Rudolf von Alt, Österreichs bedeutendster Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts.
Die Albertina widmet Rudolf von Alt anlässlich seines 100. Todestages eine Gesamtschau, die sich darum bemüht, einen Begriff für seine Malerei zu finden. Auf der einen Seite pauste dieser Künstler auf beinahe sklavische Art Landschaften, Architektur oder Innenräume ab, und der Betrachter mag denken: "Wie exakt! Besser als jede Fotografie!" Reduziert man aber Alt auf diese Fähigkeit, so wäre er vielleicht eine österreichische Kuriosität - einer Werkschau bedürfte es in diesem Fall jedoch nicht.
Detailtreue und ...
Doch ist seinen Aquarellen eine geheime, sphärische Kraft eigen, die den Betrachter zum Verweilen zwingt. In einem Brief aus dem Jahr 1873 schreibt er von erlebten "Empfindungen, wie sie eben nur der Poet hat, der dazu im Vortheil ist, denn er kann sie festhalten durch Niederschreiben, ich kann sie nur in den Gegenstand hineinlegen, den ich eben treu wiederzugeben suche". Und genau in diesem "Hineinlegen" liegt das Erstaunliche seiner Malerei.
Auch wenn es zunächst perspektivische Lösungen sowie die enorme Detailtreue sind, die dem Betrachter ins Auge stechen, ist es sein Umgang mit dem Ungreifbaren, der in tieferer Erinnerung bleibt: Oft füllt der Himmel - wie bei der Ansicht "Das Wohnhaus des Fürsten Liechtenstein in der Jägerzeile" (1841) - nur einen Bruchteil des Bildes aus, seine schwebende und wohl unvergleichliche Ausführung reicht dem Auge jedoch, um die erdrückende Genauigkeit des restlichen Bildes auszubalancieren. Bei den Innenansichten, so zum Beispiel beim "Treppenhaus im Oberen Belvedere" (1881), wirkt ein ähnlicher Effekt: Zwischen dem präzise abgebildeten Deckenstuck huschen die zartesten Schattierungen - da möchte man beinahe vergessen, dass es sich um die Abbildung eines hochbarocken Stiegenaufgangs handelt.
Alts Ölmalerei fällt jedoch weit hinter die Aquarelle zurück, besonders im "Blick auf Aigen und den Untersberg" (1869) zeigt sich Alts Schwierigkeit im Umgang mit diesem Material. Unwillkürlich erinnert die Ausführung dieser Landschaft an die überladene Malerei Karl Friedrich Schinkels. Aus gutem Grund also werden seine Ölbilder in dieser Ausstellung auf ein Minimum reduziert, stattdessen wird anhand von Skizzen wie "Allee im Schloßpark von Schönbrunn" (1850) ein Maler präsentiert, der auch in den 1920er Jahren noch interessant gewesen wäre.
... ungewohnter Blick
Auf die Frage nach der Modernität Alts geht die Ausstellung aber nicht genauer ein. Der Künstler wird lieber als Zeitphänomen erklärt: Sicherlich ist das Frühwerk eng mit der Malerei des Vaters Joseph Alt verschränkt, verfehlt ist es jedoch, dessen Bilder teilweise zusammenhanglos unter die seines Sohnes zu mischen. Und selbst wenn der Kurator den Maler aus dem Zusammenhang seiner Familie heraus deuten wollte, so fehlten hierfür Exponate seines lebenslangen Rivalen - seines Bruders Franz.
Trotz der angeführten Einschränkungen lohnt der neue Blick auf Rudolf von Alt - nicht nur, aber auch wegen der historischen Sujets.
RUDOLF VON ALT
Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien
www.albertina.at
Bis 27. 11., tägl. 10-18, Mi 10-21 Uhr
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