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Koexistenz im Donauraum

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Mit diesem zukunftweiscndcn Beitrag beschließt unser EKW-Mitarbeiter in New York die von unseren Lesern mit höchstem Interesse aufgenommene Aufsatzreihe „Oesterreichs Neutralität — von Amerika aus gesehen“. (Vgl. „Furche“, Nummer 22 und 23/1955.) Die „Furche“

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Mit diesem zukunftweiscndcn Beitrag beschließt unser EKW-Mitarbeiter in New York die von unseren Lesern mit höchstem Interesse aufgenommene Aufsatzreihe „Oesterreichs Neutralität — von Amerika aus gesehen“. (Vgl. „Furche“, Nummer 22 und 23/1955.) Die „Furche“

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Dem kleinen Oesterreich wurde von den Weltmächten eine große Aufgabe restituiert. Was uns 1918 genommen wurde, die historische Mitveiantwortung für die Gestaltung des Donau-laumes, das wurde uns 1955 in neuer Form wiederverliehen. Es liegt nunmehr an uns, daraus etwas zu machen.

. Während wir alle aufs tiefste fühlen, daß die in überraschenden Sturzbädern über unsere nichtsahnenden Geister sich ergießenden Ereignisse der letzten Wochen, die in der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages gipfelten, außerordentliche, ja providentielle waren, wie sie ein Volk nicht jedes Jahrzehnt erlebt, haben sich noch nicht alle Zeitgenossen innerhalb und außerhalb Oesterreichs vollkommen klar gemacht, worin eigentlich die ganze Tragweite der österreichischen Neutralität, des geistigen Bandes des Staatsvertrages, liegt. Von Oesterreich aus gesehen, könnte man begreiflicherweise sehr leicht der abschließenden Meinung sein: Endlich allein! Von Amerika aus gesehen, wo gerade der österreichische Beobachter sich unschwer eine ökumenische Ueber-sicht erwerben kann, hat Oesterreich mit diesem entscheidenden Schritt eine Weltverantwortung übernommen. Nicht alle Amerikaner sehen das, und manche, die es sehen, freuen sich nicht übermäßig darüber. Die österreichische Neutralität ist keine österreichische Privatangelegenheit; es ist das Symbol einer Weltfunktion, wie sie Oesterreich seit 1918 nicht mehr besaß, die ihm aber nunmehr durch die Weltmächte selbst in seltener Einheit (vielleicht weil sie noch gar nicht alle ihre Tragweite übersehen können) zugesprochen wurde.

Als bereits nach dem ersten Weltkrieg ein damals noch sehr kleines Häuflein österreichischer Patrioten die Schweiz als das nunmehrige Vorbild für Oesterreich erklärte, wurde diese Idee der „Verschweizerung“ von allen Seiten, die Macht in Oesterreich besaßen, im Keime erstickt. Heute ist Oesterreich faktisch seiner fundamentalen Aufgabe nach zu einer neuen östlicheren Schweiz geworden, deren brüderliche Bande zu der westlicheren Schweiz dadurch nur noch enger werden müssen. Denn wir werden vieles von den älteren Erfahrungen unseres Bruders zu lernen haben und vor allem auch wissen müssen, daß, was in Jahrhunderten organisch gewachsen ist, in beiden Fällen nicht wechselseitig kopiert werden kann. Schon jetzt zeigt es sich deutlich genug, daß die österreichische Neutralität ganz anders als die schweizerische mit einem weitaus stärker offensiv-f#de-tativen Konzept steht und fällt: Es ist nicht, damit wir allein sein können, daß uns die Welt die volle Freiheit gegeben hat, sondern damit wir eine weit über uns hinausgreifende Aufgabe erfüllen können.

