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Weristd'Albert?
Der Komponist der Oper „Tiefland“. Und ein seinerzeit weltberühmter, wenn auch umstrittener Klaviervirtuose. Und Autor noch einer anderen Oper auf einen ziemlich kitschigen Text von dem skandalumwitterten Hans Heinz Ewers: „Die toten Augen“. — Aber d'Albert hat nach „Tiefland“, dessen Uraufführung 1903 in Prag erfolgte und sein fünftes Bühnenwerk war, noch weitere 15 Opern geschrieben, wiederholt die Stile wechselnd und nicht immer ganz so penetrant. In seiner Kammermusik und in 58 Klavierliedern zeigt er sich von Beethoven und Brahms beeinflußt. Er war mit Humperdinck, Reger und Schillings, mit den Malern Klinger und Thoma sowie mit Hermann Hesse und Gerhart Hauptmann befreundet. Und er hielt sich für einen Deutschen. Aber d'Albert wurde 1864 in Glasgow geboren, sein Großvater Frangois Benedicte war persönlicher Adjutant Napoleons I., sein Vater Charles fungierte als Tanzkorrepetitor und Ballettmeister in Covent Garden, komponierte auch und war mit der Engländerin Annie Rowell verheiratet. Die Familie des Vaters stammte aus Italien und hieß ursprünglich Alberti. Das löst uns manches Rätsel. Denn als deutschen Komponisten könnte man den Autor von „Tiefland“ wohl kaum recht verstehen und würdigen. Da ist nämlich irgend etwas in der Melodik und Harmonik, etwas Reißerisches und ebenso bewußt wie erfolgreich auf den Effekt Ausgehendes, wie
man es nur noch bei Puccini, Leoncavallo und Mascagni findet, vielleicht noch in einem einzigen deutschen Opernwerk, der „Mona Lisa“ von Schillings. — Zugute kam d'Alberts Musik auch ihr Internationalismus. Von jedem etwas. Bereits in der Londoner Musikschule wurde Anton Rubinstein auf den jungen Pianisten und Komponisten aufmerksam, der als op. 1 eine Orchestersuite veröffentlichte. Hans Richter stellte den Siebzehnjährigen in Wien Franz Liszt vor, der sogleich auch von Hanslick und Brahms gefördert wurde. In Paris nannte man ihn „le petit Alle-mand“, wegen seines Patriotismus, und ein Jahr nach „Tiefland“ hat er ja auch einen Hymnus für Chor und Soli „An den Genius von Deutschland“ geschrieben. D'Alberts Leben war von ständigen Ehekrisen verwirrt (er war sechsmal verheiratet). Die meiste Zeit lebte er in Lugano und starb 1932 in Riga. — Nun werden wir „Tiefland“ wieder in der Volksoper sehen, in der Inszenierung von Adolf Rott, ausgestattet von Wolfram Skalicki und Elli Rolf, dirigiert von Franz Bauer Theussl. Sämtliche Rollen sind doppelt besetzt, und es wird vielleicht einiges zu entdecken geben. Es singen die Herren Gutstein, Mazzola, Korn, Hopferwie-ser und Pruett sowie die Damen Laczö, Schwarzenberg, Mottl und Lobasa alternierend mit Granzer, Steffi, Katzböck, Baillie, Kyriaki, Henery, Grim und Ammersfeld. Ein reiches und interessantes Stimmenauf jebot...
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