Die Lebensreise des Rot-Malers ist zu Ende

Werbung
Werbung
Werbung

"Das Malen wird mir Gott sei Dank nie langweilig. Denn was kann spannender sein, als sich seine Wirklichkeiten täglich neu zu erschaffen.“ So Markus Prachensky vor wenigen Jahren - der Innsbrucker in Wien mit kakanischen Wurzeln, der vergangenen Samstag im Alter von 79 Jahren gestorben ist. Die Farbe Rot prägt das imposante informelle Werk Prachenskys, der, wie so viele seiner Zeitgenossen, in den 50er-Jahren vom kunstinnigen Monsignore Otto Mauer entdeckt wurde. Nach Wien gegangen ist der 1932 in Innsbruck in eine Familie malender Baukünstler Hineingeborene allerdings, um bei Lois Welzenbacher Architektur zu studieren. Wohler fühlte er sich aber schon sehr bald im Kreis seiner Malerfreunde Wolfgang Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer, mit denen er die "Gruppe Galerie St. Stephan“ gründete, und deren gemeinsame Ausstellung 1957 in der Wiener Sezession den Durchbruch für die jungen Avantgardisten bedeutete.

Bereits in Prachenskys frühem, noch geometrisch strukturiertem, unübersehbar von Mondrian inspiriertem Werk spielte die Farbe Rot als vitale Metapher für alles Lebendige eine zentrale Rolle. Was sich bis zum Tod des Künstlers nicht ändern sollte, der schon sehr bald zu seiner unverwechselbaren Handschrift gefunden hatte. Wenn auch die expressive Wut seiner ehemals effektvoll die Farbe verspritzenden Pinselhiebe mit den Jahren einer fast philosophischen Poesie wich, sein Gestus beruhigter, sein ehemals schrilles Spiel mit der Farbe subtiler wurde.

Obwohl Markus Prachensky als einer der wichtigsten Vertreter der abstrakten Malerei die österreichische Kunstgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich mitgeschrieben hat, waren Natur und Architektur unübersehbar seine Anreger. Besonders mediterrane, aber auch ostasiatische und kalifornische Landschaften liebte der die heimatlichen Tiroler Berge fliehende Prachensky, weshalb viele seiner Bilder Namen wie "Umbria Quartetto“, "Etruria Orizontale“ oder "Bali trumpet“ tragen. Malereien, die allerdings alles andere als äußere Abbilder des Gesehenen sind, sondern zu abstrakten Farb- und Formäquivalenten verdichtete Nachdichtungen der Wirklichkeit mit den Mitteln der puren Malerei: um allein durch die Wahl des Farbigen Atmosphärisches erahnen zu lassen, die flirrende Hitze des Südens genauso wie den Geruch exotischer Blüten, die Aura von Menschen oder eigene Befindlichkeiten beim Malen.

Wobei Prachenskys Herkommen von der Architektur beim Bau seiner Bilder immer unübersehbar mitschwingt. Kräftige Farbbalken bilden die Struktur dieser Malereien, suggerieren antike Gebälke, Giebel oder Säulen, aber auch die aufstrebende Dynamik moderner Großstädte, während das Naturhafte allein im Farbigen anklingt. Wobei das immer zentrale Rot je nach Malphase mit einem Grün, Gelb, Blau, Braun, Schwarz oder Violett harmonisch verschwistert ist, sich liebevoll vereint oder in aggressiver Abstoßung von den klaren roten Linien abprallt. Trotz dieser scheinbar aus dem Bauch über die malende Hand auf große Leinwände oder Papiere herausgeschrienen Gestik blieb in Markus Prachenskys Malerei aber nichts dem Zufall überlassen. Ist (fast) alles das Ergebnis scharfen Kalküls, gemischt mit der Leidenschaft und Sensibilität eines mit sich selbst nie zufriedenen Perfektionisten.

Als "kleine Hommage“ an den Toten zeigt die Salzburger Galerie Welz bis 3. September einen repräsentativen Querschnitt durch Markus Prachenskys Spätwerk.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung