Eine faire Erfolgsgeschichte - und ihre Grenzen

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Am Anfang stand eine simple Idee, nämlich angesichts der ungerechten Strukturen des Welthandels ein System zu schaffen, das den Produzenten in der sogenannten Dritten Welt, in Afrika, Asien und Lateinamerika, ein menschenwürdiges Leben garantiert. Vor knapp vierzig Jahren begannen entwicklungspolitisch engagierte Personen und Organisationen in Europa, vor allem aus dem kirchlichen Bereich, Importfirmen aufzubauen, um Agrarprodukte wie Kaffee, Kakao, Tee, Bananen, aber auch Handwerk und zunehmend auch Kleidung ohne Zwischenhandel direkt zu den Konsumenten zu bringen. Die - vorzugsweise genossenschaftlich organisierten - Hersteller erhalten einen garantierten Mindestpreis, der über dem Weltmarktpreis liegt, sowie Vorauszahlungen und Prämien, die in Ausbildung und verbesserte Produktionsbedingungen investiert werden. Die Zahl der "Weltläden“, in denen die Produkte verkauft werden, liegt in Österreich heute bei knapp hundert.

Zur Steigerung des Umsatzes wurde in Österreich eine Vermarktungsform kreiert, die mit einem Gütesiegel der Idee des fairen Handels zum Durchbruch verhelfen sollte. Dieses Fairtrade-Siegel schmückt heute, 20 Jahre später, bereits knapp 750 Produkte. Weltweit betragen die Wachstumsraten beim fairen Handel jährlich etwa 20 Prozent. Mit einem Umfang von etwa 3,5 Milliarden Euro ist er - gemessen am Gesamthandelsvolumen von 18.200 Milliarden Dollar - freilich noch immer ein Randphänomen.

Mit der Einführung des Gütesiegels wurde jedoch der Weg frei für einen wichtigen quantitativen Schritt: den Eintritt des fairen Handels in die Welt der Supermärkte. Ob es sich dabei auch in qualitativer Hinsicht um eine positive Entwicklung handelte, wurde innerhalb der Pioniere des alternativen Handels heftig diskutiert. Für die meisten war die politische Aufklärungsarbeit über die ungerechten Produktionsbedingungen genauso wichtig wie der Verkauf selbst. Diese kam bei den unpersönlichen Vertriebsstrukturen der Supermärkte zu kurz. Doch das Argument des Verkaufserfolges setzte sich schlussendlich durch.

90 Fairtrade-Gemeinden in Österreich

Die Idee des fairen Handels erschöpft sich aber nicht im Angebot von Produkten mit dem Fairtrade-Siegel. Schon vor Jahren entstand das Projekt der "Fairtrade-Gemeinden“, die sich verpflichten, bei der öffentlichen Beschaffung auf fair erzeugte und gehandelte Produkte umzustellen. In Österreich gibt es zurzeit bereits an die 90 solcher Gemeinden.

Das Thema der öffentlichen Beschaffung wurde auch von entwicklungspolitischen Organisationen und Initiativen wie Südwind, Klimabündnis, Clean Clothes Kampagne mit dem Ziel aufgenommen, dass nur solche Produkte aus Billiglohnländern bezogen werden, die unter menschenwürdigen Bedingungen, mit angemessener Entlohnung hergestellt wurden.

Europaweit setzt sich zudem der Trend durch, dass Konsumenten auch bei der Kleidung auf eine soziale und faire Herstellung Wert legen. Dieser Tendenz trägt die "WearFair“-Messe Rechnung, die Ende September 2012 in Linz zum fünften Mal über die Bühne ging und auf der mehr als 120 nachhaltige Modemarken aus ganz Europa vertreten waren. Die steigende Nachfrage nach "fair fashion“ führte auch dazu, dass die EZA, die österreichische Importorganisation des fairen Handels, sich kürzlich auf Neuland wagte: Sie gründete eine eigene Modemarke ("Anukoo“), die Bekleidung wird von Partnerorganisationen auf Mauritius, in Indien, Peru und Bolivien produziert.

Viel wurde also in den letzten 20 Jahren erreicht, nicht aber das eigentliche Ziel: nämlich sich selbst überflüssig zu machen. Doch dazu bräuchte es nichts weniger als ein gerechteres Welthandelssystem.

* Der Autor ist Redakteur des Südwind-Magazins. Weitere Infos: www.fairtrade.at, www.eza.cc, www.weltlaeden.at und www.anukoo.com.

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