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Bayern beeinflußt Bonn

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Das Ergebnis der Bayernwahl zeigt zwei Merkmale, die man erwartet hatte. Das erste: Schon vor dem Wahltag stand fest, daß die FDP in Mittelfranken um ihre Existenz kämpfen müßte. Hier war der einzige Wahlkreis, in dem sie beim letzten Mal mehr als 10 Prozent der Stimmen erhalten hatte (11,2 Prozent), dank deren sie mit neun Abgeordneten hatte in den Landtag einziehen können. Diesmal rechneten zahlreiche Auguren damit, daß sie die 10-Prozent-Hürde nicht wieder überspringen würde. Bei der FDP war man sich des Ernstes der Lage durchaus bewußt. Die Partei hatte daher vor der Wahl alle ihre Kräfte auf Mittelfranken konzentriert. Bundesvorstand und Bundestagsfraktion hatten mehrere Tage lang in Nürnberg getagt. Dennoch gelang der Durchbruch nicht. Die Hoffnung, das Auftreten im Bund gegen Steuererhöhungen werde der FDP in Bayern Wähler zutreiben, verwies sich als Fehlkalkulation. Am meisten dürfte durch diese Entwicklung der Parteivorsitzende Mende zu leiden haben, der den Auszug aus der Regierung in Bonn allenfalls halben Herzens mitgemacht, dann aber diszipliniert verteidigt hat und auf den nun sicher alle Pfeile des Unmuts und der Intrige abgeschossen werden, die mancher FDP-Mann in seinem Köcher trägt.

Hur anständige Nazis...

Das zweite Merkmal: Allgemein war damit gerechnet worden, daß die NPD nach Hessen auch in Bayern in den Landtag einziehen würde. Dennoch hat weithin überrascht, daß sie nun allein mit 15 Mandaten über fast so viele Sitze verfügt wie bisher FDP und Bayernpartei zusammen (9+8), die beide im neuen Parlament nicht mehr vertreten sein werden.

Es ist keine Frage, daß sich die Wähler der NPD zu einem großen Teil aus den bisherigen Anhängern der Verliererparteien rekrutieren. In der NPD sammelt sich immer offenkundiger alles, was von dem Ressentiment lebt, daß Regierung und Parlament schlechthin Fehler über Fehler begehen, an ihren Sesseln kleben und kein Verhältnis zur wahren Volksmeinung haben.

Die NPD wird daher weithin als eine Neuauflage der NSDAP angesehen. Um so nachdrücklicher versichert ihr Vorsitzender Thielen aus Bremen, sie sei nicht dazu da, die Partei Hitlers zu rehabilitieren. Thielen unterstreicht bei jeder Gelegenheit seine Loyalität zur Demokratie. Er kann jedoch nicht leugnen, daß seiner Partei frühere Mitglieder der NSDAP auch in führenden Stellungen angehören — im Vorstand nach säinen Angaben 6 von 24. Zugleich aber gibt er sich, beinahe scheint es unbewußt, das Flair des allgewaltigen Führers in dieser Par-

tei, der bis in die letzte Ortsgruppe hinein dafür sorgt, daß nur „anständige“ Nazis aufgenommen werden, worunter er Leute versteht, die früher keine Verbrechen begangen haben.

Die Meinung, welche Konsequenzen aus den Erfolgen der NPD zu ziehen sind, ist in der Öffentlichkeit und bei den bestehenden Parteien uneinheitlich. Die einen sagen, so klein habe Hitler auch angefangen. Die anderen meinen, der Block der demokratischen Kräfte in den anderen Parteien sei festgefügt und habe ja auch zwischen 1949 und 1953 Kommunisten und andere Parteien aus dem Bundestag verdrängt. Der stellvertretende Vorsitzende der CSU, Huber, hat jedenfalls erklärt, seine Partei werde mit der NPD „nicht sprechen“.

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