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Logik des Mythos

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Der Sammelband „Alter Orient — Mythos und Wirklichkeit“ erschien in seiner ersten deutschsprachigen Ausgabe 1954 unter dem Titel „Frühlicht des Geistes“. Die Neuausgabe ist zu begrüßen. Dies gilt bereits für die Einfühung von H. und H. A. Frankfort.

Fern aller Romantizismen, aller Klitterungen, aller Spekulationen (was lädt mehr zum „Spekulieren“ ein als „der Mythos“), stellen hier die beiden Verfasser die fundamentalen Unterschiede des Denkens in der Welt des alten Orients und in der Hemisphäre neu-europäischer Geisteswelt dar.

Für den heutigen Menschen ist die Erscheinungswelt in erster Linie ein „Es“ — objektiviert, für den antiken Menschen ist sie ein „Du“: das überall, in einem „Raum“ und in einer „Zeit“, die in den Kosmos eingebunden ist, mit dem Menschen kommuniziert. Die vielen Götter sind Ausdruck dieser Du-Beziehung von Menschen, die sich ganz in die Natur eingefügt wissen. (In Alteuropa war diese Einbindung in der archaischen Volkskultur in unser aller Mutter, im tausendjährigen „Mittelalter“ analog präsent.)

Nun zeigt diese großartige kosmisch-gebundene früh-antike Welt bedeutende Risse, Bruchstellen, die uns sehr „modern“ ansprechen:

Großartige — und vergebliche - Auflehnung gegen den Tod, in frühen Hiobs-Figuren in Mesopotamien, in Ägypten. Held Gilga- mesch scheitert, er gewinnt nicht das Kraut der Unsterblichkeit. Und ein Unbekannter im Mittleren Reich Ägyptens — Plünderung herrscht, auch die Pyramiden werden nicht verschont — schreit auf: „Mit wem kann ich heute denn reden?“

In einem abschließenden Kapitel befassen sich H. und H. A. Frankfort mit der „Überwindung des Mythos“ durch Juden und Griechen. Wobei in dieser „Überwindung“ der Mythos großartig „aufgehoben“ weiterlebt/so einzigartig, unendlich wirksam bis heute: in Heraklit.

ALTER ORIENT. Mythos und Wirklichkeit Von Henri Frankfort u. a. Urban-Taschenbücher, Kohlhammer Verlas. Stuttgart 1982 288 Seiten, kart. öS 167.20.

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