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Zivildiener — Mensch?
Na endlich! Die ÖVP hat es bald geschafft: die Gewissensprüfung kommt wieder. Eines kann ich versprechen: mit dem Boykott dieser absurden Einrichtung durch Jugendfunktionäre und andere Mitglieder werden alle Antragsteller automatisch vom Heer befreit sein, denn solange die dann lahmgelegte Kommission nicht tagt, darf Herr Fasslabend seine Leute nicht einberufen. Was muß man Fahnenverrätern alles antun, um zu gewährleisten, daß die auch wirklich nur aus reinen Gewissensgründen aus der Soldatenpflicht entlassen werden? Längere Dienstzeit (warum nicht gleich 14 oder 20 Monate), Zwölf-Stunden-Tag, 2000.- Monatsentgelt auch ohne Verpflegung, zusätzlich noch die besondere Hinterlist, daß alle, die eine bestimmte, ihnen unbekannte Frist übersehen, vom Antragsrecht ausgeschlossen werden.
Das ist kein Witz, sondern eine Liste der im Parlament tatsächlich vorgebrachten Vorschläge. Ich frage nur: Sind Zivildiener eigentlich auch Menschen? Ist die Pflege alter Menschen, der Bettungsdienst oder die Flüchtlingsbetreuung um soviel bequemer als das Wacheschieben in der Kaserne, daß man nicht auch noch die tägliche g'sunde Watschen für alle Verweigerer einführen müßte? Ehre, wem Ehre und Gewissen, wem Gewissen gebührt. Unsere Helden an der Front sitzen im Greenpeace-Boot vor Mururoa, vor der Shell-Plattform und am Kühlturm von Mochovce. Bestimmt gibt es auch in unseren Kasernen anständige, liebe Jungmänner. Aber im Verteidigungsministerium sind die Helden nicht zu finden. Höchstens im Sinne unseres Dialektausdruckes: Du Hööd! Ich schlage zur Reform des Zivildienstes vor: die Einbeziehung der Umwelt-Organisationen als Träger. Dort wird wenigstens noch etwas für meine Sicherheit getan. Der Abwehrkampf der 27. Kolonne im Heer gilt nicht den „Verweigerern”, sondern der allgemeinen Wehrpflicht. Je mehr an Belastung gegen den Zivildienst vorgebracht wird, desto näher rückt freilich der Tag, an dem der ganze Berg politisch in die Luft gesprengt wird. Denn die Wehrpflicht wird heute nicht mehr von einer Mehrheit als notwendig eingesehen.
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