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Drei Russen in „Tosca“
In der immer noch guten Inszenierung Margarethe Wallmanns mit den dekorativen Bühnenbildern und Kostümen von Nicola Benois gastierten vergangene Woche drei russische Sänger vom „Bolschoi Tjatr“ in Puccinis „Tosca“. Sie zeichneten sich durch ein natürliches und zugleich diszipliniertes Spiel aus, verstanden es ausgezeichnet, sich dem hauseigenen Ensemble anzupassen und den Anweisungen Argeo Quadris zu folgen, der eine schwungvolle und klangschöne Aufführung dirigierte, die nur durch einige instrumentale Mißtöne ein wenig getrübt wurde.
Tamara Müaschkina wurde entdeckt, als sie die Bibliothekfachschule in Astrachan besuchte. Noch während der Ausbildung am Moskauer Konservatorium gewann sie die Goldmedaille bei den 6. Studentenwettspielen 1957. Im „Bolschoi Tjatr“ debütierte sie als Tatjana und kam als eine der ersten „Praktikantinnen“ an die Scala. Seither hat sie in großen Verdi- und Puccini-Rollen internationale Erfolge, so zum Beispiel in Paris und an der Metropolitan Opera. — Puccini bezeichnet die Grundstimmung der „Tosca“ als „leidenschaftlich, qualvoll und düster“. Tamara Milaschkina legt die Partie mehr lyrisch und romantisch an. Der Musik bleibt sie kaum etwas schuldig, obwohl ihre schöne Stimme nur ein mittleres Volumen besitzt, wohl aber der Gestalt der großen Primadonna wie sie Sardou und Puccini vorgeschwebt war. Daß sich nach ihrer großen Arie im 2. Akt das Parkett wenig animiert zeigte ist schwer zu erklären. Um so heftigerer Applaus kam von den oberen Rängen. Im 3. Akt gelang ihr ein bemerkenswerter, gut vorbereiteter dramatischer Ausbruch, der auch entsprechend honoriert wurde.
Wladimir Atlantow stammt aus einer Sängerfamilie, wurde am Leningrader Konservatorium ausgebildet, war ebenfalls während zweier Spielzeiten Praktikant an der Scala, wurde mit mehreren nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet und debütierte am „Bolschoi Tjatr“ in seiner Lieblingsoper „Carmen“. Neben mehreren Filmrollen sang und spielte er immer wieder große Verdi- und Puccini-Partien. Sein Tenor ist groß und durchschlagend, das Timbre nicht immer einwandfrei. „O dolce mani“ haben wir schon wesentlich „süßer“ gehört, auch produzierte er mehrere „rauhe Schluchzer“, machte aber als Cava-radossi im ganzen eine gute Figur.
Die weitaus stärkste und überzeugendste Leistung bot Juri Masurok als Scarpia. Er wurde schon während seines Studiums am Polytechnikum in Lemberg entdeckt, am Moskauer Konservatorium ausgebildet und debütierte am „Bolschoi Tjatr“ in „Eugen Onegin“. Später zeichnete er sich in Prokofleffs Oper „Krieg und Frieden“ aus, die auch an der Scala gegeben wurde, ebenso in großen Verdi- und Rossini-Rollen: ein reifer Künstler, der, ebenso wie seine Kollegen, durch eine tadellose Aussprache des Italienischen exzellierte.
Reid Bunger als Angelotti und Erich Kunz als Messner ließen gleichfalls keinen Wunsch offen. — Es gab wiederholt Szenenapplaus und am Schluß auch viel Beifall für Quadri.
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