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Der ORF spielt eine Hauptrolle für Österreichs Identitätsfindung in der Zweiten Republik. Ein Indiz dafür ist die Strahlkraft seiner Spitzenvertreter - gleichgültig ob durch Funktion oder Popularität. Historisch zeigt das Hugo Portisch, der Präsident hätte werden können. Laut repräsentativen Umfragen. Aktuell demonstriert dies Gerhard Zeiler, der den Kanzler machen würde. Wenn die SPÖ ihn fragt.

Der einstige Pressesprecher von Fred Sinowatz und Franz Vranitzky, spätere RTL-Vorstandsvorsitzende und heutige Turner-Broadcasting-Präsident, hat als ORF-Generalintendant 1995 die letzte große Reform des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich durchgesetzt. Seitdem wirkt das erste Programm vielfach wie Privat-TV. Dorthin zurückgekehrt, musste Zeiler sich ätzende Einschätzungen wie jene von Geert Müller-Gerbes gefallen lassen: "RTL macht im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht mehr Fernsehen, sondern Gewinn" und das Programm werde dabei nur "billigend in Kauf genommen".

Gerhard Zeiler verdankt die Medienkarriere vom Provinzsender über Europas größte Fernsehgruppe bis zum Global Player den Managementfähigkeiten. In seine Periode beim ORF fällt auch dessen noch engere Anknüpfung an den ÖSV. Fifty-fifty mit dem Unternehmen von Skiverbandspräsident Peter Schröcksnadel gründete der öffentlich-rechtliche Anbieter den Tourismus-Spartensender TW1.

Neben solcher Offenheit für verblüffende Koalitionen sind Marketing und Kommunikation - derzeit kaum Stärken der Sozialdemokratie -die Hauptkompetenzen der bekennenden Personalreserve. Dazu kommt die Erfahrung mit der Transformation analoger Geschäftsmodelle in die digitale Ära. Dies alles könnten Kanzleramt wie Partei gut gebrauchen. Es fehlt dort überall am Wie. Doch mehr noch mangelt es am Was. Das aber ist keine Stärke des Gerhard Zeiler.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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