Österreichs Journalist

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furche-Herausgeber heinz nussbaumer über seinen Lehrer und Freund Hugo Portisch, der seinen 80. Geburtstag begeht.

Unfassbar - auch er wird älter. Hugo Portisch, TV-Star, Bestseller-Autor, Welterklärer und untrüglicher Kompass für journalistisches Wissen und Gewissen, feiert am 19. Februar seinen 80. Geburtstag.

Wer ihn kennt, wird wissen, wie unwichtig, ja peinlich ihm dieser Anlass ist. Aus doppeltem Grund: Allen Huldigungen hat er sich in der "Freiheit der späten Jahre" verweigert. Und immer schon war sein Alter ohne Relevanz: Früh schon hatte er die Klugheit und Toleranz der Älteren. Und bis heute hat er sich eine fast jugendliche Wachheit bewahrt.

Hugo Portisch - ein Mann "im Niemandsland der Zeit". Und das, obwohl gerade er dem Pulsschlag seiner Zeit näher war, als jeder andere Journalist dieses Landes. Die Belege füllen Archive: Tausende Leitartikel und Kommentare zum Zeitgeschehen. Zahllose TV-Dokumentationen und Zeitungs-Serien, eine Vielzahl von Büchern und ungezählte Vorträge.

Publizist von Rang

Auch das ist nur die Außenseite seines Lebenswerks. Da ist noch Hugo Portisch, der Schöpfer des unabhängigen ORF. Portisch, der untrügliche Maßstab für mehrere Journalisten-Generationen. Portisch, die stille Instanz in Krisentagen der Republik. Portisch, der Publizist von internationalem Rang: Er faszinierte deutsche TV-Zuschauer mit seinen Wochenkommentaren - und die Russen erfuhren die Geschichte des Sowjet-Kommunismus zunächst aus seinen Dokumentationen.

Das "Phänomen Portisch", das - trotz seines zuletzt mühsam erkämpften Rückzugs aus der Öffentlichkeit - noch immer spürbar ist, lebt aus der Harmonisierung vermeintlich unauflösbarer Gegensätze:

• Als Journalist näherte er sich seinen Themen frei von Dünkel, Besserwisserei und Vorurteil. Und doch wuchs seine enorme Glaubwürdigkeit aus der totalen persönlichen Hingabe: Aus seiner Begeisterungsfähigkeit und Unbestechlichkeit, seinem Wissen und seinen Selbstzweifeln. Zwischen Job ("Gott sei Dank Journalist!") und Leidenschaft passte kein Blatt Zeitungspapier.

• Als "Außenpolitiker" hat er den Österreichern jahrzehntelang fast im Alleingang mehr Weltoffenheit geschenkt. Und doch erlebte er die Krönung seiner Karriere als Volksbildner im Bereich der politischen Heimatkunde. Österreich I und Österreich II, das große Gedächtnis unserer Nation, wären ohne ihn nicht denkbar. Für Portisch kein Neuanfang, sondern logische Konsequenz: Jedes Dorf, jeder Bürger hat seinen Platz in der Geschichte.

• Als Demokrat hat er mutige, bleibende Spuren gezogen: Gegen Ewig-Gestrige ebenso wie gegen den Vorwurf, dieses Land hätte aus der Geschichte nichts gelernt. Nie aber hat er für sich selbst die Grenzen zwischen dem Medienmann und dem Politiker überschritten. Nahezu jedes Amt dieser Republik - das des Bundespräsidenten eingeschlossen - wurde ihm angeboten. Keines hat er je angestrebt, dem Journalismus zuliebe.

Weites Feld ausgemessen

• Als "Generalist" hat Hugo Portisch ein weites Feld ausgemessen, sowohl inhaltlich (Politik, Zeitgeschichte, Wissenschaft, Zukunftsforschung, aber auch sein Hobby, die Pilzkunde) wie auch medial: Die Zeitung war seine "große Liebe", das TV seine Bühne, die Bücher sind seine bleibende Reverenz. Nie aber haben seine Lust an Neuem und der Drang zu beispielhafter Verständlichkeit seiner Präzision und Tiefe widersprochen. Portisch machte Fernsehen zur Geschichtsquelle und hat dabei jede Distanz zwischen Fach-und Volksgeschichte aufgehoben.

Für uns, seine Schüler, war und bleibt Hugo Portisch ein Solitär. Einer, der über jene Erfahrung und weltweiten Kontakte verfügte, über die andere gerne redeten. Wenn wir noch über manch verwirrende internationale Nachricht rätselten - er hatte schon am Schauplatz angerufen. Wenn wir zu fernen Zielen aufbrachen - er war schon dort gewesen. Wenn wir in einem Krisengebiet verhaftet oder unsere Geschichten zensuriert wurden - er spürte und durchschaute es. Wenn uns journalistisch etwas gelang - sein Glückwunschtelegramm erreichte uns am Ende der Welt.

Der Furche schenkte er, der große Publizist, ein ehrendes, verpflichtendes Kompliment. Er nannte sie "eine wichtige Zeitung mit großer Tradition - tolerant, weltoffen und sorgsam im Umgang mit Worten und Werten". Wir sind stolz darauf. Und stolz auf sein Vorbild.

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