Leitplanken fürs Denken und Schreiben

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Der Presseclub Concordia hat dem Publizisten und ehemaligen FURCHE-Chefredakteur Hubert Feichtlbauer einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen. FURCHE-Herausgeber Heinz Nußbaumer hielt die Laudatio, aus der wir im Folgenden einige Auszüge bringen.

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Der Presseclub Concordia hat dem Publizisten und ehemaligen FURCHE-Chefredakteur Hubert Feichtlbauer einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen. FURCHE-Herausgeber Heinz Nußbaumer hielt die Laudatio, aus der wir im Folgenden einige Auszüge bringen.

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Wenn ich es recht verstehe, dann ist ein "Lebenswerk" jenes innere Kontinuum, das hinter all der täglichen Mühe und Arbeit steht. Ist es der immer neue Versuch, ein brennender, prinzipientreuer, mutiger und doch auch demütiger Chronist der Zeit zu sein. Einer, der mit dabei ist, wenn der erste Rohentwurf der Zeitgeschichte geschrieben wird. Einer, der inmitten aller Interessen und Verführungsversuche, die diesen Beruf umlagern, nach Kräften fair und wahrhaftig ist. Der zugleich aber bei aller Sorgfalt nie vergisst, dass seine "Macht" immer nur geborgt und letztlich trügerisch ist.

So verstanden ist das Lebenswerk eine "Haltung"; nicht unmittelbar sichtbar oder angreifbar, aber mit vielen feinen Fäden in das Jetzt des beruflichen Alltags hinein.

"Haltung", das ist auch das große Wort, das den Ehrenpreisträger Hubert Feichtlbauer in eindrucksvoller Weise auszeichnet. Nun könnte man fragen, was dazu beigetragen hat, dass bei ihm so etwas wie "Haltung" wachsen konnte - gerade auf dem oft sumpfigen Gelände des Journalismus. Eine besondere Charakterfestigkeit, ja Anständigkeit, die stark genug war, um in einem langen, vielfach belastenden Berufsleben nicht mehr verloren zu gehen. Die immun gemacht hat gegen die verlockende Illusion eigener Wichtigkeit -trotz aller Anfechtungen durch Privilegien und Schmeicheleien.

Auf der Suche nach Antworten, wie "Haltung" unter solchen Vorzeichen gelingen kann, ist ein Blick auf die Schar der bisherigen Ehrenpreisträger hilfreich. Was sie - über alle Unterschiede ihrer Biografien hinweg -an Gemeinsamkeiten auszeichnet, das könnte als eine erste Antwort dienen.

Gerade in diesen Tagen unserer Republiksjubiläen fällt zunächst die vielfach parallele historische Erfahrung auf, die sie alle geprägt hat: Dieses frühe Ringen um Österreich und seine Zukunft, das Journalisten wie Hugo Portisch, Otto Schönherr, Gerd Bacher, Barbara Coudenhove-Kalergi und Hubert Feichtlbauer schon in ganz jungen Jahren aus unmittelbarer Nähe miterlebt und bald auch auf ihre Weise mitgestaltet haben.

Profunde Bildung

Ein Zweites, das die bisherigen Träger dieses "Concordia-Ehrenpreises" mit Hubert Feichtlbauer verbindet, ist ihre profunde Bildung. Was hättest Du, lieber Hubert, aufgrund Deiner Ausbildung zum Doktor der Staatswissenschaften und zum Diplomdolmetsch alles werden können! Journalist bist Du geworden. Diese Grundlage hat auch Dir jene innere Freiheit und Sicherheit gegeben, Dich keinem Medienzaren, keiner undurchsichtigen Eigentümergruppe, keiner Unanständigkeit ausgeliefert zu fühlen. Den Rücken frei zu haben, wenn es hart auf hart gehen sollte.

Hubert Feichtlbauer hat diese innere Freiheit in ganz ungewöhnlicher Weise genützt; war medial sehr oft -und immer nach oben - unterwegs: Von der kleinen Rieder Volkszeitung über das Linzer Volksblatt und die Salzburger Nachrichten an die Spitze der Wochenpresse, dann des Kurier und -ich sage es mit Stolz - auch der FURCHE. Als Krönung seines Lebenswegs sozusagen. Und schließlich noch sein letzter Berufsabschnitt als Pressechef der Bundeswirtschaftskammer und als freier Journalist, bis hoffentlich ins Übermorgen der FURCHE verbunden.

Vermutlich werden Sie sich inzwischen fragen, wann dieser Laudator endlich zum eigentlichen Kern dessen vorstößt, was den Menschen und Journalisten Hubert Feichtlbauer vor allem auszeichnet. Von früher Jugend an christlich geprägt, ist er zum bekanntesten Exponenten der katholischen Publizistik in Österreich geworden. Zum kritischen Angehörigen einer Kirche, die mit Medienleuten und dem freien Wort nicht immer etwas anfangen kann. Und zum Solitär in einem Berufsstand, der dem Phänomen "Religion" heute weitgehend ratlos, distanziert und nicht selten überheblich gegenübersteht.

Felder der Nächstenliebe

Um nicht missverstanden zu werden: So wie unser Preisträger, so glaube auch ich, dass es heute kein Monopol mehr gibt, sich als Wortführer einer "christlichen Politik", eines "christlichen Journalismus" zu verstehen. Der Glaube gibt uns keine politischen Handlungsanweisungen für das, was zu entscheiden ist. Sagt auch nichts über Auswahl und Wertung von Meldung und Meinung im politischen und journalistischen Tagesgeschäft. Sehr wohl aber gibt es so etwas wie ein von christlichen Werten geprägtes Weltbild -ohne konfessionelle Schranken, ohne Enge und Intoleranz, ohne blinden Fleck auch gegenüber den Schwächen, Fehlern und Katastrophen der eigenen Kirchengeschichte. Aber doch mit festen Leitplanken für ihr Denken, Handeln und Schreiben: dem Bemühen um mehr Gerechtigkeit etwa, dem Schutz des Lebens und der Schwachen, dem Primat des Gemeinwohls vor Eigeninteressen -und der Bewahrung der Schöpfung.

Mag sein, dass dies für manche Ohren schon gefährlich nach weltferner Naivität klingt. Aber ich halte beides, Politik und Journalismus, verantwortungsvoll gelebt, für entscheidende Felder der Nächstenliebe. Beide führen letztlich über das Ich und das Du hinaus zum Wir.

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