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Ökumene im Äther

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Sie war eine Frucht des Konzils, die Idee zu der nun zehn Jahre alten „ökumenischen Morgenfeier“. Geboren wurde sie bei einem Glas Wein bei Rektor Gerhard Wolf auf dem Leopoldsberg. Ihre Feuertaufe erlebte sie bei der Uberwindung der wohl unvermeidlichen anfänglichen Widerstände, und längst ist sie heute zu einem unersetzlichen Phänomen praktizierter Toleranz geworden.

Ein Blick auf die Statistik registriert zwangsläufig Imponierendes. 611 Sendungen (rund 60 pro Jahr) wurden bisher gebracht. Nach letzter Medienanalyse hören allein in Österreich sieben bis acht Millionen Menschen pro Jahr die öku-

menische Morgenfeier. Mißt man. das Hörerinteresse an der Zahl der Manuskriptwünsche, so ist die Sendung in Österreich unübertroffen. Weit über 30.000 Manuskripte werden pro Jahr durch den Evangelischen Preßverband und das Katholische Zentrum für Massenkommunikation verschickt (der ORF-Kundendienst könnte diese Aufgabe nicht bewältigen), doppelt so viele wie für alle übrigen Hörfunksendungen zusammen. Und das, obwohl die Manuskripte nicht - wie sonst üblich - gratis abgegeben werden, weil sie Hüde Antensteiner erst mühevoll nach der Produktion der Sendung erstellt.

Wie entsteht nun die Sendung? Zunächst erarbeitet ein Redaktionskomitee Themenvorschläge und vergibt sie an die einzelnen Diözesen. Dort gestalten kleine Teams, in der Regel ein Moderator, ein Prediger und ein Lektor, die Sendung. Als theologische Berater fungieren Pater Leo Wallner SJ von der Katholischen Kirche, Dr. Stefanie Prochaska von der Evangelischen Kirche und Dr. Elfriede Kreuzeder von den Altkatholiken. Konfessionelle Meinungsünterschiede werden zwar nicht betont, aber auch keineswegs verwaschen. Erfreuliches Resümee: „Die Differenzen sind viel kleiner als man angenommen hatte“, betont Dr. Kreuzeder.

Nicht nur Kirchenfunk-Chef Wal-

ter Karlberger erkennt als „erfreuliche Sekundärerscheinung“ wachsende starke Bindungen der Kirchen untereinander durch diese neue Art des Rundfunkwortgottesdienstes. Elfriede Kreuzeder spricht von der „Entwicklung phantastischer Freundschaften unter den Mitarbeitern“ und betont, daß sie „noch nie eine so erfreuliche Teamarbeit erlebt“ habe wie bei der Gestaltung der Morgenfeier. Der ökumenische Geist, der hier waltet, kommt auch darin zum Ausdruck, daß man kein starres personelles Schema befolgt, weshalb die kleineren Kirchen in Relation zu ihrer Mitgliederzahl überrepräsentiert sind. Mit Ausnahme der Mormonen

wirken alle in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften (inklusive Juden) mit, man hat sogar schon begonnen, die Mohammedaner einzubeziehen.

Für die kleinen Kirchen ist die Morgenfeier eine große Chance, Gläubige zu erreichen, die aus Entfernungsgründen kaum in eine Kirche kommen können. Der große Erfolg der Sendung im Ausland, vor allem im Osten, wie viele Hörerzuschriften zeigen, dürfte zum Teil auch auf die gute Repräsentanz der orthodoxen Kirchen zurückzuführen sein. Daß es noch nirgends im Ausland eine ähnliche Sendung gibt, zeigt Österreich wieder als kleine Welt, in der die große ihre Probe hält. K

Es wäre nun Zeit, daß andere Länder diese Probe nach vollziehen.

Unter dem Aspekt „zehn Jahre ökumenische Morgenfeier“ wollen die Verantwortlichen von den Hörern möglichst viel Kritik und Anregungen zur Sendung bekommen. Die Sendung am 26. Oktober 1978 soll sich dann mit diesem Echo beschäftigen. Man wünscht sich besonders auch in den Lesemedien eine breite Diskussion mit Themen-und Verbesserungsvorschlägen., Die FURCHE gibt daher allen ihren Lesern, die zugleich Hörer der1 Morgenfeier sind, gerne Gelegenheit, sich schriftlich dazu zu äußern.

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