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Aus für den Austro-Pop

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Um die österreichische Popmusik ist es zur Zeit eher schlecht bestellt. Der Anteil an nationalen ProduktiOnen am Gesamtmarkt der Popmusik in Österreich lag im vergangenen Jahr bei mageren 7,4 Prozent und seit Jahresbeginn wird die Hitparade in Ö3 nur nach den reinen Verkaufszahlen in den Plattengeschäften ermittelt. Bis jetzt sicherten sich die heimischen Popmusiker den Platz in den Charts durch Altrufe und Post ihrer Fans an Ö3. Damit konnte das Defizit an Werbung gegen-

über internationalen Stars wettgetnacht werden. Vor allem Neulinge hatten die Chance, sich durch Konzertreisen in Österreich bekannt zu machen und damit den Grundstein für eine spätere Hitparadenplazierung zu legen. Dieser Heimvorteil für die Österreicher fällt nun weg.

„Es wird in Zukunft keine österreichischen Produktionen mehr geben" malt Gottfried Indra vom gleichnamigen Musikverlag den Teufel an die Wand heimischer Tonstudios. Dabei sei die neue Ö3- Hitparade noch gar nicht repräsentativ. Aus einer Stichprobe von rund 70 Plattenhändlern werden wöchentlich die jeweiligen Verkaufsschlager ermittelt. Tatsache sei auch, so lndra weiter, daß seit der

Programmumstellung in Ö3 die österreichischen Titel nicht mehr repräsentiert werden. Wolfgang Arming, Chef in der Firma Polygram, ist zumindest mit der Hitparade zufrieden: „Unsere Hitparade in der Vergangenheit war wirklich nicht marktgerecht." Aber, so gibt auch er zu, mit österreichischen Produktionen könne man sich jetzt nur mehr schwer plazieren. Daher „müßte der ORF verstärkt österreichische Gruppen, die zum Teil bei Null anfangen, ins Progr ????mm einbauen" .

Ö3 aber tut ohnehin mehr als · genug, findet zumindest Dieter Dorner.: „Es wird zuviel produziert in Österreicß. Wir bekennen uns zur österreichischen Popmusik, aber wir könn'en nicht alles spielen, was .J>roduziert wird." Der Anteil der Osterreicher am Ö3-Programm liege ohnehin bei 1 8 Prozent, meint Dorner, BR3, das bayrische Äqut- . valent, weise nur einen dreiprozentigen Anteil an inländischen Werken auf. (In Italien oder Frankreich allerdings l????egt dieser Anteil weit über dem österreichischen). Außerdem sei die Plattenindustrie selbst schuld am Aussterben des AustroPop. Denn erstens sei sie es gewesen

die vehement auf die neue Ermittlungsart der Hitparade gedrängt habe und zweitens „sind die Firmen halt mehr aufs Geldverdienen aus und weniger auf die Kunst". Zur Zeit traut sich jedenfalls fast kein Plattenproduzent mit österreichischen Produktionen auf den Markt. Die Produktionskosten sind im Verhältnis zum Markt und im Verhältnis zu den Einsatzmöglichkeiten (Stichwort Rundfunkmonopol) sehr hoch. Das Risiko wird nur mehr bei" den bereits bekannten Größen (Erste Allgemeine,Verunsicherung, Reinhard Fendrich„.) eingegangen. Neulinge haben keine Chance.

Nur verständlich, daß in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer Quotenregelung für österreichische Produktionen im ORF auftaucht (Gottfried Indra). Das könnte, so zeigen Erfahrungen aus Kanada, nieht nur das Programmangebot verändern, sondern · auch der heimischen Musikszene beachtliche Impulse geben. Daß die Österreicher im internationalen Wettbewerb nicht mithalten können, liegt allerdings auch an der mangelnden Qualität der österreichischen Künstler. Bernd Renr

Emi-Columbia Austria registriert falsche Selbsteinschätzung der Jungen: „Mit den heutigen technischenMöglichkeiten kann ein halbgebildeter Musiker, wenn er die Wandergitarre beherrscht, etwas draufnödln aufs Band. Und dann kommt er daher und will sofort einen Plattenvertrag, ohne jemals · auf einer Bühne gestanden zu sein."

Die deutsche Sprache wäre, so jedenfalls Wolfgang Arming, ein unbedingtes Muß, um gegen die internationale Konkurrenz beste- . hen zu können. Das zweite Problem in Österreich: „Es gibt viel zu wenig Auftrittsmöglichkeiten. Es gibt ja niemanden, weder einen Veranstalternoch einen Verlag noch den ORF, die von vornherein bereit wären, in einen Act, den niemand kennt, eine Million Schilling hineinzustecken." (Arming)

Ein Teufelskreis: Ohne Plattenverkäufe keine Hitparadenplazierung, ohne Plazierung keine Bekanntheit, ohne Bekanntheit keine Produzenten, ohne Produzenten keine Platten. Gottfried Indra: „Die Katze beißt sich damit in den Schwanz. " Und der Austro-Pop über kurz oder lang ins Gras

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