Die Wahlversammlungen waren gut besucht. Aber es fanden kaum Emotionen statt, abgesehen von APO- und NPD-Spektakeln. Dem Bundesbürger geht es so gut, daß ihn die Politik nur in begrenztem Umfang interessiert. Die wenigsten sind engagiert. Auch wird der Wähler wohl von dem Gefühl eingewiegt, ob die Union oder die SPD ans Ruder kommt, der allgemeine Wohlstand werde nicht darunter leiden. Die Lösungen der großen Aufgaben in der Bundesrepublik ist in der Tat heutzutage weit weniger eine Frage von Glaubensbekenntnissen und Weltanschauungen als vielmehr der Tatkraft und Phantasie eines
Die bundesdeutsche Politik ringt in „qualvoller, Weise um Klarheit und Einheitlichkeit in ihrer Ostpolitik. Was sich um Botschafter Egon Bahr und seine zahlreichen Kontaktgespräche äbspielt, ist nur aus dieser Sicht zu begreifen. Stutzt man das Rankeniwerk der Gefühle, der Intrigen und des unterirdischen Kleinkriegs, dann bleibt von den Vorwürfen gegen den Intimus von Außenminister Willy Brandt nicht viel übrig. Im Grunde bestreitet niemand einem Botschafter, daß er Kontaktgespräche allerorts sucht, noch dazu, wenn sie im Einvernehmen mit seinem Minister stattfinden.Warum soll Bahr
Erst war es fatal, dann schien es sehr einfach zu sein, und schließlich ist es sehr kompliziert geworden. Das Auftreten von Bundespräsident Heinrich Lübke hatte seinerzeit in der Öffentlichkeit und bei den Politikern mancherlei Kritik hervorgerufen. Ihnen schien, der Präsident besitze nicht genügend Ausstrahlungskraft, ja es gebe mancherlei peinliche Pannen. Deshalb rief man nach dem Rücktritt des Präsidenten. Aber Lübke ist ein gewissenhafter, tiefreligiöser Mann. Er war der Meinung, das Amt, das ihm übertragen worden sei, bis zum letzten ausfüllen zu müssen. Am Ende ließ er
Moskau hat gegenüber Bonn andere Saiten aufgezogen. Das ist schon seit einiger Zeit im Gange, aber sehr unauffällig. Die Deutschen haben es anscheinend zum Teil noch immer nicht ganz durchschaut. Genau besehen handelt ės Sich natürlich nicht um spektakuläre Wandlungen. Dennoch sind sie wesentlich. Die Sowjets behandeln die Deutschen jetzt wie Kinder, die man fühlen läßt, daß sie alles haben können, wenn sie artig sind.Unter artig verstehen die Sowjets freilich beträchtlich mehr, als die Deutschen für zumutbar halten. Aber die Russen, stur wie sie sein können, werden ihre Linie
Ein Jahr nach Konrad Adenauers Tod hat sich manches in Deutschland verändert. Aber so merkwürdig es scheint: Selbst die Erinnerung an den Altbundeskanzler ist noch ein Teil des politischen Lebens. Vieles, was heute geschieht, wird noch an ihm gemessen. Oft wird gefragt: Hätte er dies oder jenes anders und — besser gemacht? Nicht wenige klagen: Ja, er hätte einen anderen Weg gefunden — obschon auch dies immer nicht sicher ist.Die berufsmäßigen Vereinfacher wollen Adenauer und seinen Schatten, der bis in diese Tage reicht, als ein Sinnbild deutscher Nation verstanden wissen. Aber
Die Große Koalition wird nicht mehr sein, was sie war. Auf diese Formel hat ein guter Kenner der Bonner Verhältnisse die Situation nach dem Rücktritt von Bundes- innenminister Paul Lücke gebracht. Dieser Rücktritt erschien nach außen hin zwar für ein paar Tage als ein unübersehbares Hin und Her. Tatsächlich stand Lückes Entschluß, zurückzutreten, von Anfang an fest.Für den bisherigen Bundesinnenminister geht es darum, daß ein Mehrheitswahlrecht für die Bundesrepublik unerläßlich ist. Er sieht seit geraumer Zeit mit Sorge die Entwicklung auf den linken und rechten Flügeln und
Die Große Koalition bewegt sich zur Zeit in ziemlich unwegsamem Gelände und dies, während die Halbzeit dieser Legislaturperiode bereits vorüber ist.In beiden Parteien ist man sich klar darüber, daß ein Vertrauensschwund in die Große Koalition im Gange ist. Man hatte im Lande weithin große Hoffnungen auf sie gesetzt. Sie war seinerzeit vielen gleichsam als der deus ex machina erschienen, der nunmehr in der Lage sein würde, alle Probleme zulösen, die ungelöst herumlagen. Und deren waren nicht wenige, angefangen von der deutschen Frage, der Ost- und Europapolitik bis zur großen Flaute