Neutralität im Falle Oesterreich heißt nicht nur, daß wir zu unserem eigenen Glück herausgezogen wurden aus der gefährlichen Atmosphäre unabsehbarer Rivalitäten unter den Großmächten von heute, sondern darüber hinaus gerade in neutraler Funktion für den allgemeinen Weltfrieden keinen kleinen Beitrag leisten sollen. Der Weltfriede ist auf die Dauer niemals erreichbar durch bloße Vereinbarungen am Konferenztisch (so wichtig solche Entspannungen bleiben). Es können Konferenzen auch weiter voneinander wegführen. In Jalta haben drei zweifellos überdimensionale historische Persönlichkeiten, die heutzutage nicht ihresgleichen haben, im Grunde den „kalten Krieg“ grundgelegt. Wichtiger als alle Konferenzen zwischen den Staatsmännern ist, daß die Weltmächte neben sich auch noch etwas anderes gelten lassen, das durch seine bloße Existenz dem Weltfrieden dient. Sie können und müssen soviel Selbstzucht zeigen, um einen Zwischenraum kleiner Völker mitorganisieren zu helfen, eine dritte Sphäre neben ihren beiden eigenen, deren Neutralität von ihnen als eine geistige Macht anerkannt wird, die in ihrer Struktur bereits den Weltfrieden zwischen West und Ost vorwegnimmt. Konferenzen können sehr wertvolle kurze Friedensperioden bringen, was auch Jalta und Potsdam, getan-haben. Der Dauerfriede jedoch, der allein eine neue Zivilisation ermöglichen kann, muß aus einer Keimzelle konkreter politischer Ordnung erwachsen, in der die sittliche Koexistenz sozialer und nationaler Kräfte geübt werden kann. Es gab schon bisher einzelne Staatsmänner in Indien, Aegypten, Jugoslawien, die ihre besonderen Verdienste um die Idee der Neutralität haben. Oesterreich jedoch ist das erste Land, dessen Neutralität international proklamiert .worden ist. — Darin liegt unsere neue, weltweite Verpflichtung.

Schon im letzten Jahrzehnt, unter den denkbar ungünstigsten Bedingungen, hat es sich immer wieder gezeigt, was auch jetzt wieder von der Zusammenkunft in Moskau bis zum Abschluß des Staatsvertrages in Wien bestätigt worden ist, daß die Oesterreichcr eine in letzter Linie aus ihrer historischen Substanz herrührende, ihnen gleichsam angewachsene Fähigkeit besitzen, mit den Vertretern anderer Völker aufgeschlossen zu reden, selbst zur gleichen Zeit erfolgreich mit solchen, die einander mißtrauisch gegenüberstehen, ohne deshalb die eigene öster-l eichische Ueberzeugung preiszugeben. Wenn diese Fähigkeit, weiter kultiviert, jeweils von Staatsmännern verkörpert wird, die ebenso visionär wie taktvoll sind, so liegt darin allein schon die größte Chance, daß Oesterreich nunmehr in seinem eigenen Recht zu einem wertvollen Vermittler in den internationalen Spannungen wird, selbst wenn es an keinem entscheidenden Konferenztisch vertreten wäre. Der österreichischen Atmosphäre wird man die Lösung noch weitaus größerer Aufgaben in der weiteren Entwicklung zutrauen können.

Darin kann sich freilich die Idee, der Neutralität nicht erschöpfen, daß man zum liebenswürdigen Ga&tg'eber der streitenden Parteien wird. Auch die österreichischen Fachleute, die in steigendem Maße damit zu rechnen haben werden, gleich. ihren schweizerischen oder schwedischen Kollegen zu internationalen Verhandlungen und Kontrollen herangezogen zu werden, stellen nur eine Seite zukünftiger Möglichkeiten vor Augen. Was die Neutralität Oesterreichs werden und zum Weltfrieden beitragen kann, liegt wesentlich in seinem eigenen Schöße verborgen. Wie immer die internationale Garantie der österreichischen Neutralität juristisch am Ende aussehen wird, wichtiger ist, was Oesterreich selbst aus seiner Neutralität machen wird: welchen geistigen Standard der Neutralität es entwickeln, welche innerpolitischen Voraussetzungen ihrer maximalen Wirkung es nach außen festhalten und welche außenpolitischen Ziele es in letzter Linie verfolgen wird. Es ist ein kostbares, wenn auch heikles Gefäß, die Neutralität, deren, Inhalt Oesterreich allein bestimmen und sicherstellen kann. Man wird von der Ferne, jenseits des Ozeans her, wo, über das engere österreichische Interesse hinaus, das Weltinteresse zu einer täglichen, eindrucksvollen Erfahrung wird, den Oesterreichern in der Heimat drei Erkenntnisse wünschen dürfen, aus denen sie die Praxis der österreichischen Neutralität aufbauen sollten.

