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Wenn es mit dem Teufel zugeht
Die Uraufführung von Johann Nestroys „Höllenangst" im November 1849 war ein Mißerfolg. Nach nur fünf Vorstellungen verschwand das Stück vom Spielplan. Der Neuinszenierung im Theater in der Josefstadt wird es viel besser gehen, denn seit der Rearbeitung durch Karl Paryla im Jahr 1948 hat diese Posse Erfolg. Damals kam erstmals der von Nestroy einst aus Rücksicht auf die Zensur unterdrückte Schicksalsmonolog auf die Bühne -sicher einer der ältesten Theatertexte, in denen das Wort „Communist" fällt.
Die Refrains der Couplets fassen zusammen, worum es geht: „Meiner Seel, 's müßt' dem Himmel höllen-angst dabei wer'n", „Na, da müssen ein' bescheidene Zweifel aufsteig'n", „I lass' mir mein Aberglaub'n durch ka Aufklärung raub'n, 's is jetzt schön überhaupt, wenn m'r an etwas noch glaubt." Man kann den Inhalt, das Aufbegehren des armen Schustersohnes Wendelin Pfrim gegen den Himmel und das Schicksal, seine Zweifel und seine Furcht, durch einen Pakt dem Teufel verfallen zu sein, sehr politisch deuten: Malt Nestroy hier nicht ein Wiener Stimmungsbild nach dem Jahr 1848: Reste von revolutionärem Geist, aber zugleich das Gefühl, damit eine Todsünde zu begehen und dafür Buße leisten zu müssen? Zeitlos ist jedenfalls die Kritik des Stückes an jeglichem Aberglauben, wie er heute wieder allerorten aufblüht.
Wird „Höllenangst" gut gespielt, merkt man fast nicht, daß diese Posse nicht zu Nestroys Meisterwerken zählt, vermißt nur das große Couplet nach der Pause - wobei schon zuvor einige Zusatzstrophen nichts an Schärfe vermissen lassen. Begisseur Helmuth Lohner beweist in vielen Details seine Nestroy-Erfahrung und führt in der sehr stimmungsvollen Ausstattung von Rolf Langenfass eine fast durchwegs erstklassige Besetzung zum verdienter! Erfolg. Vor allem Karlheinz Hackl, sowohl im Aufbegehren als auch in der „Höllenangst" ein überzeugender Wendelin, und Otto Schenk, ein ebenso pfiffiger wie trinkfester Pfrim, verkörpern trefflich das Wiener Gemüt.
Lob verdienen aber auch viele andere, zumindest Maria Köstlinger als resolute Kammer Jungfer Bosalie, Albert Rueprecht als aufrechter Freiherr von Reichthal, Elfriede Ramhapp als Wendelins besorgte Mutter E.va, Bernd Ander und Christian Futterknecht als Bösewichte, Kathrin Beck als von diesen gequälte Waise und Hakoh Hirzenberger als „teuflischer" Oberrichter.
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