In der Geschichte wurde den Evangelischen im Lande ordentlich mitgespielt: Immerhin war Österreich nach der Reformation protestantisch und wurde durch die Habsburger wieder katholisch gemacht. Auch wenn auf katholischer Seite durch die nachkonziliare Ökumene sich das Verhältnis zu den Evangelischen völlig entkrampfte, wird die Geschichte nicht ungeschehen gemacht. Und auch die Gegenwart - Säkularisierung sowie die "Migrantenkonfessionen“ Islam und Orthodoxie, die die Protestanten zahlenmäßig längst überholt haben - kann als evangelische Herausforderung begriffen werden.
Umso wichtiger ist es, dass die Evangelischen im Land eine markante Stimme haben. Michael Bünker, seit 2008 lutherischer Bischof in Österreich, gelingt es in hohem Maße, diese öffentliche protestantische Stimme darzustellen. Sei es in gesellschaftspolitischen Fragen, wo sich der Bischof etwa zum Elend heimischer Flüchtlingspolitik selten ein Blatt vor den Mund nimmt, sei es in theologischer Kompetenz, für die Bünker steht: Hier zeigt sich, dass auch eine Minderheitskonfession markante Persönlichkeiten hervorbringt. Und wer meinte, in der evangelischen Kirche, wo der Bischof von der Synode gewählt wird, kämen bloß Kompromisskandidaten zum Zug, wurde durch die Kür Michael Bünkers vor nunmehr fast sieben Jahren, eines Besseren belehrt.
Bereits 2006 konnte der damalige Oberkirchenrat das Generalsekretariat der "Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“, ein wegweisender Zusammenschluss aller relevanten protestantischen Konfessionen in Europa nach Wien holen - bis heute übt er das Amt des Generalsekretärs aus. Auch das mag ein Hinweis darauf sein, welch große Rolle die kleine evangelische Kirche Öster-reichs in der innerprotestantischen Ökumene spielt.
Zur FURCHE pflegt Michael Bünker seit Jahren ein enges Verhältnis: Fünf Jahre lang, bis zu seinem Amtsantritt als Bischof, war er ihr Kolumnist, als Autor und Gesprächspartner steht er bis heute zur Verfügung. Dabei ging es nie bloß um rein kirchliche oder theologische Fragestellungen, auch nicht nur um politische: Von Michael Bünker, der nebst einem kabarettistischen Talent auch aus seiner Liebe für Filme kein Hehl macht, gibt es etwa auch Filmkritiken, die er für die FURCHE verfasst hat. Zuletzt würdigte der Bischof im Dezember den deutschen Altkanzler Helmut Schmidt zu dessen 95er. - Am 26. April begeht Michael Bünker seinen 60. Geburtstag. Die FURCHE gratuliert ihrem "freien Mitarbeiter“ auf das Herzlichste!
Otto Friedrich
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