreich.Die Furche: Frau Painsi, Österreich rühmt sich als Musikland – wie gut sind wir in der Nachwuchsförderung wirklich aufgestellt?Margit Painsi: Insgesamt würde ich sagen, dass die Nachwuchsförderung funktioniert, wobei es da und dort Verbesserungen brauchen würde.Die Furche: Wie gut sind die Musikschulen?Painsi: Ihre Qualität ist sehr gut. Musikschulen haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einer
Die grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer über Wege, wie man integrativen Unterricht und auch Sonderschulen weiterentwickeln sollte und über ihre eigenen Schulerfahrungen als gehörloses Kind. Das Gespräch führte Regine BogensbergerBeim Gespräch mit Helene Jarmer wird einem klar, wie bedauerlich es ist, dass man nicht einmal Grußworte oder „Danke“ in Gebärdensprache ausdrücken kann. Das Interview in ihrem Büro wird mit Hilfe einer Gebärdensprachdolmetscherin geführt.Die Furche: Frau Jarmer, mussten Sie als Kind auch Erfahrungen mit der Sonderschule machen?Helene Jarmer: Ja.
Nach langem Hickhack zwischen ÖVP und SPÖ wurde die Reform des Kinderbetreuungsgeldes in Begutachtung geschickt. VP-Familienstaatssekretärin Christine Marek erklärt, was diese bringt. Das Gespräch führte Regine BogensbergerKernstück der Reform ist das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld. Gestritten wurde bis zuletzt zwischen den Koalitionspartnern über die Bezugsdauer für Alleinerziehende und den Zuschuss für sozial Schwache. Für den Zuschuss soll bis September eine Lösung gefunden werden.Die Furche: Frau Staatssekretärin, wer wird von dieser Reform profitieren?Christine
Ab Herbst soll der Kindergarten zumindest für Vorschüler gratis sein. Doch kleinere Gruppen schaffen das trotz Förderung nicht. Ein Aufschrei am Beispiel von Wien und Niederösterreich.Die Sache schien klar: Ab kommendem Schul- bzw. Kindergartenjahr soll die Betreuung von Fünf- und Sechsjährigen in Kindergärten gratis sein, zumindest für 20 Wochenstunden. So will es jene 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die im Juni besiegelt wurde. Das „verpflichtende letzte Kindergartenjahr“ wurde aus der Taufe gehoben. Aber noch nicht ganz: Nur drei Bundesländer – Kärnten, Nieder-
Der Experte für den Bereich Lehrerausbildung, Michael Schratz, im Interview über eine Zusammenführung jetziger Einrichtungen, das Überwinden von traditionellem Ständedenken zwischen AHS- und Pflichtschullehrern und einen „Kulturbruch“ durch den Schulversuch Neue Mittelschule. Das Gespräch führte Regine BogensbergerNoch in dieser Legislaturperiode will Unterrichtsministerin Schmied die Lehrerausbildung neu aufstellen. Eine Expertenkommission erarbeitet zurzeit konkrete Vorschläge. Eines der Mitglieder, Michael Schratz, legt hier seine Privatmeinung dar.Die Furche: Herr Professor
Studien zeigen, dass Hausgeburten mindestens so sicher sind wie Geburten in Kliniken, wenn die Schwangerschaft als „risikoarm“ eingestuft wird. Qualitätskontrolle mindert „Hysterie“.Susanne Athanasiadis hat das Buch „Luxus Privatgeburt“ bereits angeschaut, überzeugen konnte es sie aber nicht: Die Werbe- und Marketing-Beraterin, die 2002 einen Ratgeber verfasst hat (Das große österreichische Baby-Buch) ist klar gegen Hausgeburten: „Was, wenn etwas nicht so klappt, wie es klappen sollte und es dann zu entscheidenden Zeitverzögerungen kommt“, wendet die Mutter einer Tochter
Fehlerkultur oder Fehlermanagement sind gerne zitierte Strategien. Doch in den Alltag von Schule und Unternehmen hält das Motto „Lernchance durch Fehler“ nur langsam Einzug.Nicht immer enden Fehler so tragisch: Ein 63-jähriger Grazer Jurist wollte in einer Privatklinik einen kleinen schönheitschirurgischen Eingriff durchführen lassen. Nach einem Sturz hatte er eine unschöne Delle am Kopf. Doch bei dem Eingriff ging einiges schief: Nach einer akut auftretenden Schwellung im Kehlkopfbereich nach Einleitung der Narkose wurde zu spät ein Luftröhrenschnitt gesetzt. Der Patient überlebte
