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Der letzte Boß der Falange

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Die „reinen“ Falangisten haben ihr letztes Fanal verloren: Manuel Hedilla Larrey, direkter Nachfolger des Falange-Begründers Josi Antonio Primo de Rivera und als solcher zweiter und letzter Falange-Chef, ist in Madrid im Alter von 67 Jahren an einem Lungenkrebs gestorben. Jahrelang wurde sein Name nur im Flüsterton ausgesprochen: Im ersten Bürgerkriegsjahr war er von General Franco verhaftet und von einem Kriegsgericht zweimal zum Tode verurteilt worden. Diese Strafen wurden später in 50 Jahre Haft umgewandelt. 1947 begnadigte ihn Franco. Seither lebte der Mann, der die Ideologie Josi Antonios unverfälscht bewahren wollte, zurückgezogen von der Politik in Madrid.

Die politische Karriere Hedillas, Sohiffsmechanikers aus der nordspanischen Provinz Santander, war steil und kurz: 1933 trat er der Falange bei. 1935 wurde er Falange-Chef seiner Provinz und im gleichen Jahr Falange-Nationalrat. 1936, nach der Verhaftung Josi Antonios, wurde er zum Präsidenten der provisorischen Führungsjunta gewählt. Bei Bürgerkriegsausbruch war er der einzige Falange-Chef, der sich in der Nationalen Zone befand und der das volle Vertrauen Jose Antonios genoß. Er beauftragte ihn aus dem Gefängnis heraus mit der Aufstellung und Ordnung der falangisti-schen Kader und der Zusammenarbeit mit General Mola, der mit Sanjurjo und Franco die „glorreiche Erhebung“ anführte. 80.000 freiwillige Falangisten warf er für Franco, Sanjurjo, und Molo an die Front. Im Hinterland versuchte er, Zucht in die falangistischen Reihen zu bringen: Er verschickte Rundschreiben, in denen er ihnen befahl, sich jeglicher repressiven Aktion zu enthalten. Er selbst war direkt an der Rettung einiger Personen beteiligt.

Zweimal zum Tod verurteilt

Im April 1937 kam es in Salamanca zu Diadochenkämpfen um die Nachfolge des inzwischen erschossenen Jose Antonio. Hedilla ging als Sieger aus dieser internen Krise hervor und wurde zum Nationalen Chef der

Falange mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Eine Woche später war seine politische Karriere beendet: Hedilla, Vertreter des „sozialen“ Flügels der Falange, widersetzte sich dem von Franco und dessen späterem Außenminister Serrano Suner ausgearbeiteten Vereinigungsdekret der Falange und der J. O. N. S. (nationalsyndikalistische Arbeiterjuntas) mit den Traditionalisten — ebenso wie der Traditionalistenführer Fal Conde, der nach Portugal ins Exil ging. Franco, der sich gleichzeitig selbst zum Chef der neu geschaffenen Einheitsbewegung ernannte, bot Hedilla die Leitung des politischen Sekretariats der F. E. T. y de las J. O. N. S. an. Auf seine Ablehnung hin wurde er verhaftet und verurteilt. Nach der Umwandlung seiner beiden Todesstrafen verbrachte er vier Jahre in Einzelhaft auf den Kanarischen Inseln. 1941 wurde er freigelassen, und man bot ihm den Sitz des Nationaldelegierten der Einheitsgewerkschaft an. Als er auch diesen Posten ablehnte, wurde er auf die Balearen deportiert. 1947 schließlich gab Franco seinem Gnadengesuch statt. Im Vorjahr, als sich die Möglichkeit der Bildung politischer Assoziationen innerhalb der Einheitsbewegung am spanischen Horizont abzeichnete, versuchte Hedilla noch einmal ein politisches Comeback. Er beabsichtigte die Gründung einer „Nationalen Front der freien Allianz“, deren Ziel die Wahrung der ursprünglichen falangistischen Ideale sein sollte. Nur wenig später hatte er bereits den Glauben an diese Ideale verloren. Auf seinem Krankenbett erklärte er gegenüber Freunden: „Franco hat die Falange im April 1937 getötet. Einen Kadaver kann man nicht wieder zum Leben erwecken!“

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