Für Bonn stellen sich bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Jugoslawien Fragen, über deren Schatten es nicht leicht springen kann. Belgrad hat seinerzeit Pankow anerkannt, obwohl es diplomatische Beziehungen zu Bonn unterhielt. Sehr zur Überraschung der Jugoslawen brach daraufhin Bonn die Beziehungen zu Belgrad ab. Dies war das einzige Mal, daß die Hallstein-Doktrin bis zur äußersten Konsequenz angewendet wurde.Bonn, so kann man hier jetzt viel hören, muß also die Hallstein-Doktrin aufgeben, wenn es wieder mit Jugoslawien Botschafter austauscht, und das kann zur Folge haben,
Die Erinnerungen des kürzlich verstorbenen Botschafters Hans Kroll werden vermutlich eine eingehende Erörterung auslösen, ob während seiner Moskauer Amtszeit (1958 bis 1962) eine „Sternstunde“ für ein direktes Gespräch zwischen Bonn und Moskau verpaßt worden ist. Krolls „Lebenserinneiungen eines Botschafters“ umfassen etwa 600 Seiten. Aber genau die Hälfte davon ist seiner Tätigkeit als Botschafter in Moskau gewidmet. Hier hat Kroll die Aufgabe seines Lebens gesehen und an ihr nach seinen eigenen Worten mit allen Fasern seines Herzens gehangen.Krolls Bericht über seine
Kiesingers Besuch bei Johnson warf schon seine Schatten voraus. Die Stimmung in den USA gegenüber der Bundesrepublik hat wieder einmal einen ziemlich niedrigen Grad erreicht. Es sind dort Fragen in Umlauf — auch an hohen beamteten Stellen —, die in Bonn einigermaßen verwunderlich wirken. So wird gefragt, wie treu die Bundesrepublik noch zur NATO hält. Man spürt der wahrscheinlichen Verringerung der Bundeswehr nach und sucht dabei hinter den deutschen Büschen, was gar nicht dahinter steckt. Vor allem wird das deutsch-französische Bündnis mit unverhohlenem Argwohn beobachtet.Kiesinger
Es wird noch geraume Zeit dauern, bis die deutsche Verteidigungspolitik ins Lot kommt. Die Auseinandersetzungen zwischen Kiesinger undSchröder waren nur ein Vorgefecht. Um die Frage, wer von beiden recht behält, wird noch lange, versteckt und offen, gerungen werden. Unmittelbar, nachdem der erste Pulverdampf verraucht ist, gehen die Beurteilungen über den Sieger in der ersten Runde noch auseinander. Doch meint die Mehrzahl der Beobachter, die Runde sei eher an Schröder als an Kiesinger gegangen.Der verbissene Kampf hat natürlich1 seine personellen Schlagseiten. Schrödet hat, als Erhard
Jemand meinte, die Bundesregierung beginne nachgerade dem bekannten Greis zu ähneln, der auf dem Dach sitzt and sich nicht zu helfen weiß. Doch mußte er sich sofort von der ganzen Runde vorhalten lassen, er habe das Augenmaß verloren, die Bundesregierung habe die Entwicklung sehr wohl in der Hand und werde aus den Ereignissen ungeschoren hervorgehen.Gemeint war die Wirtschafts- und Finanzlage. Sie ist zur ersten Bewährungsprobe der Großen Koalition geworden. Dabei ist sich jedermann im klaren darüber, daß weitere Bewährungsproben auf anderen Gebieten folgen werden. Beispielsweise
Bonn hat zwar eine neue Ostpolitik in Bewegung gesetzt, doch tritt es in vieler Hinsicht noch auf der Stelle. Das gilt insbesondere hinsichtlich der direkten Beziehungen zu Pankow. Natürlich war auch beim Amtsantritt der Regierung Kiesinger keine Rede davon, daß sie Pankow anerkennen werde. Im Gegenteil, sie versicherte, wie ihre Vorgängerinnen, daß sie von bestimmten unabdingbaren Rechtsstandpunkten nie abgehen könne und werde. Dabei ist es bis heute geblieben. Kiesinger hat das in einer der letzten Kabinettssitzungen ausdrücklich unterstrichen.Diese unausweichliche Festlegung auf
