Das Holz wird knapp in Mali

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Die Menschen im westafrikanischen Mali setzen auf die nachhaltige Verwendung ihrer natürlichen Ressourcen und sind damit der Wirtschaftsnobelpreisträgerin von 2009 - Elinor Ostrom - um einen Schritt voraus.

Mali. Das bedeutet nahezu 14 Millionen Menschen, die auf einer Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern im Nordwesten von Afrika, zwischen Algerien, Niger, Burkina Faso, Guinea, Senegal und Mauretanien leben. 1960 erlangte das Land in der Sahelzone die Unabhängigkeit von Frankreich und verzeichnet seither ein explosionsartiges Bevölkerungswachstum. Nachdem Mali zudem auf den Human Development Index ganz weit unten rangiert, da der Lebensstandard, der sich aus Faktoren wie Bildung, Alphabetisierung und Lebenserwartung zusammensetzt, sehr niedrig ist, sind die Probleme der Bevölkerung enorm und steigen stetig.

Seit der großen Hungerkatastrophe 1972 ist die Caritas Tirol in Mali engagiert und die Zusammenarbeit geht inzwischen weit über die seinerzeitige Hungerhilfe hinaus.

Wie Elisabeth Haun, die zuständige Projektleiterin erzählt, wird gerade eine Theorie der aktuellen Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom umgesetzt – und zwar haben die Menschen in Mali, ohne Ostrom und ihre Theorie zu kennen, die genau gleichen Ansätze der Selbstverwaltung entwickelt um die Verwendung ihrer natürlichen Ressourcen zu regeln.

„Überall in Mali gehen Frauen mit Holz auf dem Kopf die Straße entlang, sinnlich geschwungene Zäune aus Ästen und Stämmen schützen die Gemüsegärten vor Tieren, die Frauen kochen auf offenem Feuer“, so Haun. Diese so typischen Fotomotive, „deren Einfachheit und Naturverbundenheit einen Hauch von Romantik und Sehnsucht in uns hervorrufen“, bedeuten aber für die Menschen in Mali etwas ganz anderes – nämlich „harte Arbeit und Zukunftssorgen, denn sie haben sich daran gewöhnt, Holz für viele ihrer Alltagstätigkeiten zu benötigen“. Aber das Holz wird rar, die Böden erodieren und können dann in Regenzeiten das Wasser nicht mehr aufnehmen, was dann in der folge teilweise zu schweren Überschwemmungen führt.

Vereinbarungen auf lokaler Ebene

Nördlich der Hauptstadt Bamako, im Bezirk Kolokani, haben sich die Bürger als Erstes zusammengetan, um dem Problem aktiv gegenzusteuern. Es wurden Abkommen erarbeitet, die die nachhaltige Verwendung der umliegenden natürlichen Ressourcen regelt. Für Martin Koné, Direktor der Caritas Bamako in Mali sind „die Bedürfnisse der Dorfbevölkerung ein großes Anliegen, deshalb haben wir versucht, die Menschen zusammenzubringen, damit sie die Nutzung der natürlichen Ressourcen wie Holz, Wasser, Feldfrüchte oder Wildfrüchte regeln können – und zwar direkt zwischen ihnen selbst“. Die Caritas moderierte in den zehn Gemeinden von Kolokani die Treffen von mehr als 640 Menschen, denn, so Koné, „das Allerwichtigste ist, dass die Umsetzung der Vereinbarungen auf lokaler Ebene erfolgt“. In den einzelnen Komitées sind alle betroffenen Akteure vertreten – die Jugend, die Viehzüchter, die Getreidebauern, die Jäger, die Frauen und die Handwerker – und man hat sich darauf geeinigt, dass Feuerholz nur mehr an bestimmten Stellen abgeholzt werden darf, tut man es an verbotenen Stellen muss man umgerechnet 15 Euro Strafe zahlen – eine Summe, für die man in Mali 100 Kilogramm Getreide kaufen kann. Auch wenn man Wildfrüchte wie Karité oder Néré in unreifem Zustand pflückt – das geschah früher laufend, weil man damit verhindern wollte, dass andere die Früchte bekamen und man dabei aber vergaß, dass sie in unreifem Zustand wertlos sind – muss eine Strafzahlung entrichtet werden.

Antikapitalistische Botschaften

Während die internationale Ökonomie das Privateigentum forciert, setzt man in Mali also auf antikapitalistische Botschaften und interkommunale Vereinbarungen. Das aktuelle Programm wurde heuer gestartet und wird bis Ende 2012 laufen. Die natürlichen Ressourcen sollen nachhaltig genutzt werden und so wurde zum Beispiel eine neue Strategie zur Minimierung des Holzverbrauches erarbeitet. Statt am offenen Feuer zu kochen, was viel Holz verbraucht, investieren die Menschen in kleine Öfen, deren Betrieb wesentlich weniger Holz braucht. Die Tiere werden so gehalten, dass sie nicht die Gemüsegärten plündern. Der große Erfolg dieser selbst getroffenen Vereinbarungen, der Kontrollen durch Animateure und der Entwicklung nachhaltiger Ideen liegt darin, dass „es keinen Einfluss von außen gegeben hat, sondern alles intern entwickelt wurde und man auf die kulturellen Unterschiede zwischen den Dörfern Rücksicht genommen hat“, ist Elisabeth Haun überzeugt. Zweimal im Jahr ist sie selbst vor Ort in Mali und kann sich von den Fortschritten überzeugen. Zusammen mit Martin Koné will sie die Idee zur Selbstverwaltung auch in andere Gemeinden tragen. Nur so kann Nachhaltigkeit erfolgreich praktiziert werden.

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