Egg_freeze - © Foto: iStock/bluecinema

Das Geschäft mit dem Kinderwunsch

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Eizellen entnehmen und einfrieren zu lassen, sehen viele Frauen als ihre Chance zur biologischen Vorsorge. In Ländern, in denen es diese Möglichkeit gibt, steckt aber auch großes wirtschaftliches Interesse dahinter.

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Eizellen entnehmen und einfrieren zu lassen, sehen viele Frauen als ihre Chance zur biologischen Vorsorge. In Ländern, in denen es diese Möglichkeit gibt, steckt aber auch großes wirtschaftliches Interesse dahinter.

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Das Durchschnittsalter für Erstgeburten in Europa beträgt mittlerweile rund 30 Jahre. Tendenz steigend. Das hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten rasant verändert. 1991 wurden etwa die Menschen in Österreich durchschnittlich im Alter von 25 Jahren zum ersten Mal Eltern. Heute liegt das Durchschnittsalter bei Erstgeburten bei 31,5 Jahren. Das liegt unter anderem an der höheren weiblichen Erwerbstätigkeit, erweiterten Bildungs- sowie Karrieremöglichkeiten oder fehlenden Partnern. Die natürliche Fruchtbarkeit nimmt allerdings im Schnitt ab dem 35. Lebensjahr stark ab.

Laut WHO hat jedes sechste Paar, weltweit und auf das gesamte Erwachsenenalter gerechnet, Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Der aktuelle Trend der späteren Familienplanung könnte damit zu ungewollter Kinderlosigkeit führen. „Egg Freezing“, also das Einfrieren von Eizellen, beschreibt einen medizinischen Vorgang und Eingriff, bei dem einer fruchtbaren Frau zuerst Hormone für Eizellenwachstum gegeben, die Eizellen dann entnommen und in flüssigem Stickstoff eingefroren werden. Dies passiert, um eine spätere Schwangerschaft mit künstlicher Befruchtung bis zur Menopause zu ermöglichen.

Fehlende Datenlage

In Österreich ist diese Praxis nur bei medizinischer Indikation erlaubt, also dann, wenn aufgrund eines körperlichen Leidens oder einer Therapie die Fortpflanzungsfähigkeit verlorengeht – beispielsweise vor einer Chemotherapie oder bei Ovarialzysten. Das Einfrieren von Eizellen aus Gründen der Familienplanung, also zur Vorsorge und Sicherung der Fruchtbarkeit in zunehmendem Alter, ist in Österreich laut Fortpflanzungsmedizingesetz verboten und wird als Verwaltungsdelikt geahndet.

Derzeit prüft das Parlament eine Gesetzesänderung. Die österreichische Bioethikkommission, die den Bundeskanzler in medizinisch-ethischen Fragen berät, hat sich in diesem Fall aus Gründen der reproduktiven Autonomie der Frau bereits mehrheitlich für Social Egg Freezing ausgesprochen. Nun wurde eine Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie beantragt. Grund für die Auseinandersetzung mit dem Thema ist die Bürgerinitiative „Zukunft Kinder! – Für eine selbstbestimmte Familienplanung“ von Sabrina Krobath (siehe Streitgespräch links). Sie hat die 500 notwendigen Unterschriften erhalten, um im Parlament behandelt zu werden.

In anderen Ländern, wie etwa Deutschland und Tschechien, ist Social Egg Freezing bereits erlaubt. In den USA gibt es sogar Unternehmen, die die Kosten des Egg Freezing für ihre Arbeitnehmerinnen übernehmen. Während Österreich beim Social Egg Freezing konservativ und Deutschland liberal ist, verhält es sich bei der Eizellenspende umgekehrt: Diese ist in Österreich gesetzlich erlaubt und in Deutschland nicht. Für beides gilt allerdings: Forschung und Studien zu diesem Thema sind mangelhaft.

Eine Zahl gibt es aus der Schweiz: Die Anzahl an Frauen, die dort Social Egg Freezing in Anspruch nehmen, beträgt jährlich zwischen 300 und 400, mit einer stark steigenden Tendenz. Experten erwarten einen Anstieg auf 2000 bis 10.000 Frauen jährlich.

Eine Zahl gibt es aus der Schweiz: Die Anzahl an Frauen, die dort Social Egg Freezing in Anspruch nehmen, beträgt jährlich zwischen 300 und 400, mit einer stark steigenden Tendenz. Experten erwarten einen Anstieg auf 2000 bis 10.000 Frauen jährlich.

Enorme Kosten

Nach einer im Journal für Gynäkologische Endokrinologie berechneten Zahl betragen die Kosten für Eizellenentnahme und Lagerung in Deutschland im Schnitt 14.000 Euro (Annahme für eine 35-jährige Frau, mit drei notwendigen Stimulationen zu je 3000 bis 4000 Euro, Lagerungskosten zwischen 200 und 300 Euro pro Jahr, mit sieben Jahren Lagerung und Transferkosten von rund 2000 Euro); bei medizinischer Indikation werden die Kosten in Deutschland von der Krankenkasse übernommen.

In Österreich, wo die Eizellenentnahme bei medizinischer Indikation erlaubt ist, müssen die Kosten grundsätzlich selbst getragen werden. Es gibt aber einen vom Gesundheitsministerium eingerichteten Fonds (IVF-Fonds), der bei Erfüllung gewisser Kriterien – wie Alter und Partnerschaft – Kosten übernimmt. Wie auch immer die Politik nun entscheidet – es gibt Handlungsbedarf.

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