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Digital In Arbeit

Sicht durch die Arbeit heiligen

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Am 28. November wurde die internationale Institution Opus Dei offiziell als Personalprälatur errichtet, gleichzeitig ernannte Papst Johannes Paul II. den Generalpräsidenten des Opus Dei, Alvaro dei Portillo, zum Prälaten. Die neue kirchenrechtliche Organisationsform entspricht genau dem Wunsch des 1975 verstürbenen Gründers Monsignore Escri-vä de Balaguer, dessen Seligsprechungsprozeß seit zwei Jahren im Gang ist.

Gelegentlich wird Opus Dei — trotz zahlloser Proteste seiner Leitung — mit politischen Ereignissen in einigen Ländern in Verbindung gebracht oder durch mancherlei vage Vermutungen in den Dunstkreis ökonomischer Affären gerückt. Dem Selbstverständnis dieser Institution widersprechen derlei Gerüchte und Behauptungen deshalb diametral, weil sie ihre Aufgabe ausschließlich in der spirituellen Betreuung ihrer Mitglieder sieht, die in allen zeitlichen Fragen dieselbe Freiheit wie alle Katholiken genießen, und in Politik, Wirtschaft und Kultur auch tatsächlich sehr verschiedene, nicht selten konträre Standpunkte beziehen, die offensichtlich nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können, schon gar nicht den des Opus Dei.

Die Quintessenz der vom Opus Dei seit der Gründung 1928 verbreiteten Botschaft ist rein religiös. Sie besteht in der anfangs für viele revolutionär, ja sogar häretisch klingenden, vom II. Vatika-num aber schließlich feierlich bestätigten Lehre von der Berufung aller zur Fülle des christlichen Lebens.

Um die Erlangung der christlichen Vollkommenheit also geht es dem Opus Dei, und zwar nicht nur in der Welt, sondern gewissermaßen durch die Welt. Was von vielen als ein Hindernis für die Vereinigung des Menschen mit Gott angesehen wurde — die „negotia saecularia"tdas Gewirr der familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen — wird in der Spiritualität des Opus Dei zum eigentlichen Mittel der Selbstheiligung.

„Die Arbeit heiligen, sich selbst heiligen durch die Arbeit, und die anderen durch die Arbeit heiligen" — so lautet die vielleicht treffendste Synthese des Anliegens des Opus Dei, die sein Gründer selbst gegeben hat.

Für Escrivä de Balaguer bedeutet dieses Streben nach einem wahrhaft christlichen Leben inmitten der Welt — in der Fabrik oder auf dem Acker, am Lehrstuhl der Universität oder an der Börse, im Parlament oder im Haushalt — echte Verfügbarkeit für Gott mit allen ihren Konsequenzen, in vielen Fällen einschließlich des Zölibats, jedenfalls aber intensives Gebetsleben im Alltag und beherztes persönliches Engagement für das Apostolat im eigenen Milieu.

In der Tat stellt das Opus Dei in der katholischen Kirche des 20. Jahrhunderts ein pastorales Unikum dar, das in die bestehenden kirchlichen Organisationsschemata nicht einmal gewaltsam einzuordnen war. Schon 1943 waren dem Opus Dei vom Heiligen Stuhl zur Verwirklichung seiner apostolischen Zwecke eigene Priester zugestanden worden. 1947 erfolgte die Approbation des Werkes als Säkularinstitut der katholischen Kirche, die diese Art von Vereinigungen soeben erst — ad hoc — geschaffen hatte.

Bald stellte sich jedoch heraus, daß damit noch nicht eine dem Opus Dei wirklich angemessene Organisationsform gefunden war, denn die Säkularinstitute, die seither auf mehr als hundert angewachsen sind, nahmen — aufs Ganze gesehen — eine Entwicklung, die deutlich auf eine zunehmende Anpassung an die Lebensweise und Mentalität der Ordensleute ausgerichtet war.

Dieses besondere spirituelle Ideal des Werkes hat, wie Johannes Paul II. es kürzlich in einer Ansprache formulierte, „von Anfang an jene Theologie vom Laientum in der Kirche vorweggenommen, die dann für die Kirche des Konzils und der nachkonziliären Zeit kennzeichnend war": die Einsicht in die spezifische, unersetzbare und eigenverantwortliche ekkle-siale Funktion der Laien in der Kirche, in Verbindung mit ihrer Berufung zur Heiligkeit inmitten der Welt.

So ist es nicht verwunderlich, daß im Konzil auch neue kirchliche, nicht dem Ordensrecht angeglichene, sondern weltliche Organisationsmuster vorgesehen wurden, die diesem Anliegen der Weckung einer wahren Laienspiritualität dienstbar gemacht werden können.

Das Dekret über Leben und Dienst der Priester stellte in diesem Sinn die Schaffung von.Per -sonalprälaturen „für spezifische pastorale Aufgaben" in Aussicht, „die in einer bestimmten Gegend oder Nation oder sogar auf der ganzen Welt durchgeführt werden müssen".

Wenn das Opus Dei nun in die erste Personalprälatur der Geschichte der katholischen Kirche umgestaltet wird, so liegt darin nicht nur die Lösung eines langwierigen institutionellen Problems — die wesensgerechte Einbindung dieses pastoralen Phänomens in die kirchlichen Jurisdiktionsstrukturen —, sondern auch ein bemerkenswerter Beitrag zur Förderung jener an alle Gläubigen gerichteten Aufforderung des Konzils, nach der Fülle des christlichen Lebens zu streben.

Die Autorin ist pädagogische Leiterin des außerschulischen Bildungszentrums Jugendklub „Stubentor" in Wien, in dem Opus Dei für die religiöse Bildung verantwortlich ist.

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