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Zwischen Bonn und Bozen

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Die italienische Regierung hat kürzlich die Aufmerksamkeit der Bundesregierung wieder auf Südtirol gelenkt. Dem Vernehmen nach hat sie die Bundesregierung um eine Verstärkung ihrer Maßnahmen gebeten, um die Verbindungen der Südtiroler Terroristen zu deutschen Staatsangehörigen zu unterbinden. Dabei hat sich die italienisch Regierung nicht die oft weit ausufern- den Darstellungen und Forderungen italienischer Zeitungen zu eigen gemacht. Doch hat sie, wie verlautet, immerhin angeführt, daß die Südtiroler Terroristen aus der Bundesrepublik politische und sonstige Unterstützungen erhielten.

In der italienischen Presse waren dagegen auch in der jüngsten Zeit immer wieder heftige Angriffe gegen die Bundesrepublik zu lesen. Unter anderem wurde gefordert, in der Bundesrepublik dürfe es keine Vereinigungen geben, welche die Südtiroler unterstützen. Es war von deutschen Staatsangehörigen die Rede, die mit Attentaten in Südtirol in Verbindung stünden, ja daran beteiligt seien. Ferner hieß es, Waffen und Sprengstoff stammten häufig aus Deutschland, und besonders die rechtsradikalen Organisationen hielten enge Verbindung zu den Terroristen, die teilweise ihre Übungen auf deutschem Boden veranstalteten.

Zwei Verhaftete

Diese Angriffe waren in Form und Inhalt mitunter ungebührlich zugespitzt. Doch ist es nicht bestreitbar, daß deutsche Staatsangehörige an Anschlägen in Südtirol beteiligt waren. Sicher ist es auch möglich, daß der eine oder andere Terrorist aus Südtirol einmal in die Bundesrepublik eingereist ist, meist wahrscheinlich mit Hilfe gefälschter Pässe. Auch darf nicht übersehen werden, daß die Alpengrenze natürlicherweise weitgehend eine „offene" Grenze ist.

Dies alles erschwert auf deutscher Seite die Verfolgung von Attentätern und anderen Verschwörern. Doch hat in der Bundesrepublik bereits eine Anzahl von Verfahren gegen solche Elemente stattgefunden,, und zur Zeit laufen mehrere Ermittlungsverfahren, unter anderem gegen einen der Gebrüder Bünger und einen Mann namens Göbei, die in Köln in Haft sitzen. Der italienische Innenminister Taviani hat daher jüngst festgestellt, daß die italienischen und die deutschen Behörden in dieser Sache gut Zusammenarbeiten. In allen Fällen, in denen die Beteiligung deutscher Staatsangehöriger nachgewiesen werden konnte, zeigte sich aber auch, daß die Urheber und Anführer nicht in der Bundesrepublik aifczen.

Bei den jungen Leuten aus der Bundesrepublik, die bereit sind, sich an terroristischen Akten in Südtirol au beteiligen, spielt ein gutes Stück irregeleiteter Idealismus mit, zum Teil aber auch die Neigung zu Romantik und Abenteuern sowie zum Rechtsradikalismus. Hier bestehen offenkundig Zusammenhänge, die seitens der Bundesregierung sehr ernst genommen und sehr sorgfältig beobachtet werden.

Verdächtigte Bünde

Außerdem ist kein Zweifel, daß der italienischen Presse ihre Anklagen gegen die Bundesrepublik durch provozierende Ungeschicklichkeiten aller Art leidht gemacht werden. Hierzu zählt eine kürzliche Sendung des Deutschen Fernsehens, die ein Interview mit einem der Südtiroler Hauptterroristen, Burger, wiedergab. Notwendigerweise muß das in Italien böses Blut erregen und denen Auftrieb geben, die nach deutschen Hintergründen der Südtiroler Vorgänge suchen.

Von italienischer Seite wird in diesem Zusammenhang gern auf Organisationen in der Bundesrepublik verwiesen, die sich politisch betätigen, aber nach allen bisherigen, stets aufis gründlichste durchgeführten Erhebungen mit Terrorakten nichts zu tun haben. Daß anderseits die Tätigkeit dieser Organisationen den Italienern mißfällt, ist vom italienischen Standpunkt aus in gewisser Hinsicht begreiflich. Es handelt sich dabei unter anderen um das Kulturwerk Südtirol, dem auch einige Bundestagsabgeordnete angehören, den Verein der Freunde Südtirols und ähnliche Organisationen.

Diese Organisationen sehen ihre Aufgabe darin, politisch und auch durch Spenden nach Südtirol Unterstützungen fließen zu lassen. Antrieb hiefür ist offenkundig die Politik italienischer Behörden, die eine immer stärkere Durchdringung Süd- tiirols durah die italienische Bevölkerung befürworten und bei der Durchsetzung ihrer Ziele keineswegs zurückhaltend sind.

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