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„Grünes Licht” für Jäger stätter-Verfahren

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Weil er den Fahneneid auf Hitler verweigerte, mußte Franz Jägerstätter sterben. Wird er eines Tages seliggesprochen?

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Weil er den Fahneneid auf Hitler verweigerte, mußte Franz Jägerstätter sterben. Wird er eines Tages seliggesprochen?

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Es sind sehr viele Vorbereitungen im Gange”. So beschreibt der Linzer Dompfarrer Johann Bergsmann den Stand der Dinge in der Causa „Jägerstätter-Seligspre-chung”. Aus Bom gebe es „grünes Licht”, den Prozeß anzugehen. Derzeit beschäftigt man sich in der Diözese Linz damit, Zeugen einzuver-nehmen, denn „es muß sichergestellt sein, daß es in dem Leben keine Dinge gibt, die eine Seligsprechung unmöglich machen ”, so der Dompfarrer.

Wie lange es dauert, bis das ins Bollen gebrachte Seligsprechungsverfahren abgeschlossen ist, läßt sich nach Meinung von Pfarrer Bergsmann noch nicht absehen. Er verweist auf das Seligsprechungsverfahren für Bischof Rudigier, das „vor 100 Jahren begonnen habe und immer noch nicht abgeschlossen ist”. Manches ziehe der Papst an sich, „das geht dann besonders schnell”, wie etwa der Fall der Edith Stein zeige.

Franz Jägerstätter, der 1943 hingerichtet wurde, weil er aus Glaubensgründen den Fahneneid auf Hitler verweigerte, habe allerdings in Rom keine „Lobby”. Die Reaktionen auf die angestrebte Seligsprechung des Innviertier Bauern, Mesners und tiefgläubigen Katholiken seien zwar mehrheitlich, aber nicht ausschließlich positiv, so Bergsmann. Es gebe viele, die in einer Seligsprechung Jä-gerstätters eine Verurteilung derer sehen würden, die in den Krieg gezogen sind. „Diese emotionelle Argumentation ist natürlich schwer auszuräumen”, gibt der Linzer Dompfarrer zu.

Haben Bischöfe damals „total versagt”?

Das Seligsprechungsverfahren war auch ein Thema bei den „4. Braunauer Zeitgeschichte-Tagen”, die sich Ende September 1995 ganz der Person Franz Jägerstätters widmeten. So meinte etwa der Bamberger Kirchen-historiker Georg Denzler, man würde Jägerstätter mit einer Seligsprechung „in eine Gesellschaft stellen, in der er sich nicht wohl fühlen würde”, und fügte hinzu, die Bischöfe hätten damals „total versagt”. „Nicht ein einziger” habe die Frage nach „der Gerechtigkeit dieses Krieges” gestellt.

Jägerstätter war kein Pazifist

Einig mit dem Salzburger Weihbischof Andreas Laun, der eine Seligsprechung befürwortet, war Denzel jedoch in der Bewertung des freiwillig in Kauf genommenen Todes von Franz Jägerstätter. Dies ist besonders im Blick auf die angestrebte Seligsprechung von Bedeutung.

Einerseits sei er, indem er sich für sein Gewissen entschied, in der Kernfrage „Autoritätsgehorsam” oder „Gewissensgehorsam” ein „moderner Katholik gewesen”, andererseits dürfe man jedoch „traditionell-katholische Ansichten Jägerstätters, die heute von der Kirche in dieser Form nicht mehr vertreten werden, „nicht als ebenso vorbildlich ansehen wie Jägerstätters beeindruckend klares Urteil in der Frage des Gewissens”, faßte der Organisator der Zeitgeschichte-Tage, der Politikwissenschaftler Andreas Maislinger, gegenüber der „Kathpress” zusammen.

Bischof Laun hob bei der Tagung aus moraltheologischer Sicht hervor, daß „unbedingter Gehorsam, wie er von einem Wehrmachtssoldaten abverlangt wird”, für einen Christen nicht existieren könne. Wo ein Krieg als ungerecht erkannt werde, sei einem Christen die Teilnahme nicht erlaubt. Laun weiter: Jägerstätter habe aus christlicher, nicht jedoch aus pazifistischer Überzeugung gehandelt. Pazifistische Vereinigungen dürften den Gewissensmärtyrer darum nicht für sich reklamieren. Die Verteidigung eines Landes sei mit der Haltung Franz Jägerstätters „absolut kompatibel”.

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