So wie die wiedererlangte Souveränität zweifellos die große Versuchung in sich schließt, das alte innerpolitische Spiel nunmehr in größerer Ellbogenfreiheit wiederaufzunehmen, um, aller aufgezwungenen Hemmungen entledigt, verflossene innerpolitische Abläufe aufs neue zu inszenieren, so gewährt die neue Freiheit nicht minder auch die große Möglichkeit, sich einer neuen innerpolitischen Verantwortung vor der ganzen Welt bewußt zu werden, auf Grund derer, man auf beiden Seiten jede neue innerpolitische Entscheidung oder Wendung auch in ihrer außenpolitischen “Trag-' weite zu beurteilen lernt. In der Tat hat allein die innerpolitische Koalition der beiden österreichischen. Staatsparteien erreicht, daß der österreichische Staat.nach den Katastrophen der letzten Jahrzehnte einen gemeinsamen politischen Inhalt hat, der es wert ist, von beiden Seiten her in das eigene parteipolitische Denken aufgenommen zu werden. Alle Probleme, die mit der Souveränität auftauchen, worüber man in einer Demokratie-legitimerweise verschiedener Meinung se'n kann, dürfen nicht an dem Grundprinzip rühren, daß jede ihrer internationalen Funktion bewußte und ihr auch gewachsene österreichische Neutralität auf gewissen innerpolitischen Voraussetzungen beruhen muß: sie bedarf entweder der konstruktiven Weiterführung der Koalition oder aber der selbstverständlichen demokratischen Anerkennung des Zweiparteiensystems, das heißt der Bereitschaft jeder Administration von heute, der Administration von morgen ohne Ressentiment den Uebergang zu ermöglichen, ebenso aber auch der selbstverständlichen konservativen Bereitschaft jeder neuen Administration, die staatspolitische Linie der alten Administration fortzusetzen. Wenn das amerikanische politische System irgend etwas lehren kann, dann ist. es dieses Zweiparteiensystem, von dem der Abweg nur zum Einparteiensystem und seinen Katastrophen führen kann. Denn Demokratie heißt staatspolitische Toleranz der beiden Staats-parteien im Neben- oder Nacheinander ihrer verantwortlichen Führung.