Die „Kanzlerpartei“ in der Bundesrepublik steht wieder. In den letzten Jahren war in der CDU die schleichende Krankheit des Schwundes an Popularität und Selbstsicherheit umgegangen. Doch auf dem Parteitag in Braunschweig ist endgültig erkennbar geworden, daß sich die Partei, was dies anlangt, wieder gefangen hat. Sie hat nun in Kiesinger wieder einen Vorsitzenden, der zugleich Kanzler ist, der über wachsendes Ansehen in der Bevölkerung verfügt und allgemein das Gefühl vermittelt, daß in Bonn wieder geführt wird. Um diesen Punkt gruppiert sich alles Denken und Hoffen. Die
In Bonn ist man mit dem bisherigen Verlauf der Genfer Verhandlungen über einen Atomwaffensperrvertrag ganz zufrieden. Das Urteil in der Bundesrepublik über den ganzen Vorgang hat sich nach und nach gewandelt. Anfänglich waren Ressentiments und Emotionen stark im Spiel. Jetzt macht sich die nüchterne Prüfung des Sachverhaltes Platz. Auch die taktische Lage der Bundesrepublik wird realistischer eingeschätzt.Die ursprüngliche heftige Reaktion einzelner deutscher Stellen wäre wahrscheinlich gar nicht zustande gekommen, wenn man nicht zu diskutieren angefangen hätte, ohne den Wortlaut des
Bei einer Zusammenkunft mit Wählern wurde ein führender CDU-Politiker gefragt, ob die CDU vor der Öffentlichkeit gegenüber ihrem Koalitionspartner SPD nicht zu kurz komme. Die Frage wird in der Öffentlichkeit häufiger gestellt. Insbesondere in Kreisen der Wirtschaft und des Gewerbes fragt man, ob die CDU/CSU beim Entwurf der Wirtschafts- und Finanzmaßnahmen dem SPD-Wirtschaftsminister Schiller nicht zu sehr die Vorhand lasse.In der CDU/CSU werden solche Fragen und Gedanken sorgsam verzeichnet. In der Tat hat es über die Neufassung des Stabilitätsgesetzes, wie es noch vom Kabinett
Die deutsche Bundesregierung sieht mehrere Probleme auf sich zukommen, von denen das eine ein heißeres Eisen als das andere darstellt. Die Gewaltanstrengung, den Bundeshaushalt in Ordnung zu bringen, darf nicht darüber hinwegtäusehen, daß dies zumindest bis zum Herbst ein Ritt über den Bodensee bleibt. Bis dahin sollen Konjunkturspritzen aus dem EventuaJhaushalt die Konjunkturflaute beseitigen. Als Folge davon sollen wiederum erhöhte Steuersummen in die öffentlichen Kassen fließen, namentlich aus den Vorauszahlungen zur Umsatzsteuer. Falls diese Impulse nicht ausreichen, kann es
Mit der Reise nach Paris setzt die außenpolitische Aktivität der neuen Bundesregierung ein. Die deutsche Öffentlichkeit blickt jedoch zurzeit mit weit größerer Spannung darauf, ob beziehungsweise wie es der Bundesregierung gelingen wird, die Wirtschafts- und Finanzlage in Ordnung zu bringen. Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, jedermann hat das dumpfe Gefühl, daß die Entwicklung noch nicht am Ende angelangt sei, denn jedermann beginnt nachgerade ganz persönlich die Auswirkungen der Rezession zu spüren. Die Bundesregierung sieht auch genau, daß diese Probleme vor allen anderen den
Es mehren sich die Anzeichen, daß ln Prag Überlegungen angestellt werden, wie die Beziehungen zu Bonn verbessert werden könnten. Dabei spielen offensichtlich wirtschaftliche Erwägungen eine wichtige Rolle, doch stehen sie ebenso offenkundig im Schatten schwerer politischer Hemmnisse.Die Tschechoslowakei befindet sich in einem beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Sie war stets ein Land mit einer tüchtigen Industrie, die sie immer weiter ausbauen und modernisieren will. Je mehr ihr Export nach dem Westen ansteigt, desto größer wird ihre Unabhängigkeit von Moskau. Es sind dies
Bis die große Koalition sich in Bonn eingespielt hat, wird noch einige Zeit vergehen. Weder bei der CDU/CSU noch bei der SPD gibt man sich in dieser Hinsicht Illusionen hin. Es ist keine Liebesheirat, sondern das Produkt der Umstände und nüchterner Kalkulation. Weder die CDU/CSU noch die SPD vermochten im Bund mit der FDP zu koalieren, denn die Basis wäre zu schmal gewesen. Abgesehen davon trauten die großen Parteien der FDP nicht mehr zu, daß sie standhaft bis zum Ende der Legislaturperiode dürchhaiten würde.Trotzdem behalten sich CDU/CSU und SPD alle Seitenwege offen. In
