Der Mensch steht im Mittelpunkt

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"Du bist mehr“: Unter diesem Motto öffnen rund 90 evangelische Pfarren am 18. und 19. Juni ihre Türen für Kirchenferne, Interessierte und Neugierige.

Die "Lange Nacht der Kirchen“ Ende Mai und der am Sonntag zu Ende gegangene 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dresden haben es gezeigt: Das Interesse an Religion und christlichem Glauben ist auch in Mitteleuropa groß. In wenigen Tagen folgt eine weitere kirchliche Großveranstaltung: Am 18. und 19. Juni will die Evangelische Kirche A.B. in Österreich mit ihrer Aktion "Du bist mehr“ für Interesse und Aufmerksamkeit bei einem breiten Publikum sorgen.

Die Idee, welche in einer Linzer Pfarrgemeinde aus der Taufe gehoben wurde, ist denkbar einfach: Die traditionellen Sommerfeste der evangelischen Pfarrgemeinden in ganz Österreich sollen heuer alle an einem bestimmten Wochenende gefeiert werden. Rund die Hälfte aller Gemeinden, insgesamt rund 90, öffnen ihre Türen, um kirchennahe und kirchenferne Menschen mit Protestantismus und Glauben in Kontakt zu bringen. Typisch evangelisch: Wie die einzelnen Veranstaltungen auszusehen haben, liegt in der Verantwortung der einzelnen Pfarrgemeinden und wird nicht zentral geregelt.

Menschen neu ansprechen

Im Mittelpunkt der Festivitäten und Veranstaltungen, die nicht nur Gottesdienste umfassen, steht der Mensch. Das Motto "Du bist mehr“ soll dies zum Ausdruck bringen. Der Mensch ist mehr als er leistet, als er denkt und als er glaubt.

"‚Du bist mehr‘ bringt zum Ausdruck, dass evangelische Gemeinden die Menschen unverzagt im Licht von Gottes grenzenloser Gnade sehen. In diesem Licht ist jeder und jede mehr, als wir vor Augen haben, mehr als Leistung, Erfolg, soziale Stellung, mehr als das eigene Denken, Handeln und Glauben. Diese Kernbotschaft des Evangeliums soll verbreitet werden“, erklärt der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. "‚Du bist mehr‘ bedeutet für mich, dass wir Menschen mehr sind als unser Arbeitsplatz, unser Familienstand, unsere Religion oder unsere Staatsangehörigkeit. Wir sind alle mehr als das, was wir nach außen hin darstellen. Wir sind in Gottes Augen viel mehr. Das war für uns die Motivation, diese Kampagne so zu betiteln“, erläutert Oberkirchenrat Klaus Köglberger die Intention dieser Veranstaltungsreihe.

Für Bünker richtet sich diese einzigartige Aktion aber nicht nur an Menschen, die bisher mit Kirche nichts zu tun hatten. "Es sollen Menschen neu angesprochen, aber auch neue Menschen angesprochen werden.“ Dass dabei so viele Pfarrgemeinden, Haupt- und Ehrenamtliche mitmachen, ist für den Bischof ein positives und ermutigendes Zeichen.

Bei dem Fest gehe es laut Bünker gleichzeitig darum, "Religion in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und nicht ins Private abzudrängen“. Die Menschen seien auf der Suche nach Religion, und oftmals hätten sie "keine Ahnung davon, wie es in unserer Kirche zugeht. Hier sind wir gefragt: Wie gelingt es uns, diese Menschen, die Fragende sind, hineinzunehmen und sensibel zu machen?“, fragt der niederösterreichische Superintendent Paul Weiland.

Das Programm für den 18. und 19. Juni ist vielfältig und bunt. So lädt die evangelische Pfarrgemeinde in Stockerau beispielsweise zu einem Straßenfest ein, um bewusst auch Passanten und ein breites Publikum anzusprechen. Die Gemeinde der Lutherischen Stadtkirche im ersten Wiener Gemeindebezirk präsentiert eine Ausstellung mit Arbeiten von Marie Malherbe, dazu kommt ein umfangreiches Kinderprogramm.

Überhaupt soll den Kindern viel Bedeutung bei den Festen rund um den 18. und 19. Juni zukommen. "Heutzutage sind Autos wichtiger als Kinder. Bevor ein Spielplatz errichtet wird, entstehen eher neue Parkplätze. Dieser Entwicklung wollen wir entgegenwirken“, sagt der Wiener Superintendent Hansjörg Lein. Er steht der mitgliederstärksten evangelischen Diözese Österreichs vor.

Mit dem Projekt "Lernen mit leerem Bauch? Geht nicht!“ der Stadtdiakonie Wien soll dies auch praktisch zum Ausdruck gebracht werden. Ziel sei es, Kindern und Jugendlichen in der Hauptstadt, die unter der Armutsgrenze leben, mit einem Frühstück zu versorgen. "Aber nicht nur das Essen ist wichtig, sondern auch das Miteinander. Gemeinsames Zubereiten, Tischdecken und Abwaschen gehören ebenfalls dazu“, so Claudia Röthy, Geschäftsführerin der Stadtdiakonie Wien.

TV-Spot: "Ein Wagnis“

Damit möglichst viele Menschen erreicht und eingeladen werden können, bereist nicht nur Bischof Bünker im Vorfeld des Festes Österreichs Landeshauptstädte. Ein Fernsehspot, zu sehen in den österreichischen Privatfernsehsendern, soll zahlreiche Menschen ansprechen. "Ein Wagnis“, wie Bünker zugibt.

Klar ist schon heute: Bei einmaligen Veranstaltungen soll es nicht bleiben. Zumindest eine weitere Veranstaltung im Anschluss an das Fest werde in den einzelnen Pfarrgemeinden durchgeführt. "Dies kann ein Stammtisch sein, eine Reise oder ein Gesprächskreis über Religion oder Bibel“, sagt Oberkirchenrat Köglberger.

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