Erst auf solcher innerpolitischen Grundlegung lassen sich die außenpolitischen Sonderaufgaben Oesterreichs vom Standpunkt des Weltfriedens ernsthaft in Angriff nehmen, auf deren traditioneller Erfüllung überhaupt erst die Prämie stehen wird, daß die österreichische Neutralität aus einer genialen Schöpfung des Augenblicks zu einem europäischen Dauerinstitut wird. Unter diesen außenpolitischen Aufgaben steht in erster Linie der realistische Beitrag, den Oesterreich in Weiterführung der internationalen Entspannung dadurch leisten kann, daß es seine unaufdringliche, geduldige, aber entschlossene Mitarbeit zur Verbreiterung des neutralen Blockes anmeldet, der die Weltmächte in ihrem'eigenen Interesse voneinander trennt. In der mehr defensiven westlichen Komponente bedeutet dies die Intensivierung der brüderlichen Verbundenheit mit der Schweiz, aus deren historischer Erfahrung Oesterreich ■wird schöpfen können. In der eher offensiven östlichen Komponente der österreichischen Außenpolitik aber handelt es sich in erster Linie um die, Beziehungen Wiens zu Prag und Budapest. Darin liegt die große, im Kern berechtigte Hoffnung der amerikanischen Oeffent-lichkeit, daß die österreichische Neutralität eine Anziehungskraft auf Ungarn und die Tschechoslowakei auszuüben fähig sein werde. Man wird sich diese Möglichkeit Oesterreichs, an der Verbreiterung der Neutralisierung mitzuwirken, gewiß nicht nach den primitiveren Vertretern solcher amerikanischen Hoffnung als ein Herausbrechen dieser Satellitenstaaten aus dem russischen Gefüge vorstellen dürfen, das sich eben erst eine neue militärische Form gegeben hat. Doch könnte es wohl sein, daß in der weiteren Entwicklung? der gesamteuropäischen Verhältnisse Rußland, so wie es in überraschender Weise die Idee der österreichischen Neutralität aufgegriffen und sein eigenes Interesse darin gewahrt gesehen hat, ebenso auch eines Tages, der gar nicht ellzu fern zu sein braucht, im Gesamtrahmen des zu erwartenden europäischen „do ut des“ auch in der fortschreitenden Neutralisierung einzelner seiner eigenen östlichen Partner einen Wert zu sehen lernt. Nachdem auch Jugoslawien zu den neutralen Staaten gehört und dies neuerdings besonders unterstreicht, so wäre ein n e u-traler Block von vier dönau-ländischen Staaten durchaus ein realpolitisches Konzept, das in jeder der kommenden Phasen west-östlicher Verhandlungen auftauchen kann, weshalb auch die Außenpolitik Oesterreichs darauf eingestellt sein sollte. Sicher ist, daß Oesterreich in vielfacher Weise zeigen kann, wie sehr der Inhalt seiner eigenen Neutralität zwangsläufig von der immer stärkeren Hinordnung auch seiner unmittelbaren Nachbarstaaten und ältesten Partner, Ungarn und der Tschechoslowakei, zur Neutralität abhängt. Oesterreich kann um so neutraler sein, je meht es auch diese beiden Staaten schrittweise werden, und es muß um so stärker wieder außenpolitisch in seine vorneutrale Haltung zurückfallen, je zäher sich seine Nachbarn gegen die Idee der Neutralität sträuben. Die Weltmächte haben die grandiose Möglichkeit, dazu in ihrem ureigensten Interesse, die österreichische Neutralität dadurch zu stützen,- indem die eine Seite jeden allzu massiven wirtschaftlichen Druck vom Westen her vermeidet, während die andere Seite wieder jede allzu krasse politische Einkreisung vom Osten her unterläßt. Letzteres kann gerade dadurch am deutlichsten zum Ausdruck gebracht Werden, daß Rußland in steigendem Maße die für Oesterreich unerläßlichen Partner, Ungarn und die Tschechoslowakei, freigibt, ohne die der Donauraum nicht reorganisiert werden kann. Mit anderen Worten: Wien steht heute faktisch über Nacht dort, wo Triest schon längst hätte stehen können, wenn die Amerikaner diese Chance begriffen hätten. Der Unterschied ist nur, daß Wien, wenn es seine Stunde erkennt, mit weitaus größerer Chance, freilich auch mit weitaus größerem Risiko bei jedem falschen Schritt, selbst in Angriff nehmen kann, was Amerika auf alle Fälle von der Adria aus nur hätte einleiten können: die entscheidenden, grundlegenden Aktionen zur Rekonstruktion des Donauraumes. Weil es ein Risiko gibt, darf eine Chance niemals ausgeschlagen werden. Denn die Geschichte ahndet oft schon das Nichtergreifen einer Chance nachdrücklicher als einen bloßen Fehlgriff in den Mitteln,.

In den kommenden Jahren wird die österreichische Regierung in vielen Fragen, die der Triester gleichen werden, nicht mehr sagen können, daß sie deshalb daran desinteressiert sei, weil es eine Sache dieser oder jener Großmacht sei, eine Entscheidung zu treffen. Die Interessen Oesterreichs werden sie vielmehr zwingen, eine Meinung zu haben und die Stimme zu erheben. Unter Ausnützung aller sich bietenden Möglichkeiten wird die österreichische Außenpolitik im Donauraum dafür Sorge tragen müssen, daß die donauländische Entwicklung, die allein die historische Existenzberechtigung eines neutralen Oesterreich der Welt zu beweisen und als eine Dauernotwendigkeit einzuprägen vermag, weitergeht. Die neue, große Chance liegt nunmehr darin, daß die Weltmächte selbst in steigendem Maße auf dem Wege der Erkenntnis sind, daß die Neutralität gewisser Zwischenstaaten für sie besser ist als deren Inkorporation in ihr eigenes System, und daß alle Aussicht besteht, daß diese Erkenntnis in allernächster Zeit noch wachsen wird.

