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Sie beten für die Einheit

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Jetzt beten sie wieder: Angehörige der verschiedenen christlichen Kirchen versammeln sich während der ‘Weltgebetswoche für die Einheit der Christen, die am Dienstag begonnen hat, zum gemeinsamen „Gespräch mit Gott“. „Festbleiben in der Hoffnung“ ist das Motto der diesjährigen Gebetswoche. Es klingt ein wenig resigniert Die zeremoniellen Umarmungen zwischen den Oberhäuptern der getrennten christlichen Kirchen machen längst keine Schlagzeilen mehr wie noch vor 10 bis 15 Jahren. Für die Medien ist der Reiz der Neuheit dahin. Die ökumenische Annäherung der christlichen Kirche gehört - fast - schon zum Alltag.

Anderseits ist manche utopische oder auch nur naive Hoffnung auf quasi sofortige Verwirklichung der christlichen Einheit zerstoben. Es gibt Kräfte, die „bremsen“ möchten und in der ökumenischen Bewegung den „Sündenbock“ für die innere Unsicherheit in den Kirchen sehen.

Demgegenüber ist nur eine behutsame Politik der kleinen Schritte möglich, auch wenn sich bisweilen ein größerer Schritt abzeichnet, wie etwa in der Frage der Anerkennung der Confessio Augustana als „legitime Ausprägung christlicher Wahrheit“ durch die katholische Kirche. Eine solche Anerkennung würde, wie Josėf Ratzinger formulierte, den Weg zu einer kooperativen Vereinigung in der Unterschiedenheit“ zwischen lutherischer und römisch-katholischer Kirche freimachen.

Aber solche Möglichkeiten sind noch Zukunftsmusik. Denn die Last einer jahrhundertelangen Trennung und Feindschaft läßt sich nun einmal nicht mit einem Federstrich aus der Welt schaffen. Die „Trauerarbeit“ zur Überwindung vergangener Schuld muß erst von allen Beteiligten geleistet werden. Vor allem aber geht es auch darum, daß die ökumenische Bewegung nicht nur eine Sache kleiner engagierter Gruppen und der Kirchenleitungen bleibt, sondern alle Christen erfaß.

In Österreich ist in dieser Hinsicht schon manches geschehen. „An der Basis wächst das ökumenische Bewußtsein ganz ruhig und vernünftig weiter“, meint die Vorsitzende der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen, Christine Gleixner. Bei Jubiläen von Pfarren, Schulen und Gemeinden werden immer häufiger ökumenische Gottesdienste zum Zeichen der gemeinsamen Verbundenheit in Christus gehalten. Katholische, evangelische, orthodoxe Pfarrgemeinden beten miteinander, Prediger werden ausgetauscht, Pfarrblätter gemeinsam herausgebracht.

Das früher so dornige Problem der „Mischehe“ ist weitgehend entschärft worden. Gerade im Bemühen um eine gemeinsame Seelsorge an bekenntnisverschiedenen Paaren hat sich ganz selbstverständlich die Frage nach der „eucharistischen Gastfreundschaft“ ergeben. Weil es hier um die letzte und tiefste Einheit im Glauben an Christus geht, ist eine Lösung nicht so bald zu erwarten, aber die Eucharistiefrage kommt in der gemischten katholisch-evangelischen Kommission Österreichs - so Christine Gleixner - „nicht mehr vom Tisch“.

Daß man in Österreich auch über die tiefsten Fragen des Glaubens unbefangener reden kann als anderswo, hängt vielleicht mit dem besonderen „ökumenischen Klima“ zusammen, das sich hier entwickelt hat. Dazu haben Initiativen Kardinal Königs beigetragen, wie die Gründung der Stiftung „Pro Oriente“ für das Gespräch mit den orthodoxen und altorientalischen Kirchen, aber auch die gute Zusammenarbeit in vielen Sachbereichen von der Flüchtlingshilfe und Telephonseelsorge bis hin zum Kirchenfunk. Vor allem mit der ökumenischen Morgenfeier, die am Sonntag mit einer ökumenischen Vesper aus der Wotru- bakirche zum ersten Mal ein Gegenstück im TV findet, hat der ORF-Kirchenfunk Pionierarbeit in der gemeinsamen Verkündigung geleistet, die das Gemeinsame herausstellt, ohne das Trennende zu verwischen.

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