Afrikas Wüste besiegen

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Trockenheit gefährdet die Existenz der Menschen von Burkina Faso. Die Caritas hilft.

Harmattan", der heiße, trockene Wüstenwind, fegt über die braunen Felder in Dori, im Norden Burkina Fasos. Es ist Februar und der Staub wirbelt um die kleinen Lehmhütten, die in der sengenden Sonne stehen. Seit Monaten hat es nicht mehr geregnet, die Wüste breitet sich aus und nimmt den Menschen die Lebensgrundlage. Unwirklich scheint inmitten dieser Steppe die grüne Oase, wo der 24-jährige Mamadou sein Feld bestellt. Am Rande des drei Hektar großen Wasserspeichers, dem "Bouli", gießt er sein Gemüse. Der Bouli ist ein künstlich angelegter Wasserspeicher, vergleichbar einem Baggersee. Dort wird Regenwasser gesammelt und bleibt ein halbes Jahr erhalten. Teilweise versickert das Wasser und lässt den Grundwasserspiegel ansteigen, sodass die Brunnen länger Wasser geben. Damit hilft der Bouli den Menschen, die sechsmonatige Trockenzeit zu überstehen. "Wenn es zu trocken war, versiegte der Brunnen im Dorf. Aber jetzt können wir sogar Gemüse und Obst anbauen und es am Markt verkaufen", sagt Mamadou. Früher floss das Wasser während der Regenzeit ungenützt über das trockene Land. Hunger war die Folge und führte zu Abwanderung in die Städte oder Migration über die Landesgrenzen hinaus. Im Dorf Baraboulé wird demnächst ein solcher Bouli entstehen. Gebaut von der Organisation OCADES Dori, einer Partnerorganisation der Caritas.

Dem Markt ausgeliefert

Burkina Faso, auf Deutsch das "Land der Aufrichtigen", liegt in Westafrika und war bis 1960 französische Kolonie. Bis 1984 hieß das fast so große Land wie Deutschland Obervolta. Die Bevölkerung von rund 14 Millionen setzt sich aus 60 verschiedenen Ethnien zusammen, die weitgehend friedlich zusammenleben.

Burkina Faso gehört laut Human Development Index zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die Armut trifft alle Lebensbereiche und drückt sich insbesondere in einer geringen Lebenserwartung, einer hohen Sterblichkeit von Kleinkindern, einer hohen HIV-Infektionsrate, hohem Analphabetismus und in einer immer wiederkehrenden Nahrungsmittelknappheit aus.

So kämpfen Mamadou und seine Landsleute nicht nur mit dem knappen Wasser, sondern auch um ausreichend Getreide. Hirse ist das Hauptnahrungsmittel. Am Ende der Regen- und Erntezeit wird der Markt damit überschwemmt, wodurch die Preise ins Bodenlose fallen. Kleinbauern verkaufen ihre Hirse um lächerliche elf Euro pro 100 Kilo an reiche Händler. Diese lagern das Getreide in privaten Speichern, bis die Nachfrage und die Preise wieder steigen. Wenn während der Trockenzeit die Vorräte der Kleinbauern zur Neige gehen, müssen sie ihr Getreide, das sie vorher zu Spottpreisen verkauft haben, überteuert zurückkaufen. Sie zahlen dann 30 bis 45 Euro pro 100 Kilo. Geld, das sich die meisten ausleihen müssen. Um den Betroffenen aus diesem Teufelskreis herauszuhelfen, hat die Caritas mit Unterstützung der Austrian Development Agency (ADA) den Bau von Getreidespeichern und die Einrichtung von Getreidebanken im ganzen Land gefördert. Die Bauern können nach der Ernte an die lokalen Getreidebanken zu vernünftigen Preisen verkaufen. Später können sie das Getreide zu sozialen Preisen erwerben, ohne sich hoch verschulden zu müssen.

"Die Hilfe, die wir in Burkina Faso leisten, ist Hilfe auf Augenhöhe", ist Verena Egger, Afrika-Expertin der Caritas Tirol, überzeugt. Der ganzheitliche Ansatz der Projektarbeit macht dies möglich. "Wichtigstes Ziel ist, die Menschen zu befähigen, dass sie mit den Ressourcen nachhaltig umgehen und sich auf größerer Ebene organisieren", erklärt Egger. "Die Projekte denken wir uns nicht in Österreich aus. Ideen, wie die zum Bau der Boulis, kommen von den Menschen vor Ort. Wir sehen uns nicht als ihre Helfer, sondern als ihre Partner, die sie bei der Umsetzung unterstützen. Die Burkinabé sind die Experten."

