Richtlinie gen Widersinn?

Werbung
Werbung
Werbung

Die EU-Biopatentrichtlinie sorgt auch acht Monate nach ihrer Umsetzung durch Österreich noch für Emotionen.

Kein Patent auf Leben!", wetterte Greenpeace. Und zahllose NGOs und Experten stimmten in den Kritikerchor mit ein. Vergeblich: Am 10. Juni 2005 wurde in Österreich die EU-Biopatentrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Entsprechend der Sprengkraft dieser Entscheidung hatte der Nationalrat 1998 beschlossen, unmittelbar nach Inkrafttreten ein Monitoring-Komitee einzurichten, das spätestens ein Jahr später und danach alle drei Jahre dem Nationalrat einen Bericht vorzulegen hat. "Es bestehen schon Anmeldungen auf Biopatente - aber weniger, als man glaubt", relativiert Friedrich Rödler, Präsident des Österreichischen Patentamts und Vorsitzender des Komitees, die Situation. Freilich wäre das Problem weniger auf nationaler als auf europäischer Ebene virulent. Tatsächlich hat die Erteilungspraxis des Europäischen Patentamts in München mehrfach für Empörung gesorgt. So hatte die us-Firma Myriad 2001 ein Patent auf das BRCA1-Gen erhalten, das für die Entstehung von Brustkrebs verantwortlich ist. Nach einem Einspruch wird der Fall heute noch immer behandelt. "Wenn das durchgeht, dann sind diese Patientinnen mit ihrer speziellen Erbinformation über zwanzig Jahre in der Entwicklung von Arzneimitteln oder Diagnose-und Therapieformen an diese einzelne Firma gekettet", kritisiert Christoph Then, Patent-Experte von Greenpeace. Weit über tausend "Stoffpatente", in denen Gene von Menschen, Tieren oder Pflanzen als Produkte klassifiziert werden, habe man in München bereits erteilt, weiß der Fachmann - und kritisiert einmal mehr die Umsetzung der Richtlinie durch Österreich. "Es hätte die Möglichkeit gegeben, diese fehlerhafte Richtlinie zu korrigieren - wie Frankreich, das festgehalten hat, dass nur technische Anwendungen und nicht die Gene selbst patentiert werden können." Österreich habe diese Chance vertan und dafür gesorgt, dass durch die mögliche Patentierung von Saatgut die Marktmacht der Agrokonzerne weiter steige (vgl. Seite 6).

Rainer Osterwalder, Pressesprecher des Europäischen Patentamtes, bestätigt, dass man "Gene patentiert". Freilich mache man dies "in vollkommener Übereinstimmung mit der Gesetzeslage", wonach "Naturstoffe als solche patentierbar" seien - wenn auch nur in einem ganz konkreten, beschriebenen Zusammenhang. "Unsere Aufgabe ist es, für Firmen Rechtssicherheit herzustellen. Ob eine Technologie wünschenswert ist oder nicht, muss der Gesetzesgeber entscheiden." DH

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung