In Sachen Dialog (auch nach dem "Dialog für Österreich")

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Kirche ist Koinonia, Gemeinschaft, also Dialog. Teilen von Ansichten und Visionen, gemeinsames Aufnehmen von neuen Impulsen. Kirche ist Lerngemeinschaft. Und Streiten gehört dazu. Gemeinschaft braucht die Differenzen, braucht die Auseinandersetzung, also den Streit. Dazu benötigt die Kirche eine Streitkultur, die keine der Kirchen wohl ausreichend hat. Dieser Dialog ist nicht voraussetzungslos, sondern begründet im Evangelium von der Menschenliebe Gottes, wie sie sich in Christus offenbart hat. Dieser Grund ist auch Kriterium. Beliebig kann der Dialog also nicht sein.

Im "Dialog für Österreich" ist Beachtliches geleistet worden, Ressourcen sind eingesetzt worden, von denen andere Kirchen nur vor Neid erblassen können. Das Arbeitsdokument ist ein faszinierendes Dokument, voller Impulse, benennt aber auch entscheidende Streitpunkte deutlich. Es wäre zu wünschen, würden diese Impulse wirklich aufgenommen, würden die Streitpunkte wirklich umstritten. Die ganze Ökumene könnte davon profitieren.

So könnte es sein. Wird es so sein? Unter dem Stichwort "Dialog" kann sich ja auch etwas anderes verbergen: alle dürfen ihre Meinung sagen, und ändern wird sich nichts. Weil sich die Meinungen gegenseitig neutralisieren, weil es zum produktiven Streit nicht kommt, weil der Streit verhindert wird. Manche Veranstaltungen im Dialogprozeß provozierten diese Deutung. Es könnte sein - und ich behaupte, es ist so -, daß es dazu kommen muß, weil es eine Reihe von Vorgaben gibt, die dem einen benannten Kriterium nicht entsprechen. Bestimmte Fragen dürfen nicht behandelt werden, weil sie von der katholischen Kirche zentral abgeblockt worden sind. Weil es die Vorgabe gibt, die Bischöfe sollten mit dem Kirchenvolk in Dialog treten, und daher die Koinonia hierarchisch überfremdet ist. Die Meinungen werden dann zur Kenntnis genommen und dann entweder irgendwie weiter bedacht oder es wird gesagt, darüber hätten wir nicht zu entscheiden. Und weil die prinzipielle Rechthaberei mancher bestenfalls faule Kompromisse zuläßt. Weil es keine Streitkultur gibt, vielmehr die verschiedenen Gruppen sich in ihren Nischen wohl fühlen.

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