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1967

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Die österreichische Regierung bewirbt sich um die Weltausstellung 1967 für Wien-Laxenburg. Der sommermüde gewordene Oesterreicher fragt sich vielleicht: Wozu jetzt diese Sorgen um 1967? Wozu brauchen wir in Oesterreich eine Weltausstellung? '

Ein kurzer Blick auf die große Ausstellung der USA in Moskau und die Gegenausstellung der UdSSR in New York zeigt, welche außerordentliche Bedeutung Ausstellungen größeren Formats heute haben. Die amerikanische Ausstellung hat erstmalig Millionen Russen ein wirklichkeitsgerechtes Bild von der Potenz der Vereinigten Staaten, ihrem Leistungswillen und ihren friedlichen Zielen vermittelt. Immer wieder hört man da aus dem Munde von Russen t „Ich habe nie geglaubt, daß es so etwas überhaupt gibt.“ Die Ausstellung der Sowjetunion in Amerika hat zumindest einen .bedeutenden Achtungserfolg erzielt. Wenn man dann noch die letzte Weltausstellung in Brüssel hinzunimmt, wird auch manchem Skeptiker klar: gerade heute haben, mehr als zuvor, Weltausstellungen und verwandte Repräsentativausstellungen eine politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und menschliche Bedeutung, wie vielleicht nie zuvor

Eine Weltausstellung vermittelt einer größtmöglichen Masse von Menschen Bilder anderer Hemisphären und Völker, die übersehen oder falsch gesehen werden. Leicht wiegt dagegen der Einwand, der anläßlich der Brüsseler Weltausstellung mehrfach laut wurde: ja, aber gewisse Staaten und Völker zeigen da ja gar nicht, wie es bei ihnen wirklich ist, sie zeigen nur Wunschbilder. Nun, Wunschbilder sind genau so interessant, wer sie nicht kennt, kann sich von der Zukunft kein Bild machen. Ohne Wunschbilder keine Zukunft!

Damit sind wir bei der österreichischen Perspektive der Weltausstellung 1967 gelandet. Der österreichische Vorschlag enthält 50 Seiten Text und 50 Seiten Bildmaterial. Da ist von neuen Autobahnen, mehreren ExprefistrąBen usw. d Rede. Sosehr wir eben die Bedeutung von Wunschbildern bei Weltausstellungen betonten, müssen wir in einem Atemzuge hinzufügen: das einladende Land hat mehr Realität als Wunschbilder vorzustellen. Das bedeutet für Oesterreich die Verpflichtung, wohldurchdachte wirtschaftlich-kulturelle Anstrengungen zu machen. Denn viele Fremde wollen dann nicht nur sehen, was die Weltausstellung, sondern was Oesterreich und Wien sonst noch zu bieten haben: als eine „Provinz“ im abfallenden Sinne oder als eine „pädagogische Provinz" der Menschheit.

Womit wir im engsten innenpolitischen Raum angelangt sind: Die Vorbereitungen zur Weltausstellung fordern ein enges und aufrichtiges, kordiales und intensives Zusammenarbeiten von Regierung und Stadt Wien, von beiden Regierungsparteien. Die Kulturpolitik, mit Einschluß der österreichischen Kulturpropaganda im Ausland, und die Wiener Festwochen der allernächsten Jahre sind der Prüfstein dafür, ob Oesterreich innenpolitisch reif ist, die Weltausstellung 1967 zu tragen, zu verantworten. In diesem Sinne sollte die von unserer Regierung unterzeichnete Bewerbung als eine Verpflichtung verstanden werden, großzügiger und großherziger als bisher, Oesterreichs Kultur und Kulturpolitik zu koordinieren: in einer Partnerschaft, die über die Zäune der eigenen Partei hinaussieht.

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