Warum macht das Schmutzige Angst und wie geht der Mensch mit Erfahrungen um, die er lieber loswerden möchte? Die Wiener Psychoanalytikerin Marianne Springer-Kremser über das Verdrängen und warum es so etwas wie "Abfälle der Psyche" nicht gibt.Mit einer zugespitzen These räumt Marianne Springer-Kremser gleich auf: "Es gibt keine psychischen Abfälle." Auch wenn sich so mancher schon dabei ertappt hat, dass er unliebsame Erfahrungen am liebsten aus der Erinnerung streichen wollte.Die Furche: Frau Professor, was sind Ihre unmittelbaren Assoziationen mit Müll oder Abfall?Marianne
Die Bildungspolitik ist blockiert. Die "Katholische Aktion" legte kürzlich ihre Vorstellung von einer gerechten Schule vor. Kann das Konzept etwas bewegen?Pünktlich zum letzten Ringen um Zeugnisnoten kommt die für viele Eltern wenig überraschende Meldung: Die Kosten für Nachhilfeunterricht sind laut einem AK-Test geradezu "explodiert". Der naheliegende Grund, so die Arbeiterkammer: Die Nachfrage ist entsprechend hoch.Der enorme Bedarf von Nachhilfeunterricht zeigt aber auch erneut, was bekannte Vergleichsstudien wie Pisa oder Pirls längst an Land befördert haben: Die Leistungen unseres
Der Erziehungswissenschafter und Zukunftsforscher Reinhold Popp über das Lernen in Freizeit sowie Ferien, und warum die Schule mehr auf die Freizeit vorbereiten sollte.* Das Gespräch führte Regine Bogensberger"Zuerst die Arbeit, dann das Spiel". Dieser lästige Spruch - den viele zwar ungern hörten, aber trotzdem beherzigten - habe immer noch seine volle Gültigkeit, meint Reinhold Popp, Co-Autor des Buches "Pädagogik der Freizeit" (S. 24).Die Furche: Professor Popp, vorweg, wie steht es eigentlich um die Pädagogik der Freizeit? Konnte sie sich innerhalb der Pädagogik
Der Psychotherapeut Joachim Lempert mit Schwerpunkt Konfliktlösung über hartnäckige männliche Rollenbilder, abwesende Vorbilder und sein Weg in der Arbeit mit Gewalttätern.* Das Gespräch führte Regine BogensbergerGewalt ist Männersache. Das sei keine Provokation, sagt der Therapeut Joachim Lempert, sondern eine Feststellung. Je nach Delikt seien zwischen 85 und 99 Prozent der Täter männlich, sagt Lempert, der seit 20 Jahren mit Gewalttätern arbeitet. Wo Frauen gehäuft gewalttätig sind, sei der Bereich Erziehung. Ursachen und Auswege erklärt er im FURCHE-Interview.Die Furche: Herr
Die Wiener Bildungsexpertin Christa Koenne über die Chancen für Schulreformen nach dem zerbrochenen Porzellan der letzten Wochen, geprägt von Lehrer-Streit und Schüler-Demo. Das Gespräch führte Regine Bogensberger * Foto: Elke MayrTrotz der umstrittenen Einigung (siehe Kasten) nach dem jüngsten Streit um mehr Unterricht glaubt die Didaktikerin an der Universität Wien, die langjährige Chemielehrerin und AHS-Direktorin Christa Koenne, dass die Zeit reif ist, die Schule neu aufzubauen. Und das, obwohl bereits Minischritte für wochenlange Diskussionen sorgten. Wie soll das gehen?Die
Drei Berufe, drei verschiedene Tätigkeiten: Eine Publizistin, eine Künstlerin und ein Winzer diskutieren über ihre Arbeitsweise und die Zukunft der Arbeit. Das Gespräch führten Regine Bogensberger und Oliver Tanzer * Fotos: Roman FuhrichDie Arbeit: Pflicht oder Leidenschaft, Hobby oder Sinn? Darüber diskutieren die Publizistin Karin Kneissl, die Strickdesignerin Veronika Persché und der Winzer Richard Zahel in dessen Heurigem im 23. Bezirk in Wien. So unterschiedlich die jeweilige Tätigkeit, so ähnlich ist ihre Ausgangssituation: Sie sind alle selbstständig und sozusagen frei von
Franz Böhmer, Ehrenpräsident der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie, über Formen von Altersdiskriminierung und mangelndes Fachwissen.Bei der medizinischen Versorgung alter Menschen gebe es eine Über- und Unterbehandlung, betont Franz Böhmer, Pionier der Geriatrie in Österreich. Der Internist und Kardiologe war bis zu seiner Pensionierung Ende 2008 Leiter des SMZ Sophienspital in Wien.Die Furche: Herr Prof. Böhmer, werden in unserem Gesundheitssystem ältere Menschen aufgrund ihres Alters diskriminiert, etwa, indem ihnen medizinische Leistungen vorenthalten
Werner Lenz, Bildungswissenschafter und Experte für lebenslanges Lernen an der Uni Graz, über Chancen und Gefahren der Wissensgesellschaft, den unfertigen Menschen und den Druck, immer weiter lernen zu müssen. Das Gespräch führte Regine BogensbergerErwachsensein hat heute wenig mit einer völlig abgeschlossenen Ausbildung zu tun. Lebensbegleitendes Lernen sei ein Muss in einer schnelllebigen Welt, erklärt Bildungswissenschafter Lenz.Die Furche: Herr Professor Lenz, es heißt: Wer aufhört zu lernen, bleibt auf der Strecke. Ist dem so?Werner Lenz: Unser Leben ist durch Lernen bestimmt.
Simone Breit, Leiterin des Projekts der Sprachstandsfeststellung beim Bifie, über Maßnahmen, um die sprachlichen Fähigkeiten von Vorschulkindern zu verbessern.* Das Gespräch führte Regine BogensbergerDie Ergebnisse der ersten Sprachstandsfeststellung liegen vor - 23 Prozent der Kindergartenkinder haben sprachlichen Förderbedarf. Bei Kindern mit Migrationshintergrund benötigen 59 Prozent Sprachförderung.Die Furche: Frau Breit, was muss sich nun im Kindergarten ändern, um die Kinder besser in der Sprache, aber auch in anderen Kompetenzen zu fördern?Simone Breit: Verbesserungen von
Frühgeburten nehmen zu. Laut Statistik Austria waren 1997 circa neun Prozent aller Geborenen Frühgeborene (7604), 2007 circa zwölf Prozent (9199). In der Gruppe 33 bis 37 Schwangerschaftswochen stieg die Anzahl von Frühchen in diesem Zeitraum von 6558 auf 8075. In der Gruppe 29 bis 32 Wochen von 677 auf 753 Kinder. In der Gruppe der kleinsten, unter 28 Wochen, blieb die Zahl relativ konstant: Sie lag 1997 bei 369 Kindern und 2007 bei 371. Dennoch: Die Zahl der Kinder, die in dieser Gruppe überleben, steigt deutlich an.Experten gehen davon aus, dass europaweit ungefähr neun bis zehn
Besonders kleine Frühgeborene haben immer bessere Chancen, gesund zu überleben. Dennoch bedeutet die frühe Geburt für die Eltern eine enorme Belastung. Eine betroffene Mutter will nun andere Frühchen-Eltern mobilisieren, um gemeinsam etwas zu verbessern.Eigentlich wollte die junge Frau gerade die Silvesterfeier vorbereiten. Es war der Jahreswechsel 2005/2006, und diesmal ein besonderer, denn Dina Hotter-Rahman war schwanger. Doch es sollte ganz anders kommen. Plötzlich traten Beschwerden auf, es gab Anzeichen, dass ihr Sohn auf die Welt kommen wollte. Aber viel zu früh, sie war erst in
Arnold Pollak, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am AKH Wien, über die Grenzen zur Lebensfähigkeit und zukünftige Entwicklungen im Bereich Frühgeborene.* Das Gespräch führte Regine BogensbergerDie größte Herausforderung für Neonatologen sind extrem unreife Frühgeborene. Gibt es noch weitere Grenzverschiebungen nach unten?Die Furche: Herr Professor Pollak, die Zahl von Frühgeborenen nimmt zu. Wird sich dieser Trend fortsetzen?Arnold Pollak: Er wird sich leicht fortsetzen. Erstens überleben immer mehr ganz junge Frühgeborene. Zweitens kommt es aufgrund der
Der Frauentag ist mit vielen Ankündigungen hinter uns gebracht. Was will aber Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek am nächsten 8. März vorweisen? Das Gespräch führte Regine BogensbergerVor dem nächsten Frauentag fürchte sie sich nicht, sagt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie wolle dann schon einige konkrete Verbesserungen für Frauen vorlegen, zeigt sie sich überzeugt. Aber welche?Die Furche: Frau Ministerin, würden Sie sich nicht auch eine ähnlich hitzige Diskussion wie jetzt um die Lehrer bei Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen wünschen?Gabriele Heinisch-Hosek: Jede
Was müssen Kinder zum Schuleintritt eigentlich können? Die Diskussion um das verpflichtende Kindergartenjahr und Bildungspläne verunsichert einige Eltern.Manch fünfjähriges oder sechsjähriges Kind kann schon ein paar Wörter schreiben und besucht mit Begeisterung einen Englischkurs für Vorschulkinder, ein anderes Kind kraxelt zu dieser Zeit auf Bäumen herum, zeichnet gerne Männchen mit Hals und Rumpf, den Namen schreiben kann es noch nicht. Und ein drittes hat wieder andere Talente und Fähigkeiten. Sie alle werden in wenigen Wochen, im Frühjahr, mit ihren Eltern in ihre künftige
Nur wenige Spitzensportler können nach der Karriere von ihrem früheren Erfolg leben. Eine Beratungsstelle hilft beim Einstieg in einen "normalen" Beruf.Er war ganz oben. 15 Jahre seines Lebens widmete Dieter Krassnig dem Spitzensport als Profi-Snowboarder. Der Kärntner war Europameister, zweifacher Vizeweltmeister, maß sich bei drei Olympischen Spielen mit den Weltbesten. Dann erlitt er eine Schulterverletzung und im vergangenen Jahr musste er seine Karriere aufgeben."Ich kenne viele, die dann in ein tiefes Loch gefallen sind", sagt Krassnig heute: "Ich habe mir aber immer gesagt: Wenn du
Eva Glawischnig spricht kurz vor ihrer Kür zur Bundessprecherin der Grünen am Bundeskongress über die Kunst und den Sinn, kantiger zu werden, und über ihre harte Bewährungsprobe in einem Jahr mit sieben Wahlen.Wenn man sich einen Start für ein neues Amt aussucht, dann sicher kein Jahr mit sieben Wahlen", sagt Eva Glawischnig. Tatsächlich sind die Herausforderungen, die vor der bald auch offiziell gewählten Bundessprecherin liegen, groß: Die Partei sucht eine neue Linie in der EU- und Integrationspolitik, was intern für einige Unruhe sorgt.Die Furche: Frau Glawischnig, warum setzen
Wie wird man weise? Diese Frage untersucht derzeit Judith Glück, Entwicklungspsychologin an der Universität Klagenfurt in ihrem aktuellen Forschungsprojekt. Dieses ist auf drei Jahren anberaumt und wurde im vergangenen November begonnen. Ob man Weisheit lernen kann und wie Schulen von ihrer Forschung profitieren könnten, erklärt Glück im FURCHE-Interview.Die Furche: Frau Professorin Glück, beobachtet man die Fachliteratur, gewinnt man den Eindruck, dass die Weisheitsforschung in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt hat. Warum eigentlich?Judith Glück: Zunächst haben generell all
Clemens Steindl, Präsident des Katholischen Familienverbandes, über seine schwierige Positionierung auf dem "Minenfeld" Familienpolitik.Seit Oktober steht Clemens Steindl dem Katholischen Familienverband Österreich vor. Wie definiert er "Familie", welche Zukunft hat sie und wie lässt sich jene "Freude" an Familie vermitteln, die Steindl in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellen möchte?Die Furche: Herr Steindl, Familienpolitik ist bekanntermaßen ein ideologisch stark vermintes Gebiet. Wie bewegt man sich als Präsident einer katholischen Familienorganisation auf diesem Feld?Clemens
Familien sollten schon früh erreicht werden, bevor sie überfordert sind und in Krisen schlittern. Doch das Wie entzweit die Fachleute. Ein Ringen um die besten Modelle in der Jugendwohlfahrt.Drei Kinder mussten Stefanie S. und ihrem Partner bereits vom Jugendamt abgenommen werden. Die Eltern waren ohne Schulabschluss und Arbeit und nahmen missbräuchlich Tabletten. Dann kündigte sich das vierte Kind an und die nächste tragische Kindsabnahme. Doch das Paar hatte zwischenzeitlich seinen Wohnort gewechselt, es zog nach Dormagen - einer 64.000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen. Dort
