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Zeitgemäße oder moderne Kunst?

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Die Z e d 1 i t z - H a 11 e, die seit einigen Jahrzehnten der österreichischen Zeitkunst Gastfreundschaft gewährt hatte, wurde nach mehr als dreijähriger Unterbrechung wieder eröffnet und somit der Wiener Künstlerschaft eine schwer entbehrte Ausstellungsmöglichkeit zurückgegeben. Die Opfer Willigkeit der „Gemeinschaft bildender Künstler“, Subventionen des Unterrichtsministeriums und der Stadt Wien sowie die Materialbeibilfe der sowjetischen Besatzungsmacht ermöglichten den Neubau der bombenzerstörten Kunstballe, die im laufenden Jahre Ausstellungen des „Art-Clubs“, der „Sezession“ und „Ungarischer Künstler" beherbergen wird.

Den Auftakt bildete eine reichlich beschickte Ausstellung der „Gemeinschaft bil dender Künstler“, die auf neue organisatorische Grundlage gestellt und ausgebaut wurde und sich das Ziel gesteckt h3t, die „moderne Richtung zu verfolgen, wobei jeder Eigenart Entfaltungsmöglichkeit gegeben werden soll“. Man sollte sich doch endlich von dem unsachlichen Schlagwort „m o d e r n“ in der Kunst freimachen. Es verlockt so manchen Künstler zu Experimenten, die über reinen Äußerlichkeiten den inneren Gehalt des Kunstwerkes vernachlässigen. Jedes echte Kunstwerk ist zeitgemäß, modern ist bestenfalls ein Tanz, ein Erzeugnis der Modeindustrie oder irgendeine andere von der Publikumslaune abhängige Belanglosigkeit.

Ein Rundgang durch diese Ausstellung ermöjlicht die Feststellung, daß sich unter den vielen — leider allzu vielen — Bildern und Plastiken dieser Kunstschau eine Anr zahl wertvoller Arbeiten befinden, die eine bedeutsame kün; tierische Entwicklung erwarten lassen. Dies gilt vor allem für die Werke religiöser Kunst.

Und sonst? Die sogenannte „Mcdernität" blieb zumeist in der Nachfolge der Franzosen des ausgehenden 19. Jahrhunderts stecken oder verirrt sich bis in die Bereiche eines mißverstandenen Surrealismus. Hie und da gibt es Rubepunktc künstlerischer Betrachtung :n dem Kunterbunt einer erdrückenden Bilderfülle.

Erschütternd wirkt es, daß, abgesehen von der religiösen Kunst, keiner der Künstler zu den Problemen, den Kümmernissen und der Not der Gegenwart, künstlerisch Stellung nimmt, so daß es fast den Anschein erweckt, als ob unsere Künstler von heute wie naive Kinder ihr Spiel unter Trümmern weiterbetreiben.

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