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Künstlerische Eigenart

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Daß abstrakte Malerei unserer Zeit nicht unbedingt monströs, unverständlich und unnahbar sein muß, daß sie sehr wohl poesievoll und anmutig sein und auch dem ungeübten Kunstbetrachter reine Freude bereiten kann, lehrt ein Besuch in der Galerie im Griechen-beisl, wo Johann Fruhmann bis 8. Juli ausstellt. Der Kärntner Maler, dem 1965 der österreichische Staatspreis für Malerei zuerkannt wurde, der im Ausland des öfteren die moderne Kunst Österreichs vertreten hat und ein Mosaik im Österreichpavillon auf der Weltausstellung in Montreal schuf, präsentiert hier eine Reihe neuer Werke, die alle unverkennbar seinen charakteristischen Stempel tragen: das einfache, kaum variierte Formschema einer symmetrischen Vertikalkonstruktion. Dieses Schema ist in seinen jüngsten Ausführungen vielleicht noch ein wenig zarter und leichter geworden, sonst gleichgeblieben; doch erstaunlicherweise langweilt es nicht, wirkt nicht manieriert, sondern übt in dem — bei Fruhmann — schier unausschöpflichen Spiel der Farben immer neue Faszination aus.

Im Rahmen der Wiener Festwochen stellt Ernst Degasperi im Rektoratsc/ebäude auf dem Leopoldsberg seinen neuen Zyklus „exodus 67“ aus. Wie die Zyklen der vergangenen Jahre („Apokalypse 63“, „das LAMM“, „das WORT“) wählte der Südtiroler Graphiker auch für sein jüngstes Werk ein religiöses Thema: den Auszug Moses und der Israeliten aus Ägypten, ihr Durchgang durchs Rote Meer, ihre Wanderung durch die Wüste. Um diese Geschehnisse, die das 2. Buch Moses erzählt, in ihrer ganzen Intensität nacherleben zu können, unternahm Degasperi zu Anfang dieses Jahres eine Studienreise in die Wüste Sinai, wo er am Fuße des Mosesberges die 15 Blätter, die er nun vorstellt, malte. Sie bezeugen religiöses Engagement und intensives Bemühen um einen adäquaten, unserer heutigen Situation entsprechenden künstlerischen Ausdruck. — Daß er für dieses gewaltige Werk von der Technik der feinziselierten Federzeichnungj die er früher bevorzugte, zur großformatigen Tusch-Pinsel-Zeichnung im Ausmaß von 90 mal 60 Zentimeter überging, entspricht der Thematik des Werkes und stellt gleichzeitig eine Bereicherung der Aüsdrucksmöglichkeit Degasperis dar. Seine hier gezeigte Pinseltechnik bleibt von Naturformen inspiriert, vom Spiel der Wellen, von Wurzelbildungen, Holzmaserungen, Steinformationen. Bei diesem Wechsel der Technik zeigt Degasperi, daß er seine künstlerische Eigenart zu wahren versteht — warum sollte ihm das nicht gelingen, wenn er auch einmal zur Farbe greifen würde?

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