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Ein zweischneidiger Vorwurf

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Wenden wir uns nach dieser Klarstellung der innerösterreichischen Problematik zu, die durch die Aufhebung der Landesverweisung von Dr. Otto Habsburg-Lothringen ausgelöst wurde.

Dem Verwaltungsgerichtshof wird vorgeworfen, er hätte mit seinem Erkenntnis in die Rechte der Volksvertretung eingegriffen. Das Habsburgergesetz sehe eine Mitwirkung des Hauptausschusses des Nationalrats bei der Annahme der Loyalitätserklärung vor. Das hätte der Verwaltungsgerichtshof außer acht gelassen, als er in der Sache selbst entschied. Dieser Vorwurf ist zweischneidig, weil man ihn ebensogut der Bundesregierung machen könnte. Unbestrittenermaßen wurde die Erklärung von Dr. Habsburg nur im Schöße der Bundesregierung diskutiert. Der Hauptausschuß des Nationalrats wurde weder vom Einlangen einer derartigen Erklärung verständigt, noch von der Bundesregierung mit der Sache selbst befaßt.

Abänderung eines Urteils gibt es nicht

Eine weitere Erwägung geht. Arcen aus, daß der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof in der Sache von Dr. Habsburg verschiedene Rechtsauffassüngen in ein und derselben Fragen vertreten hätten. (Das stimmt ja gar nicht, da sich der Verfassungsgerichtshof nur nicht zuständig erklärte. Das kommt im Alltag der Gerichte sehr oft vor.) Die dadurch entstandene Rechtsunsicherheit könne nur das Volk als oberster Gesetzgeber im Wege der Volksabstimmung beseitigen. In juristische Einzelheiten

Doch erfordert die Frage einige aufklärende Bemerkungen. Die Bundesverfassung hat die Auslegung der Gesetze in letzter Instanz drei unabhängigen Richtergremien, dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Obersten Gerichtshof, übertragen. Den gesetzgebenden Organen steht auf diese Vollziehung nur insoferne ein Einfluß zu, als durch eine möglichst bedachtsame Formulierung der einzelnen Rechtsvorschriften allfällige Auslegungsschwierigkeiten, die in Zukunft auftreten könnten, zu verhindern sind.

Die Nachprüfung oder Abänderung eines richterlichen Urteils gibt es nicht einmal im Wege einer Volksmitwirkung. Die Bundesverfassung kennt nur ein „Volksbegehren“, das ist der Antrag, ein bestimmtes Gesetz zu erlassen, und die Volksabstimmung, das ist die Abstimmung des Bundesvolkes über einen bestimmten Gesetzesbeschluß des Nationalrats.

Um unmittelbar zur Person von 'DK OtW'Häbsbürg zurückzukehren: die Suche nach einem Weg, um die Landesverweisung doch wieder in Kraft setzen zu können, gefährdet das Ansehen der Republik und die Rechtssicherheit weit mehr als die Heimkehr eines Kaisersohns, der nunmehr ein Bekenntnis zur Republik und deren Gesetzen abgelegt hat. Es soll auch nicht vergessen werden, daß er sich immer, auch in Zeiten, in denen es nicht opportun war, für ein unabhängiges Österreich eingetreten ist.

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