7065458-1992_02_13.jpg
Digital In Arbeit

„Die Arbeit des Menschen" in der Malerei

Werbung
Werbung
Werbung

„Die Arbeit des Menschen in der Malerei von Goya bis Kandinskij" heißt eine in ihrer Art noch nie dagewesene prachtvolle Ausstellung, die kürzlich im Vatikan eröffnet Wurde. Sie stellt auf ihre Weise einen Beitrag zum hundertsten Jahrestag der Enzyklika „Rerum Novarum" dar, die sich bekanntlich mit den Arbeitsbedingungen der Menschen im angehenden Industriezeitalter befaßt hat.

Handwerker, Bergwerksleute, Fischer, Kohlenbrenner, Holzfäller, auch Bettler, sind die Hauptpersonen der ausgestellten Werke, deren 100 aus vielen Museen der Welt, sind 100

Tage lang - bis zum 1. März dieses Jahres - mit einer Versicherungssumme von 100 Milliarden Lire (eine Milliarde Schilling), zum 100. Geburtstag von „Rerum Novarum" zu sehen. Das einzige, was sich verdoppelt ist die zu erwartende Besucherzahl, die man auf 200.000 schätzt.

Ende des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der das Weltbild sich durch den industriellen Fortschritt völlig veränderte und die sozialen Probleme explodierten, versuchten viele der damaligen Künstlerdiese neuentstandene Situation und die unbekannten

„Helden der Arbeit" in ihren Bildern zu verewigen. Daß es ihnen gelungen ist, beweist die sensationell schöne Schau, die Werke aus dem 19. und dem angehenden 20. Jahrhundert im „Braccio Carlo Magno", dem links der Kolonnaden des Petersplatzes liegenden Raum, versammelt hat. Seit einiger Zeit wird dieser bereits von Lorenzo Bemini als Verbindung der Stadt Rom zum Kirchenstaat gedachte Gang für Ausstellungen verwendet.

„Da die Kunst oft den geschichtlichen Ereignissen vorauseilt", meint Giovanni Carandante, der wissenschaftliche Berater des Vatikans für diese Ausstellung, beginnt die Schau mit dem Porträt der Wasserverkäuferin von Francisco Goya aus dem Jahre 1810 und endet mit dem kubistischen Bild von Picasso „Die Fabrik in Horta de Ebro", um 1909 entstanden. Und eben von den „Rerum Novarum", von den „neuen Dingen", von den durch die industrielle Revolution entstandenen neuen sozialen Verhältnissen, berichten diese Bilder.

Sie reichen von den französischen Impressionisten über die toskanischen Maler des 19. Jahrhunderts, von Van Gogh zu Gauguin, von Cezanne zu Daumier und sogar bis Kandinskij, von Picasso bis zu den Fauves, zu den Anfängen des Kubismus und zum deutschen Expressionismus. Als Emblem der Ausstellung wurde der Luftballon des Ungarn Szi-nyei Merse gewählt. Man sieht den Reiz der ersten Eisenbahnen in William Turners „Rain, Steam

and Speed", oder Kandinskijs „Eisenbahn bei Mumau", einem Werk an der Schwelle zum Abstrakten, oder in dem beeindruckenden „Waggon der dritten Klasse" von Daumier.

Aber auch die Feldarbeiten sind dargestellt: Man kann die Kartoffel pflanzenden Bauern von Jean Fran-cois Millet bewundem - Kartoffel die dann im ersten vollendeten Ölbild von Van Gogh gegessen werden; oder das prachtvolle Riesengemälde des Ita-

lieners Giovanni Fattori „Die Viehherden in der Maremme". Der kubi-stische Messerschleifer von Konstantin Malewitsch ist zu sehen und die vonConstantinMeuniersoeindrucks-voll dargestellten Zustände in Fabriken oder in den Bergwerken, aber auch die ersten Streiks.

Diese Ausstellung ist die erste von drei Veranstaltungen des Projektes ARATOR Artem Religio Äuget Ter-ram Omniaque Redimit), die das Engagement der Kirche bei sozialen Problemen veranschaulichen soll. Die nächste wird im Kolumbus-Jahr 1992 „Die Neue Welt zwischen Eroberung und Evangelisation" heißen und für den Winter 1993 ist „Der Mensch und die Umwelt" vorgesehen, ein zentrales Thema der Botschaft des Papstes zum Weltfriedenstag.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung