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Elitetrupp der Kirche

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„Opus Dei“ ist ein Reizwort. Man spricht freilich mehr über angebliche oder echte Geld- und Machtmittel dieser Erneuerungsbewegung als über ihr ursprüngliches Ziel.

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„Opus Dei“ ist ein Reizwort. Man spricht freilich mehr über angebliche oder echte Geld- und Machtmittel dieser Erneuerungsbewegung als über ihr ursprüngliches Ziel.

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Seit Anfang des 20. Jahrhunderts sind innerhalb der katholischen Kirche viele Erneuerungsbewegungen entstanden, die alle das gleiche Ziel haben: Christsein wieder zum Mittelpunkt des persönlichen Lebens zu machen. Die

Art und Weise, dies zu verwirklichen, ist jedoch verschieden. Eine dieser Bewegungen, das sogenannte „Werk Gottes“ („Opus Dei“), wurde 1928 durch den spanischen Priester Josemaria Escrivä de Balaguer gegründet.

Was will Opus Dei eigentlich? Escrivä drückte es so aus: „Seit 1928 predige ich, daß die Heiligkeit keine Sache für Privilegierte ist, sondern daß alle Wege der Erde, alle Stände, alle Berufe, alle rechtschaffenen menschlichen Aufgaben Wege Gottes sein können. Alle Menschen ohne Ausnahme ruft Christus auf, vollkommen zu sein.“ Also: Den Alltag heiligen, das Streben nach Vollkommenheit, und dies „inmitten der Welt“.

Wie setzt sich Opus Dei zusammen? Es gibt eine männliche und eine weibliche „Abteilung“, die unabhängig voneinander arbeiten. Kern der Gemeinschaft sind die „Numerarier“. Sie leben in Gemeinschaft und stellen ihre Einkünfte dem Werk zur Verfügung. Auch sollten sie ein abgeschlossenes Studium haben. Intern absolvieren sie zusätzlich ein theologisch-philosophisches Studium.

• Die weibliche „Abteilung“ hat eine Unterteilung, die „Numeriae auxiliares“, Hausangestellte von einfacher Herkunft und geringem Bildungsstand. Sie widmen sich ausschließlich der Bewirtschaftung der bewegungseigenen Häuser. Die „Assoziierten“ leben

wie die Numerarier, jedoch nicht in einer Wohngemeinschaft.

Die größte Gruppe im Opus Dei bilden die „Supernumerarier“. Sie leben dem Familienstand angepaßt. Außerdem gibt es noch „Mitarbeiter“, die das Werk fördern und an dessen Initiativen teilnehmen. Unter ihnen sind auch Nichtkatholiken und NichtChristen. Am 23. August 1982 wurde Opus Dei von Papst Johannes Paul II. zu einer Personalprälatur erhoben. Das heißt, daß das Werk einen eigenen Klerus hat, der von der Hierarchie der Ortskirche unabhängig ist.

Wogegen kämpfte Escrivä, und in der Folge Opus Dei? In einem seiner Briefe spricht de Balaguer von drei Flecken, die die Welt verschmutzen:

1. dem marxistischen Atheismus,

2. dem Vordringen „losgelassener Sinnlichkeit“,

3. der Tendenz, Gott ins Privatleben und damit unter die subjektive Anschauung eines menschlichen Gewissens zu stellen, also die Verdrängung Gottes aus dem öffentlichen Leben.

Was hat Escrivä seinen „Nachfolgern“ hinterlassen? Er glaubte an die Autorität des Priesters, an den Gehorsam und die zentrale Einheit, die das Werk geschlossen hielt. So schrieb er in seinem Buch „Der Weg“ (1939), das von den Mitgliedern auch heute noch getreu befolgt wird: „Gehorchen — sicherer Weg. Dem Vorgesetzten mit rückhaltlosem Vertrauen gehorchen - Weg der Heiligkeit. Gehorchen in deinem Apostolat — der einzige Weg; denn in einem Werk Gottes muß dies der Geist sein: daß man gehorcht oder geht.“ (Grundsatz 941)

Umstritten ist das „Auswahlprinzip“, das Opus Dei hin und wieder anwendet. Laut Interview, das Peter Hertel (Redakteur des Norddeutschen Rundfunks) mit dem ehemaligen Opus-Dei-Prie-ster und engem Vertrauten Es-criväs, Vladimir Felz-mann, geführt hat, entwarf der Gründer eine regelrechte Strategie, getreu dem Grundsatz: „Wer ein Land beherrscht, bestimmt auch dessen Religion.“ So ist das Opus Dei an Erbadel, Geist, Geld und Position interessiert. Es sucht führende Leute für sich zu gewinnen, um sich in einem bestimmten Bezirk einen Zugang zu verschaffen, von dem aus es dann „nach unten“ arbeitet.

In Wien leitet Opus Dei zwei Jugendclubs. Enrique Prat, Numerarier, dazu: „Sie sind grundsätzlich für Schüler von zehn bis achtzehn Jahren. Was dort gemacht wird, sind hauptsächlich Tätigkeiten, die mit der Schule zusammenhängen. Der Schwerpunkt liegt bei der Hilfe und Anleitung, die schulischen Verpflichtungen gut zu machen.“ Aber auch für die Freizeitgestaltung gibt es vielfältige Angebote, wie Sport, Basteln, Skikurse, Ausflüge...

Eine Bewegung, auch wenn sie „alt“ erscheint, ist immer auf dem Weg. So hat Opus Dei - zumindest in Österreich — noch nicht den richtigen Weg gefunden, sich sozial zu engagieren. Aber, wie Enrique Prat versichert, wird auch dies in Zukunft geschehen.

Vertreten ist das Werk in 87 Nationen und allen fünf Kontinenten mit insgesamt rund 75.000 Mitgliedern. Etwa zwei Prozent davon sind Priester.

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