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Unnötige Dämpfer

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Finanzminister und Sozialminister fordern Umverteilung, der Kanzler, zugleich ihr Parteichef, pfeift sie zurück. War 's die in Wahlkämpfen übliche Regie der SPÖ, Linken und Rechten zugleich etwas zu bieten, oder bloß ein sommerlicher Regiefehler? Es war jedenfalls ein unnötiger Dämpfer zum unpassendsten Zeitpunkt für die Leistungswilligen dieses Landes.

Die Feststellung, die Krankenversicherung sei für alle, die mehr als die Höchstbemessungsgrundla-ge für die Sozialversicherung (36.000 Schilling brutto pro Monat) verdienen, „ein gutes Geschäft", ist zudem eine peinliche sachliche Entgleisung des Sozialministers. Oder steigen etwa die Leistungen der Krankenkasse mit dem Einkommen? Mit dem Einkommen steigt hingegen jetzt schon - bis eben zur Höchstbe-messungsgrundlage — der Beitrag zur (Pflicht-)Krankenkasse. Ein Phänomen, das von Ökonomen zweifelsfrei als klassische Umverteilung klassifiziert wird.

Solange das System auf den Namen „Versicherung" hört, wären nämlich gleich hohe Beiträge für alle Versicherungsnehmer das sachlich einzig Richtige. Private Krankenversicherer, die ihre Prämien nach dem Einkommen ihrer Versicherungsnehmer staffeln wollten, müßten schnell zusperren.

Im Prinzip kann man natürlich über jede Abgabe, jeden Preis (für Brot, Milch et cetera) umverteilen, wenn der politische Konsens dafür vorhanden ist. Sinnvoll - und diese Frage wurde nicht nur von Theoretikern, sondern von den Ergebnissen des realen Sozialismus im Osten und auf Kuba ein für alle Mal beantwortet! - ist die Umverteilung nur über die Lohn- und Einkommensteuer, ergänzt durch Transferzahlungen wie zum Beispiel die Familienbeihilfe. Will man auch mit den Sozialversicherungsbeiträgen Umverteilung machen, dann sollte man aber wenigstens den Mut haben, sie in „Sozialsteuer" umzubenennen.

Und im übrigen möge man damit aufhören, so zu tun, als ob die „Besserverdienenden" ihr Einkommen immer glücklichen Umständen, und die „Schlechterverdienenden" ihr niedriges Einkommen ausschließlich Schicksalsschlägen zu verdanken haben.

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