6627370-1956_16_14.jpg
Digital In Arbeit

Das Abc des Motors

Werbung
Werbung
Werbung

Angeregt durch Angaben in Kraftfahrzeugprospekten und journalistischen Veröffentlichungen wird heute in Kraftfahrerkreisen häufig über den Vorgang der Verbrennung, die Verbrennungsraumformen und Verdichtungsverhältnisse gesprochen. Man kann jedoch immer wieder feststellen, daß auch der relativ gut informierte Kraftfahrer über die effektivsten Gegebenheiten in seinem Motor nicht immer genau Bescheid weiß, obwohl dieses Wissen für ihn fallweise von praktischer Bedeutung sein kann. Wir wollen uns daher im nachfolgenden, in kurzgefaßter Form über dieses Kapitel der Kraftfahrzeugtechnik unterhalten.

Die Verbrennung

Unter Verbrennung ist die chemische Verbindung eines brennbaren Stoffes mit Sauerstoff unter Licht- und Wärmeentwicklung zu verstehen. Der erforderliche Sauerstoff wird der Luft, die zu einem Teil aus Sauerstoff und zu vier Teilen aus Stickstoff besteht, entnommen. Um eine möglichst vollständige Verbrennung zu erreichen, muß sich der Sauerstoff der Verbrennungsluft mit dem flüssigen Kraftstoff verbinden, das heißt, Kraftstoff und Luft müssen so innig vermischt werden, daß die Kraftstoff- und Sauerstoffmoleküle eng beisammenliegen. Die Verbrennung ist dann am günstigsten, wenn die Verbrennungsrückstände möglichst wenig Sauerstoff und unvollständig verbrannten Kraftstoff enthalten. In diesem Falle ist auch der Wirkungsgrad des Motors am größten. Um verbrennen zu können, müssen die an der Verbrennung betei-

ligten Stoffe erst auf eine entsprechende Temperatur (Entzündungstemperatur) gebracht werden. Dies geschieht im Otto-Motor durch einen elektrischen Funken, im Glühkopfmotor durch den Glühkopf und im Diesel-Motor durch die Verdichtungswärme. Gemischaufbereitüng, Zündung und Verbrennung erfolgen in etwa, einer Hundertstelsekunde.

Die motorische Verbrennung findet in einem geschlossenen, sehr kleinen Raum, dem Verbrennungsraum, statt, wobei durch die freiwerdende Verbrennungswärme eine Drucksteigerung erfolgt, die über den dadurch in Richtung unterer Totpunkt bewegten Kolben, die Pleuelstange und Kurbelwelle in mechanische Arbeit umgesetzt wird.

Beim Otto- (Vergaser-) Motor wird das zur Verbrennung 'nötige Kraftstoffluftgemisch außerhalb* des Arbeitszylinders in einem separaten Apparat, dem Vergaser, gebildet und gelangt als brennbares Kraftstoffluftgemisch in den Zylinder (äußere Gemischbildung). Beim Diesel- und Glühkopfmotor wird das Kraftstoffluftgemisch durch Einspritzen von Kraftstoff in die im Zylinder befindliche Luft gebildet (innere Gemischbildung).

Die Verbrennung im Otto-Motor Die Verbrennung wird hier kurz vor dem oberen Totpunkt eingeleitet (Vorzündung), da das Gemisch eine gewisse Zeit zur Verbrennung benötigt. Damit wird erreicht, daß der gesamte Verbrennungsdruck am oberen Totpunkt auf deh Kolben wirksam wird. Wünschenswert ist ein möglichst rasches, jedoch nicht schlagartiges Durchbrennen des Kraftstoffgemisches, da es sonst das schädliche Klopfen des Motors verursacht. Ausgehend von der Zündkerze breitet sich die Flamme in Form einer Front (Flammfront) aus. Mit fortschreitendem Verbrennungsverlauf steigen der Druck und die Verbrennungsgeschwindigkeit, die aber gegen Ende wieder geringer werden (mittlere Flammgeschwindigkeit 10 bis 15 m/sec).

Die Verbrennung erfolgt ungesteuert, ist jedoch von der Gestaltung des Verbrennungs-raurnes, Anordnung der Zündkerze, Aufbau des Kraftstoffes usw. abhängig. Der Verbrenriungs-druck beträgt etwa 30 bis 40 atü, die dabei auftretende Verbrennungstemperatur etwa 1500 bis 2000 Grad Cejsius.

Die Verbrennung im Diesel-Motor Die Verbrennung wird kurz vor dem oberen Totpunkt durch Einspritzen (Voreinspritzung) des' Dieselkraftstoffes in die heiße, hochverdichtete Luft im Zylinder eingeleitet, wobei die Entzündung nicht augenblicklich erfolgt. Es verstreicht noch eine kurze Zeitspanne (Zündverzug), bis sich die Kraftstoffteilchen mit Luft vermischen und erhitzen, wodurch erst das brennbare .- Kraftstoffluftgemisch entsteht. Der Zündverzug beträgt etwa 0,001 sec, höchstens 0.002 sec. ,,

Die Entflammung nach Zündverzug erfolgt an mehreren Stellen des Kraftstöffstrahles (Zündkerze) gleichzeitig. Nach der Entzündung wird für die weitere Verbrennung laufend neuer Kraftstoff zugeführt.

Die Verbrennung erfolgt gesteuert, das heißt, etwa das erste Drittel des eingespritzten Kraftstoffes verbrennt ungesteuert, die restliche Verbrennung wird durch das weitere Einspritzen gesteuert, und zwar wird angestrebt, soviel Kraftstoff zuzuführen, daß der Verbrennungsdruck gleichbleibt (Gleichdrucksverbrennung), was jedoch bei Fahrzeug-Diesel-Motoren nie restlos erreicht wird.

Die Verdichtung

Das im Zylinder befindliche Gas (bei Otto-Motoren Benzinluftgemisch, bei Diesel-Motoren Luft) wird vor der Entzündung verdichtet. Je höher die Verdichtung in einem Verbrennungsmotor ist, desto größer ist sein Wirkungsgrad, d. h. also, Steigerung der Leistung und Verringerung des Kraftstoffverbrauches.

Wird z. B. das im Zylinder befindliche Gas auf ein Siebentel seines Volumens zusammengedrückt, dann wird von einem Verdichtungsverhältnis von 7:1 gesprochen.

Mit zunehmender Verdichtung steigen der Druck und die Temperatur des nicht entzündeten Gases stark an und betragen bei einem Verdichtungsverhältnis von

Temperatur Verdichtungsenddruck in Grad Celsius für Otto-Motoren

Diese Ziffern beziehen sich auf den betriebswarmen Motor. Bei kalter Maschine liegen die Drücke und Temperaturen niedriger und es beträgt etwa bei einem Verdichtungsverhältnis von 20:1 der Verdichtungsdruck ungefähr 42 atü, die Temperatur zirka 350 Grad Celsius.

Wenn man ein Gas z. B. auf ein Siebentel seines Volumens zusammendrückt, müßte es vermutlich mindestens den siebenfachen Druck ausüben. Wie jedoch aus der Zusammenstellung ersichtlich ist, macht der Druck nicht 7 kg/cm*, sondern 12 kg/cm*, bei Annahme eines ursprünglich normalen Druckes von 1 kg/cm“ (atmosphärischer Druck) aus. Dies -hat seinen Grund darin, daß durch die Verdichtung — wie ebenfalls aus der Zusammenstellung ersichtlich — Wärme erzeugt wird, die den Druck weiter erhöht.

Die durch Erhöhung der Verdichtung erreichbare Leistungssteigerung bzw. größere Wirtschaftlichkeit eines Motors war der Grund, weshalb unter anderen vor allem amerikanische Automobilfabriken dieses Problem aufgriffen. Ing. Ch. F. Kettering baute innerhalb der Entwicklungsäbteilung der General Motors bereits vor Jahren einen Sechszylinder-Benzinmotor (Versuchsmotor) mit einem Verdichtungsverhältnis von 15:1. Es hat sich ergeben, daß es vom bautechnischen Standpunkt ohne weiteres möglich wäre, Motoren mit einem Verdichtungsverhältnis von 12:1 auch serienmäßig zu erzeugen. Da jedoch für solche Verdichtungsverliält-nisse bereits Benzine mit sehr hohen Oktanzahlen erforderlich sind, wird dieses Ziel in Etappen angestrebt; die letzten Motorkonstruktionen der amerikanischen Automobilindustrie beweisen das.

Der Verbrennungsdruck im Zylinder eines Motors mit einem heute allgemein üblichen Verdichtungsverhältnis von etwa 6,5:1 beträgt etwa 44 atü, hingegen bei einem Verdichtungsverhältnis von 12,5:1 etwa 88 atü. Trotzdem war es den Konstrukteuren möglich, die Motoren ohne Gewichtserhöhung gegen solche Drucke unempfindlich zu machen, wobei die Herstellungskosten gegenüber einem gewöhnlichen Autobenzin-motor nur um uneefnhr fünf Prozent höher liegen. Um wie vieles solche Motoren wirtschaftlicher im Betrieb sein werden, ist daraus ersichtlich, daß in den heute üblichen Auto-mobilbenzinmotoren 75 bis 80 Prozent der Kraftstoffenergie ungenützt bleiben. Eine Verminderung dieses Verlustes um nur ein Prozent würde den USA täglich ungefähr 4 bis 7,5 Millionen Liter Benzin ersparen. Im Verhältnis zu den heute gebräuchlichen wird man mit diesen hochkompromierenden Motoren mit der gleichen Benzinmenge bei sonst gleichen Bedingungen um 30 Prozent weiter fahren können als bisher.

Verdichtung im Otto-Motor Das Verdichtungsverhältnis moderner Otto-Motoren bewegt sich etwa zwischen 6:1 bis 8:1. Bei ihnen ist die Verdichtungshöhe nach obenbegrenzt durch die Klopffestigkeit des Kraftstoffes, nach unten durch Forderung nach größtmöglicher Wirtschaftlichkeit, d. h. möglichst große Leistung bei geringem Kraftstoffverbrauch.

Verdichtung im Diesel-Motor

Das Verdichtungsverhältnis moderner Diesel-Motoren bewegt sich etwa zwischen 17:1 und 20:1. Die Verdichtungshöhe ist bei ihnen nach oben begrenzt (technisch) durch die hohe Beanspruchung des Triebwerkes und die Notwendigkeit leichter und billiger Bauweise des Motors, nach unten durch das Erfordernis eines kleinen Zündverzuges und sicherer Zündung.

(Fortsetzung folgt).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung