Gerechtigkeit als Geschenk
Ein Weihnachtswunsch aus dem Bildungsbereich: Chancengleichheit und Schulen, in denen Kinder kleine Wunder erleben.
Ein Weihnachtswunsch aus dem Bildungsbereich: Chancengleichheit und Schulen, in denen Kinder kleine Wunder erleben.
Es ist die Zeit des Jahres, in der man sich etwas wünschen darf. Ob sich die Wünsche realisieren lassen, ist eine andere Geschichte. Aber der Zauber, sich einmal vorzustellen, alles wäre besser, ist an sich schon erfüllend.
Aus den zahlreichen Themen, die sich für Wünsche anbieten, möchte ich das Thema Bildung herausstreichen. Allein schon deshalb, weil es absolut zukunftsweisend ist. Wieder einmal wurde heuer eine PISA-Studie durchgeführt – und die Ergebnisse sind einmal mehr erschütternd. Die Kluft zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund ist in Österreich nach wie vor enorm – und wesentlich höher als im OECD-Durchschnitt. Beim Lesen ist der Gap sogar mehr als doppelt so hoch.
Das ist eine traurige Bilanz, aber noch skandalöser sind die Ergebnisse im Hinblick auf soziale Herkunft und Geschlecht – völlig unabhängig vom Migrationshintergrund. In Mathematik und Naturwissenschaft entspricht der Unterschied zwischen sozial privilegierten und sozial benachteiligten Jugendlichen vier bis fünf Schuljahren, Tendenz steigend! Zudem weist Österreich unter allen 41 Staaten in Mathematik die zweitgrößte Geschlechterkluft zugunsten von Burschen auf. Nur Italien schneidet noch schlechter ab.
Ja, die Integration ist hierzulande offenbar gescheitert – aber nicht wegen der Migrantenkids. Das Bildungssystem Österreichs scheitert auch daran, die eigenen Kinder zu integrieren. Geerbte Unterschiede werden nicht eingeebnet, sondern perpetuiert. Dass Migranten dabei benachteiligt werden, ist klar. Dass das ein reines Migrationsproblem wäre, ist aber Fantasie.
Zu Weihnachten möchte ich nun ein wenig anders fantasieren: Ich wünsche mir Chancengleichheit! Ich wünsche mir ein Land, in dem die Schule ein wirksamer Hebel ist und jedes Kind, das sie besucht, ein kleines Wunder erlebt.
Die Autorin ist Professorin für Migration und Integration an der Donau-Universität Krems.
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