Das Ergebnis der Bayernwahl zeigt zwei Merkmale, die man erwartet hatte. Das erste: Schon vor dem Wahltag stand fest, daß die FDP in Mittelfranken um ihre Existenz kämpfen müßte. Hier war der einzige Wahlkreis, in dem sie beim letzten Mal mehr als 10 Prozent der Stimmen erhalten hatte (11,2 Prozent), dank deren sie mit neun Abgeordneten hatte in den Landtag einziehen können. Diesmal rechneten zahlreiche Auguren damit, daß sie die 10-Prozent-Hürde nicht wieder überspringen würde. Bei der FDP war man sich des Ernstes der Lage durchaus bewußt. Die Partei hatte daher vor der Wahl alle
Ludwig Erhard ist entschlossen, mit einer Minderheitsregierung im Amt zu verbleiben. Besorgte Leute haben ihn gefragt, wie lange er glaube, das durchstehen zu können. Aber er hat mit einem Optimismus, der von vielen für unrealistisch gehalten wird, geantwortet, er werde schon durchkommen. Seine Hoffnung scheint er vor allem darauf zu setzen, daß die FPD nach den bayrischen Wahlen am 20. Dezember bereit ist, wieder in die Regierung zurückzukehren.Diese Rechnung kann aufgehen, sie kann sich aber auch als Milchmädchenrechnung erweisen. Die von der GDU/CSU befürworteten Steuererhöhungen
Die italienische Regierung hat kürzlich die Aufmerksamkeit der Bundesregierung wieder auf Südtirol gelenkt. Dem Vernehmen nach hat sie die Bundesregierung um eine Verstärkung ihrer Maßnahmen gebeten, um die Verbindungen der Südtiroler Terroristen zu deutschen Staatsangehörigen zu unterbinden. Dabei hat sich die italienisch Regierung nicht die oft weit ausufern- den Darstellungen und Forderungen italienischer Zeitungen zu eigen gemacht. Doch hat sie, wie verlautet, immerhin angeführt, daß die Südtiroler Terroristen aus der Bundesrepublik politische und sonstige Unterstützungen
Die deutsche Bundesrepublik geht In eine ernste Auseinandersetzung mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten hinein. Im Vordergrund steht der Streit um die deutschen Devisenleistungen für die Stationierung britischer und amerikanischer Truppen in Deutschland. Im Hintergrund verbirgt sich das zäheRingen um die Disengagementpolitik, die nach deutscher Auffassung sowohl in England wie in den USA immer mehr um sich greift.Die Bundesregierung befindet sich dabei in einer schwachen Position. Diese Schwäche ist in der jüngsten Bundestagsdebatte offen zutage getreten. Die sozialdemokratische
Erhards USA-Reise hatte von Anbeginn an ihre Tücken. Sie war im entscheidenden Punkt offensichtlich nicht ausreichend vorbereitet. Dabei hatte die deutsche Botschaft aus Washington immer wieder gemahnt, daß die amerikanische Regierung dem Problem der deutschen Rüstungskäufe in den USA die größte Bedeutung beimesse. Die mangelnde Vorbereitung mußte geradezu zwangsläufig dazu führen, daß Johnson und Erhard sich ernsthaft auseinandersetzen mußten. Als sie sich zusammensetzten, hatte sich noch keine Lösung abgezeichnet, die für beide tragbar gewesen wäre.Die Crux für Bonn liegt in
Die geladene Atmosphäre um die Bundeswehr ist zwar durch das kürzliche Gewitter entspannt, aber nicht bereinigt worden. Denn die Unglücksserie der Starfighter-Flugzeuge war nicht der tiefste Anlaß der Krise. Gewiß hat sich im Zusammenhang mit den Starfighter- Abstürzen gezeigt, daß die Bundeswehr für ein derart hochgezüchtetesSystem von Flugzeugen nicht genügend vorbereitet war. Es ist aber offensichtlich auch nicht rechtzeitig in vollem Umfang erkannt worden, daß hierin die tiefste Ursache der allgemein wie eine Katastrophe empfundenen Unglücksfälle lag. Nicht allein technische
