Life ist a Xerox, I'm just a copy

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Den Jugendkulturen wird häufig der Vorwurf gemacht, dem Zauber der Oberfläche erlegen zu sein. Vielfach wird die Jugend als die "ästhetische Generation" bezeichnet. "Self-Casting und Ego-Placement sind Schlüsselworte einer Generation, die gerne sieht und gesehen wird. Damit ist das Zeitalter des Visuellen angebrochen."

In der Tat kommt der Ästhetik in der Lebenskultur Jugendlicher ein hoher Stellenwert zu. Wesentliche Aspekte sind dabei die Gestaltung des eigenen Körpers, die Kleidung, die Musikstile und die Sprachcodes.

Die Wichtigkeit des "Äußeren" ist aber keine "Äußerlichkeit", sondern ein notwendiges generationsbildendes Element: Jugendliche brauchen Sprachen, Stile und Kulturen, die Integration und Fremddistanzierung ermöglichen, auch und vor allem um Unterscheidungskriterien zur "Erwachsenenwelt" zu entwickeln, die ihnen das Jungsein schwer macht.

Was es im Blick auf die Jugendkulturen braucht, ist Differenziertheit in ästhetischer Hinsicht. Will man Jugendliche ansprechen, wird sich aber auch das eigene Erscheinungsbild verändern (müssen). Dazu gehört ein selbstverständlicher Umgang mit neuen Medien und die Reduktion von Papier zugunsten anderer Erlebnisformen. Als Experten einer solchen Ästhetik sind Jugendliche und Künstler, Medien- und Marketingexperten zu Rate zu ziehen, die gemeinsam mit Verantwortlichen an einer zeitgemäßen Fusion von Form und Inhalt arbeiten.

Nüchternheit regiert Jugendliche gelten heute als pragmatisch, visionslos und desillusioniert: "Life is a Xerox, I'm just a copy" lautete einer der vielen Slogans aus den Jugendkulturen. "Jugendliche sind abgeklärt: Die Mehrheit hat einen nüchternen Blick auf die Wirklichkeit. Gesellschaftsverbessernde Utopien sind die Ausnahme." Die Abgeklärtheit der Jugendlichen macht handlungs- und problemlösungsfähiger und verhindert große Enttäuschungen. Aber birgt nicht auch ein Übermaß an Realismus das Risiko von Frust und Resignation in sich?

Die Shell-Studie 1997 hat gezeigt, dass die gesellschaftliche Krise die Jugendlichen voll erreicht hat und sie in Bezug auf die gesellschaftliche Zukunft mehr als pessimistisch eingestellt sind. Was Wunder, wenn sie also auf ihre Visionen verzichten und bereit sind, sich aktiv anzupassen an das, was "man" von ihnen erwartet. Sie wollen hier und jetzt glücklich sein, sind skeptisch gegenüber Heilsversprechungen und lassen weder von Religionen noch von Ideologien leicht beeinflussen.

Dennoch - bei all diesen Veränderungen angesichts des "Untergangs der Jugendzeit" als eigenem geschützten Lebensbereich hat sich eines nicht geändert: Aus psychologischer Sicht ist das Jugendalter nach wie vor jenes, in dem Zukunft das zentrale Thema ist, geht es nach wie vor um Identitätsfindung und Standortbestimmung in einer Gesellschaft - und findet sich hier, zumindest der Möglichkeit nach - das wahrscheinlichste Utopiepotenzial einer Gesellschaft. Dieses am Leben zu erhalten und immer wieder zu wecken, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe der Arbeit mit Jugendlichen.

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