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Bewegliche Ziele

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„Einstimmig für Gratz' neues Team“ betitelte die „Arbeiter-Zeitung“ ihren Bericht über die Vorstellung der neuen sozialistischen Stadträte durch den Wiener SP-Vorsitzenden und Bürgermeister. Ein großflächiges Bild darunter zeigte den aus dem Stadtrat geschiedenen Fritz Hofmann, der künftig für Leopold Gratz die Wiener SPÖ führen soll — sowohl als geschäftsführender Parteiobmann-Stellvertreter wie auch als De-facto-SPÖ-Lan-desparteisekretär. Er ist Vorsitzender des Wiener Ausschusses der SPÖ, jenes Gremiums, das letztlich über die neuen SP-Stadt-räte im Wiener Rathaus entschied. Für eine kampffreudige Opposition allesamt bewegliche Ziele.

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„Einstimmig für Gratz' neues Team“ betitelte die „Arbeiter-Zeitung“ ihren Bericht über die Vorstellung der neuen sozialistischen Stadträte durch den Wiener SP-Vorsitzenden und Bürgermeister. Ein großflächiges Bild darunter zeigte den aus dem Stadtrat geschiedenen Fritz Hofmann, der künftig für Leopold Gratz die Wiener SPÖ führen soll — sowohl als geschäftsführender Parteiobmann-Stellvertreter wie auch als De-facto-SPÖ-Lan-desparteisekretär. Er ist Vorsitzender des Wiener Ausschusses der SPÖ, jenes Gremiums, das letztlich über die neuen SP-Stadt-räte im Wiener Rathaus entschied. Für eine kampffreudige Opposition allesamt bewegliche Ziele.

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Für das Ressort Baudurchführung wurde der 63jährige Bundesrat und ÖGB-Vizepräsident Hans Book über Wunsch von ÖGB-Präsident Anton Benyia genommen. Er war unter Olah Zentralsekretär der Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter. Im Olah-Prozeß spielte er eine äußerst undurchsichtige Rolle, seine hohe Punktion im OGB verdankt er der Tatsache, daß er sieh rechtzeitig von

seinem Förderer Olah ab- und Benya zuwendete.

Das Ressort Bauplanung wird der Kärntner Rudolf Wurzer, Professor an der Technischen Hochschule in Wien, leiten. Wurzer, seit 1951 Mitglied der SPÖ, verband zwischen 1966 und 1970 ein enges Verhältnis mit Bundeskanzler Klaus. Er beriet die ÖVP-Regierung in Raumondnungsf ragen und war 1969 als Staatssekretär im Bundeskanzleramt im Gespräch. Mit seiner Bestellung wollte Klaus einleiten, was heute Kreisky zur Hochblüte gebracht hat: Die Verpflichtung von Persönlichkeiten aus dem gegnerischen Parteilager für das Regierungsteam. Der in der Partei völlig machtlose Wurzer wird es nicht leicht halben, sich gegen die sozialistischen „Bezirkskaiser“, vor allem aber gegen den für die Baudurchführung zuständigen Gewerkschafter Böck durchzusetzen. Der dritte Mann im Bunde der beweglichen Oppasitions-Ziele ist Heinz Nittel, Parteisoldat in der zweiten Reihe der Wiener SPÖ. Er begann seine politische Laufbahn als Obmann der Sozialistischen Jugend, setzte sie als Bezirkssekretär der SPÖ-Floridsdorf fort, wurde Nachfolger von Fritz Hofmann als Lan-desparteisekretär und machte sich in dieser Funktion einen Namen im Wiener Bauring-Skandal. Obwohl noch nicht abzusehen ist, in welche Richtung sich der Bauring-Prozeß entwickeln wird, ist mit Zeugeneinvernahmen von Heinz Nittel zu rechnen. Da er, bedingt durch seine neue Punktion als Stadtrat, sein Nationalratsmandat abgeben muß und wahrscheinlich erst 1978 in den Wiener Gemeinderat einrücken kann, besitzt er derzeit keine Immunität.

Keiner der drei neuen sozialistischen Stadträte zählt zum engen Freundes- und Bekanntenkreis von Bürgermeister Gratz. Er, der nach dem Einsturz der Reichsbrücke von seiner Partei mit großen Vollmachten ausgestattet wurde, hat — wieder einmal — völlig resigniert, sich von den diversen Machtgruppen Männer, die kaum so ganz nach seinem Geschmack sind, aufdrängen lassen. Damit ist über die Reform der Wiener Rathausibürokratie alles gesagt. Sie hat nicht stattgefunden.

Ob Gratz nicht w,iil oder nicht kann, läßt eich schwer beantworten. Einer seiner Gegenspieler, Fritz Hofmann, ist mächtiger denn je, verfügt überdies über das volle Vertrauen von ÖGB-Präsident Anton Benya, dessen Büro die Gattin von Fritz Hofmann leitet. Sieht man von Peter SChieder und Alois Stacher ab, ist Leopold Gratz dm Stadtsenat isoliert.

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