Zentral: Wiederaufforstung

Die Regenzeiten werden kürzer, Trockenheit und Versteppung nehmen zu, die vorhandenen Ressourcen werden immer knapper. Grund dafür ist unter anderem auch die zunehmende Rodung von Bäumen und Sträuchern zur Gewinnung von neuen Ackerflächen oder Feuerholz. Wiederaufforstung ist nicht die Regel. Besonders in der Sahelzone im Norden Burkina Fasos spüren die Bewohner die Auswirkungen der zunehmenden Wüstenbildung. In Zusammenarbeit mit dem "Centre de Formation de Catéchistes de Tougouri" startete die Caritas Auslandshilfe ein Projekt zur Wiederaufforstung. Neben der Errichtung von Baumschulen ist Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung Teil des Programms.

Umweltschonende und gewinnbringende Landwirtschaft, neue Vermarktungsstrategien und Finanzierungsmöglichkeiten, welche das Einkommen nachhaltig sichern, sind gefragt. Nach dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" ist jedes Projekt der Caritas von Weiterbildungsmaßnahmen für die lokale Bevölkerung begleitet. So gibt es mehrere Landwirtschaftsprojekte, welche die Ernährungs- und Einkommenssicherung verfolgen. Dafür braucht es genügend Wasser während der Trockenzeit und ausreichend Wissen um Produktion, Veredelung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten.

Besonders Frauen werden in solchen Programmen gefördert. "Frauen arbeiten sowohl im Haushalt als auch auf dem Feld. Viele von ihnen versuchen, mit anderen Aktivitäten ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften, wobei sie oft auf Hindernisse stoßen. Dennoch sind sie es, die sich stark an der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beteiligen. Ohne sie wäre eine dauerhafte Entwicklung nicht vorstellbar", sagt Verena Egger. Sie ist seit neun Jahren als Projektreferentin für Burkina Faso tätig.

24 Frauengruppen wurden in der Diözese Kaya, im Norden des Landes, gegründet. Die Frauen lernen dort sich selbst zu verwalten sowie stabile Strukturen - vergleichbar mit Vereinen - aufzubauen. Daneben werden sie in der Herstellung von Produkten wie Seife oder gefärbten Stoffen geschult, oder sie erlernen neue Möglichkeiten der Veredelung von Obst und Gemüse, wie die Herstellung von Tomatensauce, Honig oder Trockenobst. Diese Produkte können sie in den Städten auf den Märkten verkaufen und teilweise sogar exportieren.

300 Euro verändern vieles

Um den Schritt aus der Armut zu schaffen - sei es zum Ankauf eines jungen Schafes oder von Materialien zum Färben von Stoffen - fehlt oft das nötige Geld. Caritas Innsbruck International vergibt deshalb Kleinkredite an Vereine. Die Vereinsmitglieder zahlen einen Beitrag, der gleichzeitig ihr Eigenkapital darstellt und bekommen dann einen Mikrokredit. "In der Kleingruppe ist der soziale Druck größer, das Geld zurückzuzahlen. Besonders Frauen sind auch hier wieder sehr vorbildhaft. Bei ihnen liegt die Rückzahlungsrate bei 95 Prozent", spricht Egger aus Erfahrung.

Die Mikrokredite bewegen sich meist in einer Größenordnung von 10 bis 20 Euro oder vielleicht auch einmal 300 Euro für eine ganze Gruppe. Für europäische Verhältnisse eine Bagatelle, in Burkina Faso ein Vermögen, das ein Leben verändern kann. So wie jenes der 19-jährigen Fatimata. Gemeinsam mit fünf anderen Frauen hat sie einen Kredit aufgenommen und sich eine Nähmaschine gekauft. Nun haben sie einen kleinen Schneidereibetrieb, der ihnen zusätzliches Einkommen bringt. Den Kredit haben sie bereits zurückgezahlt.

Die Autorin ist Mitarbeiterin der Caritas Tirol.

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