Nicht alles, was in diesen Tagen über die CDU und ihre Führungskrise geredet und geschrieben wird, kann man als bare Münze nehmen. In den Lagern der anderen Parteien, insbesondere bei der SPD, reibt man sich natürlich erfreut die Hände. Von dort wird alles hervorgekehrt, was den Eindruck vertiefen soll, die CDUgleiche einem Schiff, das steuerlos dahintreibe.Mit Vorliebe wird in diesem Zusammenhang die Aera Adenauer beschworen. Plötzlich gilt Adenauer auch denen als der unübertreffliche Staatsmann, die ihn während seiner Amtszeit unentwegt mit ihrer Kritik verfolgt haben. Sie schreiben
Wer in diesen Tagen die deutschen Zeitungen liest, erhält zwar eine Fülle von Nachrichten über die Vorgänge in der NATO vorgesetzt, aber Klarheit über die Probleme in keiner Weise. Im Gegenteil, die Verwirrung ist erheblich. Die Schuld daran liegt 'allerdings nicht in erster Linie bei der deutschen Bundesregierung, auch nicht bei der deutschen Presse. Sie ist vielmehr zu einem wesentlichen Teil in den Zwistigkeiten zu suchen, die zur Zeit die amerikanische Regierung heimsuchen. Von dort nehmen nachweisbar zahlreiche und wichtige Informationen ihren Ausgang, die aiber nicht zur Aufklärung
Das deutsch-franzbsische Verhalt- nis geht mbglicherweise einer neuen Kraftprobe entgegen, diesmal wegen des Verbieibs der franzbsischen Truppen auf deutschem Boden. Das Auswartige Amt in Bonn hat sich eine Rechtsauffassung zu eigen ge- macht, wonach die franzbsischen Truppen die Bundesrepublik raumen miissen, nachdem sie am 1. Juli dieses Jahres dem NATO-Oberbefehl entzogen werden. Dabei werden eine EntschlieBung des NATO-Rates vom 22. Oktober 1954, die alle alliierten Truppen dem NATO-Oberbefehl un- terstellt sowie der Deutsch! and ver- trag und der Stationierungsvertrag, die tags darauf
Adenauers kürzlicher Besuch in Paris glich etwas einer melancholischen Reise in die Vergangenheit. Ein alter, großer Mann machte sich auf den Weg, um seinen Freund und Gegenspieler de Gaulle noch einmal das Vermächtnis der eigenen Politik nahezubringen. Der Anlaß zu dieser Reise war einigermaßen nebensächlich. Die französische Ausgabe der Erinnerungen Adenauers wurde herausgebracht, und der Verlag wollte den Autor dabei an Ort und Stelle haben. Adenauer aber gedachte die Gelegenheit zu nutzen, um noch einmal die Würfel der Weltpolitik zu werfen, wie er dies seit 1949 oft und oft getan
Die meisten Beobachter in Bonn sind der Meinung, der stellvertretende SPD-Vorsttzemde Herbert Wehrter habe einen Durchbruch nach vom versucht, als er vor der Presse erklärte, es gäbe Kräfte, die ihn stürzen wollten. Wehner hatte Strömungen dieser Art schon seit längerem beobachtet und darüber gelegentlich auch in (kleinem Kreis gesprochen. Aber e’f ist ein furchtloser Mann, der keiner Auseinandersetzung aus dem Wege geht. Seine Erklärung vor den Journalisten war daher weniger ein Alarm aus Unsicherheit als eine Herausforderung an seine Gegner in der Partei. Er wollte sie aus den
Bonn sieht der weiteren Entwicklung in der EWG mit vorsichtiger Zurückhaltung entgegen. Dies hängt vor allem mit seiner Einschätzung der künftigen Politik de Gaulles zusammen. Es sind vertrauliche Äußerungen hoher französischer Stellen bekannt, nach denen de Gaulle nach seiner Wiederwahl seine Europa- und Nato-Politik verschärfen werde. Dem steht die Überlegung entgegen, im Hinblick auf einen Erfolg seiner Partei bei den Parlamentswahlen 1967 müsse der General auf die starken Sympathien für die ursprüngliche Europakonzeption, die am 19. September zum Ausdruck gekommen seien,
Die Reise des Bundeskanzlers Erhard nach den Vereinigten Staaten erfolgt zu einem Zeitpunkt, der Entscheidungen fordert, Entscheidungen, auf beiden Seiten. Dabei ist zu beachten, daß eine Entscheidung, die für die deutsche Politik von höchster Wichtigkeit ist, bereits seit längerem lautlos gefallen ist. Das Junktim zwischen Abrüstung und Wiedervereinigung besteht nicht mehr. Adenauer hatte dieses Junktim dem damaligen Präsidenten Eisenhower und dessen Außenminister Foster Dulles abgerungen, bevor die zwei im Sommer 1965 zur Gipfelkonferenz nach Genf fuhren. In der Folgezeit war das