Seiji Ozawa - © Foto: APA / Hans Klaus Techt

Ein musikalischer Weltbürger: zum Tod von Seiji Ozawa

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Er dirigierte stets ohne Stab und verfügte über ein von der Klassik bis in die Gegenwart reichendes Repertoire: Seiji Ozawa, von 2002 bis 2010 Musikdirektor der Wiener Staatsoper, starb am 6. Februar in Tokio.

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Er dirigierte stets ohne Stab und verfügte über ein von der Klassik bis in die Gegenwart reichendes Repertoire: Seiji Ozawa, von 2002 bis 2010 Musikdirektor der Wiener Staatsoper, starb am 6. Februar in Tokio.

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Zu einem Interpretationsstil befragt, antwortete der in der 1935 in der Mandschurei geborene, in Tokio aufgewachsene Seiji Ozawa: „Stil ist eine Äußerlichkeit.“ Ein bezeichnender Satz für diesen großen Interpreten, dem jede Oberflächlichkeit und Star-Allüren fremd waren. Eine bei einem Rugby-Unfall erlittene Verletzung hatte ihn gezwungen, die angestrebte Pianistenlaufbahn gegen eine Dirigentenkarriere zu tauschen. Ein Glück für die Musikwelt, wie man weiß. Dem Sport blieb Ozawa treu.

In seinem Zimmer als Musikdirektor der Wiener Staatsoper – eine Position, die er von 2002 bis 2010 ausübte, ehe ihn eine Krebserkrankung zum Rückzug zwang – hatte er Schi stehen. Sobald es seine Zeit zuließ, fuhr er auf den Semmering. Überhaupt genoss er die Zeit in Wien, ging mit Vorliebe auf den Naschmarkt einkaufen. Und kaum je hat man ihn aufgeregter gesehen, als seine Tochter auf einem Philharmoniker-Ball eintanzte.

1960 dirigierte er erstmals die Wiener Philharmoniker und blieb dem Orchester, das ihn zu einem seiner wenigen Ehrenmitglieder ernannte, über fünf Jahrzehnte treu. An der Staatsoper, wo er 1988 mit Tschaikowskys „Eugen Onegin“ debütierte, dirigierte er nicht weniger als 14 Opern aus drei Jahrzehnten. Gemeinsam mit dem damaligen Direktor Ioan Holender initiierte er die bis heute bejubelte „Zauberflöte für Kinder“ am Tag nach dem Opernball.

Ozawa durfte sowohl Karajan als auch Bernstein assistieren, die ihn zeitlebens förderten. Seine Dirigentenkarriere begann mit dem Sieg beim Dirigentenwettbewerb in Besançon 1959 und dem Koussevitzky-Wettbewerb 1960. Er leitete von 1965 bis 1969 das Toronto Symphony Orchestra, danach das San Francisco Symphony Orchestra, ab 1973 bis 2002 – als erster Nichteuropäer – das Boston Symphony Orchestra.

Er dirigierte stets ohne Stab und verfügte über eine herausragende Dirigiertechnik und ein von der Klassik bis in die Gegenwart reichendes Repertoire, machte sich als Interpret französischer Musik oder seines Landsmanns Takemitsu einen besonderen Namen. Mit dem nach seinem Lehrer Hideo Saito benannten Saito Kinen- Orchester und -Festival setzte der Maestro, der Stammgast bei allen bedeutenden Orchestern und in den großen Opernhäusern war, einen besonderen Akzent in seiner japanischen Heimat. Am 6. Februar ist Seiji Ozawa 88-jährig in Tokio verstorben.

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