Aber ist dies nicht eine übertriebene Hoffnung? Warum sollten die Weltmächte eine Rekonstruktion des Donauraumes ernsthaft in die Wege leiten wollen? Die Antwort ist für Rußland näherliegender als für Amerika. Den Russen kann jederzeit die besondere traditionelle Beziehung des kommunistischen Regimes zum zaristischen gerade in der Außenpolitik klarmachen, welche europapolitische Funktion auch heute noch, ja heute erst recht wieder, der Koexistenz der Donauvölker zukommt. Die überraschende Freigabe Oesterreichs durch Rußland kann in diesem Lichte geradezu als der Gegen-schachzug gegen die Wiederaufrüstung Westdeutschlands aufgefaßt werden. Man muß nur bereit sein, sich vorzustellen, daß es auch für Rußland nicht unmöglich ist, gerade aus seinem realistischen („marxistischen“) Ansatzpunkt eine totale Mobilisierung historischer, politischer und wirtschaftlicher Kräfte gegen die bloß militärischen Argumente Amerikas ins Auge zu fassen. Wenn dem so ist, dann haben die Russen freilich mit der Neutralisierung Oesterreichs mehr als bloß einen Köder für die Westdeutschen ausgelegt, wie die Amerikaner vorwiegend annehmen; sie haben vielmehr in der Tat das erste Kernstück einer Gegenorganisation der Donauvölker gegen jede neue Nationalisierung und Militarisierung Gesamtdeutschlands ins Leben gerufen. Diese letztere mag unvermeidlich geworden sein, dann aber soll Sie nicht im leeren Raum sich widerstandslos vollziehen dürfen. So wie die Russen diese Zusammenhänge immer stärker verstehen lernen) weil sie die russische Tradition vom europäischen Gleichgewicht nicht ganz vergessen haben, so besteht alle Hoffnung, daß auch die Amerikaner auf dem Wege über die Engländer und Franzosen, denen diese Gedanken ebenfalls nichts Neues sind', sie verstehen werden, sobald sie ihnen in einem Schema des machtpolitischen europäischen Ausgleiches entgegentreten.

Als ein alter Gegner jeder Form des Bündnisses, Anschlusses oder Zusammenschlusses Oesterreichs mit Deutschland (der deshalb in Oesterreich dem akademischen Ostrazismus verfiel) sage ich dies alles in der freundschaftlichsten Gesinnung für ein demokratisches Deutschland, das sich in die europäische Gesamtordnung (die allerdings keine bloß westliche sein kann) einfügt. Gerade die tapfersten demokratischen Kräfte Deutschlands (unter denen die bewußtesten Oesterreicher immer die besten Freunde hatten) werden die strukturelle, unaufhebbare, für das europäische Gleichgewicht unentbehrliche Gegenposition Oesterreichs und der Donauvölker gegen jedes Wiederaufleben des deutschen Nationalismus und Militarismus auf der ganzen Linie begreifen und dafür dankbar sein. Deshalb muß Wien, muß Rußland, müssen die Donauvölker, muß Deutschland und muß in letzter Linie auch Amerika, wenn es seine militärischen Ziele politisch wirklich ernst nimmt, die Rekonstruktion des Donauraumes wollen, weil darin die eigentliche Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichtes liegt. Ohne europäisches Gleichgewicht aber ist Gesamtdeutschland, selbst wenn es als demokratischer Staat beginnt, eine immanente Dauergefähr. Nachdem die Donaunionarchie, das politische Kunstwerk von Jahrhunderten, • unter der Naturgewalt von Sieg und Niederlage im ersten Weltkrieg durch ein trägisches Zusammenwirken innerer und äußerer Umstände zerstört worden ist, wird es vielleicht noch Gehe-

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