Das Gespräch führte Regine BogensbergerEs braucht mehr Mitsprache der Kinder, fordert Monika Pinterits, leitende Kinder- und Jugendanwältin in Wien.Die Furche: Frau Pinterits, haben Kinderrechte den Stellenwert, den sie haben müssten?Monika Pinterits: Kinderrechte sind Gott sei Dank ein Thema. Nur gibt es unterschiedliche Interpretationen. Zum Beispiel: Kinder haben zwar ein Recht auf Therapie, aber es muss auch genügend Geld dafür zur Verfügung stehen. Kinder haben das Recht auf Information über das Prozedere, etwa bei Gefährdungen des Kindes. Das passiert aber oft nicht.Die Furche:
Für die Grünen verlief die Wahl enttäuschend. In der Krise und nach dem Wechsel an der Spitze der Grünen will Eva Glawischnig die Partei neu aufstellen, die Entfremdung zwischen Basis und Führung aufheben.Sechs Jahre stand Eva Glawischnig als "Kronprinzessin" an der Seite von Alexander Van der Bellen, der nach verfehlten Wahlzielen die Führung der Partei an die 39-Jährige übergab. Nun muss sie sich noch der Wahl beim Bundeskongress stellen.Die Furche: Frau Glawischnig, die Hofübergabe ist quasi erfolgt, heißt es nun vor allem eines: sich von Van der Bellen zu emanzipieren?Eva
Faymanns Erfolg überdeckt strukturelle Probleme der Partei, warnt der SPÖ-Kenner Norbert Leser.Die Furche: Herr Professor Leser, wie deuten Sie das Wahlergebnis?Norbert Leser: Es ist natürlich ein Auftrieb. Der Aufwind war schon durch den Wechsel an der Spitze da, den hat die ÖVP verabsäumt. Aber Faymann ist keine Wunderwaffe, mit diesem Erfolg sind die Strukturprobleme der Partei noch lange nicht gelöst – und vor allem auch nicht die Regierungsbildung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ÖVP als zweiter in eine Koalition geht, das wird Wolfgang Schüssel nicht zulassen.Die
Der frühere ÖVP-Spitzenpolitiker und Vordenker Heinrich Neisser ermahnt seine Partei, sich zu erneuern; was am ehesten in der Rolle der Opposition ginge.Die Furche: Herr Professor Neisser, ist Josef Pröll für Sie der richtige Nachfolger von Wilhelm Molterer, um die Partei nach dieser Wahlniederlage aus der Krise zu führen?Heinrich Neisser: In der gegebenen Situation und in Anbetracht der Tatsache, dass es keine Alternative gibt – ich sehe sie nicht – ja. Ich sehe weit und breit niemanden anderen, der bereit wäre, das zu machen. Dem Josef Pröll kann man etwas zutrauen; er muss nur
Die renommierte österreichische Linguistin Ruth Wodak analysiert für die Furche die bisher verbreiteten Wahlkampf-Slogans. Was wollen sie aussagen, was sagen sie selbst über die politische Kultur des Landes aus?Die Furche: Frau Wodak, was ist Ihr erstes Resümee über Wahlkampfslogans, die bisher publik wurden?Ruth Wodak: Mein allgemeiner Eindruck ist, dass die bisherigen Plakate und Slogans alle auf verschiedene Weise sehr konventionell sind. Es gibt kein Plakat, keinen Slogan, der einen überrascht, wo man sagen würde: Denen ist aber etwas Gutes eingefallen! Die Parteien haben schon ihre
Heide Schmidt, Spitzenkandidatin des Liberalen Forums, über die Abgrenzung zu den anderen Parteien, und warum Kompromissfähigkeit ihr noch wichtiger ist als ein kämpferisches Auftreten.Die Furche: Frau Schmidt, Fritz Dinkhauser hat im letzten Augenblick doch noch die nötigen Unterstützungserklärungen bekommen und kann bei der Nationalratswahl antreten. Freuen Sie sich darüber?Heide Schmidt: Ich stehe dem emotionslos gegenüber, wir sprechen unterschiedliche Wählerinnen und Wähler an. Auf der einen Seite ist sein Antreten durchaus eine Belebung des Wettbewerbs, auf der anderen Seite
