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Vergessener Genocid

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Als Franz Werfel 1933 seinen Roman „Die 40 Tage des Musa Dagh” schrieb, sah er prophetisch die Entwicklung voraus, die erst zehn Jahre später schreckliche Wirklichkeit werden sollte. Den Inhalt bildeten die Vernichtungsaktionen der Türken gegen die Armenier, die im Sommer 1915 ihren Höhepunkt gefunden hatten.

Schon um die Jahrhundertwende hatte es Progrome gegen Armenier im Osmanischen Reich gegeben. Als dieses 1914 an der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns in den Krieg eintrat, sahen die jung-türkischen Nationalisten die Gelegenheit gekommen, sich der unbeliebten Minderheiten zu entledigen.

Zunächst wurden die wehrfähigen Armenier zum Kriegsdienst eingezogen, dann entwaffnet und in Baubataillonen „durch Arbeit vernichtet”, wie es in Berichten deutscher Diplomaten nach Berlin hieß. Tödliche Experimente mit Typhuserregern sollen schon damals von türkischen Ärzten an Armeniern durchgeführt worden sein.

Am 24. April 1915 wurden 600 politisch und intellektuell führende Armenier in Konstantinopel verhaftet und ermordet - seither gilt der 24. April bei den Armeniern in aller Welt als nationaler Trauertag. Dann folgte die Deportation der Frauen, Kinder und Greise nach Syrien und Mesopotamien. Zu Fuß und ohne ausreichende Verpflegung wurden sie in der heißesten Zeit nach Süden getrieben. Nur wenige überlebten den Todesmarsch. 1,5 Millionen Armenier kamen 1915 bis 1917 ums Leben.

Am 7. Juli 1915 - vor 80 Jahren -kabelte der deutsche Botschafter in Konstantinopel nach Berlin, es sei evident, daß die türkische Begierung den Zweck verfolge, die armenische Basse zu vernichten.

Max Erwin von Scheubner-Bich-ter, ein früher Berater Adolf Hitlers, war 1915 deutscher Vizekonsul in Er-zurum. Seine Berichte boten Hitler 25 Jahre später Anregungen für seine Aktionen gegen die Juden.

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