Innenministerin MARIA FEKTER über Integrationskonzepte der ÖVP und ihren viel kritisierten Begriff „Kulturdelikt“ für Verbrechen wie Zwangsheirat.Die Furche: Frau Ministerin, Sie gelten bei vielen als „Ministerin fürs Grobe“ und als jene Ministerin, die durch harte Parolen gegen Zuwanderer potentielle FPÖ-Wähler an die ÖVP binden sollte. Stimmt dieses Bild?Maria Fekter: Die Innenministerin ist neben der Sicherheit auch für Integration zuständig. Wir haben in manchen Regionen, meistens im Nahbereich von Ballungsräumen, einen sehr hohen Ausländeranteil, der uns größere
Justizministerin Maria Berger (SPÖ) verteidigt auch nach dem Scheitern des Gewaltschutzpakets die verschärfte Anzeigeregelung bei Kindesmisshandlung.Das Zweite Gewaltschutzgesetz ist nun doch am Widerstand von VP-Familienministerin Andrea Kdolsky vorerst gescheitert. Dabei war Justizministerin Maria Berger bis Anfang der Woche noch optimistisch, das Gesetzespaket durch den Ministerrat am 12. August zu bringen. Berger, die gerne Justizministerin bleiben würde, über ihr Festhalten an der Anzeigepflicht, Sexualstraftäter und ein mutiges Vorhaben.Die Furche: Frau Ministerin, das
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SP) gibt sich trotz schlechter Umfragewerte der SPÖ und Politikverdrossenheit zuversichtlich, dass der nächste Kanzler Werner Faymann heißen wird. Er erinnert an seinen eigenen ersten Wahlkampf.Schlechte Umfragewerte, die der SPÖ ein Dasein als mittelgroße Partei unter 30 Prozent voraussagen, beindrucken Hans Niessl (noch) nicht. Betont optimistisch und gegenüber Werner Faymann loyal gibt sich der 57-jährige ehemalige Hauptschuldirektor vor dem Parteitag. Niessl, seit 2000 Landeshauptmann, über Faymann, dessen Nähe zur Kronenzeitung und über
Harald Perl, Präsident des neuen Asylgerichtshofes, hält es für realistisch, dass der enorme Rückstau an Asylverfahren in zwei Jahren aufgearbeitet werden kann.Am ersten Juli öffnete der neue und umstrittene Asylgerichtshof seine Pforten und löste den bisherigen "Unabhängigen Bundesasylsenat" (UBAS) ab. Präsident des neuen Gerichtshofes ist Harald Perl.Die Furche: Herr Perl, kann sich ein Asylwerber, eine Asylwerberin darauf verlassen, dass er oder sie in Österreich ein faires und qualitätsvolles Asylverfahren bekommt?Harald Perl: Ja. Die österreichischen Asylverfahren weisen einen
Die Gesundheitsreform steht auf der Kippe: Der VP-Abgeordnete Werner Amon und sein grüner Kollege Kurt Grünewald über die neue Holding und alternative Modelle.Das Ringen um die Kassensanierungsreform ist im Parlament in vollem Gange. Im Furche-Streitgespräch diskutieren der ÖVP-Sozialsprecher und ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon, der parteiintern zu den Kritikern des Papiers zählt, und der Grüne-Gesundheitssprecher und Arzt Kurt Grünewald. Für die Grünen ist die Vorlage grundlegend misslungen.Die Furche: Was muss sich an der Regierungsvorlage zur Kassensanierungsreform noch
Gleichgeschlechtlichen Paaren ist der Gang zum Standesamt noch verwehrt. Bis Anfang Juli soll die Regierungsvorlage zum Lebenspartnerschaftsgesetz stehen. Ein Kraftakt. Kritik kommt von allen Seiten.Eine Partnerschaft im Geheimen ist für viele homosexuell empfindende Paare immer noch die schmerzvolle Realität. Die Angst vor Ächtung und Diskriminierung in Beruf oder sozialem Umfeld sei für viele zu groß, um den Schritt in die Öffentlichkeit zu wagen, erklärt der Psychotherapeut und Theologe Johannes Wahala von der Wiener Beratungsstelle Courage. Die Einrichtung berät vorwiegend
Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) erklärt, warum die Länder sogar mehr Kompetenzen brauchen, und erteilt einer Zentralisierung im Gesundheitsbereich eine klare Absage.Die Furche: Herr Landeshauptmann, sehen Sie überhaupt einen Reformbedarf in Bezug auf föderalistische Strukturen?Herbert Sausgruber: Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten, aber aus unserer Sicht gibt es für die Länder zu wenig Spielraum in verschiedenen Bereichen. Die Kunst eines lebendigen Föderalismus beruht darauf, dass es ein gutes Maß an Koordination und großräumigen Standards gibt,
Als Rechnungshofpräsident legte Franz Fiedler immer wieder die Strukturprobleme des österreichischen Staatswesens offen. Als Vorsitzender des Österreich-Konvents präsentierte er einen eigenen Verfassungsentwurf. Im Furche-Gespräch kritisiert er die Reformunwilligkeit der Länder.Die Furche: Herr Fiedler, ist für Sie die Bundesstaatsreform - der Versuch einer Verfassungsreform und Neuverteilung der Bund- und Länderkompetenzen - eine "Mission impossible"? Jeder bisherige Versuch ist nicht wirklich geglückt.Franz Fiedler: Nein, das sehe ich nicht so negativ. Wir sind unterwegs, wir haben
Die Furche: Herr Dinkhauser, auf Ihren Wahlplakaten ist zu lesen: "Weil's jetzt reicht." Sie sind doch schon lange Zeit Teil des politischen Systems: als AK-Chef und ÖVP-Mitglied. Warum reicht es Ihnen erst jetzt?Fritz Dinkhauser: Ich habe mich immer wieder mit Kritik zu Wort gemeldet. Ich habe es immer wieder probiert, aber die ÖVP ist resistent, sie steigt von ihrem hohen Ross nicht herunter. Jetzt reicht's. Es sind Leute zu mir gekommen, die gesagt haben: Dinkhauser, geh nicht, hilf uns, befreie dieses Land von diesen Seilschaften.Die Furche: Welche Seilschaften?Dinkhauser: Ein Problem
Am 8. Juni wird in Tirol ein neuer Landtag gewählt. Ganz anders als zuvor in Niederösterreich könnte in Tirol ein Umbruch bevorstehen. Ein Lokalaugenschein in Kufstein.Früher Morgen am vergangenen Freitag in der Tiroler Stadt Kufstein: Am oberen Stadtplatz wird eine Lautsprecheranlage montiert. Wahlwerber Fritz Dinkhauser soll in Kürze eine Rede halten. Gleich in der Nähe, am Arkadenplatz, wird ein Bauernmarkt aufgebaut. Fragen zu den Landtagswahlen sind zweitrangig, erst müssen die Waren verkauft werden. Eine Umfrage am Arkadenplatz ergibt: Unschlüssigkeit dominiert, man hält sich
Politologe Hubert Sickinger und Sozialwissenschaftlerin Karin Stögner zeigen anhand von Bruno Kreisky und Jörg Haider Ungereimtheiten der nationalen Identität auf.Die Furche: Hätten auch zwei andere Politiker oder Politikerinnen Fallbeispiele für Bruchlinien der österreichischen Identität sein können?Hubert Sickinger: Dieses Buch (siehe unten) entstand im Kontext eines internationalen Forschungsprojekts. Bruno Kreisky und Jörg Haider sind nach außen hin mit Abstand die bekanntesten Politiker der Zweiten Republik; vielleicht hätte man noch Kurt Waldheim als Fallbeispiel nehmen
Jörg Haider, Kärntens Landeshauptmann und BZÖ- Gründer, spricht über seinen größten politischen Fehler, denkt über die Zukunft des drei Jahre alten "Bündnis Zukunft Österreich" nach und plädiert für eine Bündelung der Kräfte des "Dritten Lagers".Die Furche: Herr Landeshauptmann, drei Jahre BZÖ - hat es sich wirklich ausgezahlt?Jörg Haider: Absolut. Es ist eine neue, interessante politische Kraft entstanden, die große Chancen hat - vor allem, wenn diese Bundesregierung weiterhin auf Demokratieverweigerung und Verlust der Souveränitätsrechte Österreichs setzt.Die Furche: Die
Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SP) über die Führungskrise in ihrer Partei, den Neustart der Koalition und die Gesundheitsreform.Die Furche: Frau Landeshauptfrau, es wurde in den letzten Wochen von einer Führungskrise in der SPÖ gesprochen. Es gab etliche Querschüsse aus den Bundesländern, auch von Ihnen. Ist diese Führungskrise nun nach dem Oster-Neustart der Koalition vom Tisch?Gabi Burgstaller: Nein, es hat keine Führungskrise in der SPÖ gegeben. Es gab aber dieses Unbehagen, dass sich zwar die SPÖ in der Bundesregierung um Verbesserungen für die Menschen bemüht,
Karenzväter stehen nicht nur vor finanziellen und beruflichen Hürden, sie durchleben auch Veränderungen im Selbstbild und Identitätskrisen.Ja, es braucht Mut, sagt Thomas Krauthaufer-Mayrhofer. Aber vorgehabt habe er es schon immer. Früher habe er sogar eine radikalere Meinung vertreten: "Keine Ausreden, Väter geht in Karenz!" Heute nicht mehr, jeder müsse selbst seine Entscheidung treffen. Er wolle kein Vorzeige-Exemplar, kein Missionar sein, aber ermutigen würde er schon, erzählt der 33-jährige Sozialarbeiter, während er zwei Schaukeln mit seinen zweijährigen Söhnen, ein
In Tirol wird am 5. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Landeshauptmann Herwig van Staa (VP), muss mit unerwarteten Schwierigkeiten kämpfen: Die Regierungskrise, ausgelöst durch die massiven Vorwürfe von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger, spitzt sich weiter zu; und die Tiroler VP bekommt durch Fritz Dinkhausers Kandidatur Konkurrenz aus den eigenen Reihen.Die Furche: Herr Landeshauptmann, was sagen Sie zu Kanzler Alfred Gusenbauers ultimativer Forderung, die Steuerreform auf 2009 vorzuziehen? Wird es nun Neuwahlen geben?Herwig van Staa: Ich möchte derzeit dazu nicht Stellung nehmen.Die
Eine glückliche Familie. Und dann die Papierschnitzel im Abfall mit den Worten "erotic boys". Eine Geschichte über Leben und Tod und die Liebe, die dazwischen lag. Im Zentrum dieses Dossiers steht die Geschichte einer mutigen Frau, die offen über ihren früheren Mann erzählen möchte; kein einfacher Schritt, denn ihr Mann hatte pädophile Neigungen. Es gibt wohl kaum einen menschlichen Abgrund, den wir mehr fürchten, und dennoch wird er nicht weniger bedrohlich, wenn wir nur verachten und wegschauen. Im Gegenteil. Ein Dossier, das nichts verharmlosen, nichts rechtfertigen, sondern ein
Horst Lattinger, ehemaliger steirischer Landesschulratspräsident und ÖVP-Vordenker.Die Furche: Herr Lattinger, Sie haben sich stets für eine gemeinsame Schule aller Zehn- bis 14-Jährigen ausgesprochen - gegen die Überzeugung der Bundes-ÖVP. Warum?Horst Lattinger: Der Hauptgrund ist, dass vor allem in den Ballungszentren AHS-Unterstufe und Hauptschule ihre eigentliche Bildungsaufgabe nicht mehr wahrnehmen können. Wenn einmal bis zu 80 Prozent der Zehnjährigen in die AHS-Unterstufe gehen, dann kann mir niemand erzählen, dass sie dort das Niveau einer ersten Leistungsgruppe erreichen.
Gerhard Botz, Zeithistoriker an der Universität Wien, misst dem Gedenkjahr 2008 einige Bedeutung bei.Die Furche: Herr Professor Botz, 70 Jahre "Anschluss": Welche Bedeutung messen Sie diesem Jahrestag heute bei?Gerhard Botz: Es gibt zwei interessante Trends: Die Gedenkjahre mit der Zahl 8 sind in Österreich unglaublich dicht, aber es war unter Historikern lange die Meinung vorherrschend, über 1938 gibt es nichts mehr zu sagen. Die Zeitgeschichte konzentrierte sich auf 1918, 1968, vielleicht 1848 oder 1933, letztere auch halb vergessen. Merkwürdigerweise bricht nun ein viel größeres
Der Medienhistoriker Fritz Hausjell über das Projekt NachRichten. Was es bewirken kann und was nicht.Die Furche: Herr Hausjell, man hat oft den Eindruck, die Menschen sind bezüglich der NS-Zeit "overnewsed but underinformed": sie haben das Gefühl, zu viel davon zu hören, wissen aber im Detail dennoch nicht viel. Wie wollen Sie bzw. Ihr Team diese Blockaden überwinden?Fritz Hausjell: Es sind ganz unterschiedliche Zielgruppen, die wir ansprechen, von Schülern bis Wissenschaftlern. Publizistisch diesen Spagat zu schaffen, ist sicher nicht einfach. Zum einen haben wir uns nicht gescheut,