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Das Weltparlament des Wetterdienstes

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Im Jahre 1783 errichtete die Mannheimer Meteorologische Gesellschaft (Societas Meteorologie Palatina) versuchsweise in West- und Mitteleuropa ein Stationsnetz von 50 Wetterbeobaditungsstationen und rüstete sie mit einheitlich konstruierten meteorologischen Instrumenten aus. Den Beobachtern schrieb sie die Einhaltung fester Beobachtungstermine zu den Zeiten 7, 14 und 21 Uhr vor, Termine, die auch heute noch im Klimadienst eingehalten werden. Diese Mannheimer Unternehmung war der erste gelungene Versuch eines internationalen Wetterdienstes, der aber nur zwölf Jahre intakt blieb und schließlich den Zeitereignissen zum Opfer fiel. Die Beobachtungen wurden in zwölf starken Bänden dem sogenannten Mannheimer Ephemer i- d e n, gesammelt.

Heute wird fast die gesamte Erdoberfläche einschließlich der Weltmeere von einigen Zehntausend Wetterstationen bedeckt, die allmählich auch in die einsamsten Gebiete der Arktis und Antarktis vorgeschoben werden. Auf den Ozeanen sind „feste Wetterschiffe“ stationiert, di in einem engbegrenzten Raum navigieren und zu den international festgelegten Terminen Wetterbeobachtungen anstellen. Von einer sehr großen Anzahl von Punkten der Erdoberfläche starten mindestens dreimal täglich Radiosonden und bringen uns Kunde von den Vorgängen in hohen atmosphärischen Schichten.

Die Einrichtung und Erhaltung dieser ungeheuren Anzahl von Wetterbeobachtungsstationen, die Verbreitung und Auswertung der Meldungen machen eine durchdachte Organisation des Wetterdienstes erforderlich, eine Organisation, welche die Grenzen der Länder überschreitet und nationale Beschränkungen überwindet. Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges versammelten sich daher am 22. September 1947 die Direktoren der meteorologischen Dienste von 48 Nationen der Erde zu einer Konferenz in Washington mit der Absicht, einen straff organisierten Weltwetterdienst zu gründen, „um alle meteorologische Tätigkeit auf der Erde miteinander in Verbindung zu bringen, zu vereinheitlichen und zu verbessern, und um einen wirksamen Austausch der Meldungen zwischen den einzelnen Ländern im Interesse der verschiedenen menschlichen Tätigkeiten herzustellen“. Im Rahmen der Konferenz befaßte sich ein besonderes Komitee mit der Ausarbeitung einer „Konvention für die Weltorganisation' des Wetterdienstes“, die der Versammlung am 11. Oktober 1947 zur Unterzeichnung vorgelegt wurde.

Die „Konvention“ umfaßt 35 Artikel und enthält einen Anhang, in dem sämtliche Signatarstaaten aufgeführt sind. Österreich gehört nicht zu den Signatarstaaten, hat sich aber gemäß den Bestimmungen des Artikels 3 der Konvention um die Mitgliedschaft bei der OMI (Organisation Meteorologique Internationale) beworben.

Artikel 4 behandelt den organisatorischen Aufbau dės Weltwetterdienstes. Demnach stehen an der Spitze dieser Weltorganisation der Präsident und zwei Vizepräsidenten, denen folgende Organe der „Organisation" unterstehen:

der Kongreß des Weltwetterdienstes, das Exekutivkomitee, di regionalen meteorologischen Versammlungen,

die technischen Kommissionen, das Sekretariat.

Der „Kongreß“ ist das höchste Organ der Organisation des Weltwetterdienstes und setzt sich aus Delegierten der Mitglieder zusammen. Jedes Mitglied bestimmt einen seiner Delegierten zum Hauptdelegierten,

welcher gleichzeitig Direktor des Wetterdienstes seines Landes ist.

Das Exekutivkomitee ist das ausübende Organ des „Kongresses". Es hat die Durchführung der Beschlüsse des „Kongresses" zu überwachen und diesem bei jeder Sitzung Bericht über seine Tätigkeit zu erstatten.

Die regionalen meteorologischen Versammlungen setzen sich aus den Mitgliedern einer „Region“ zusammen. Insgesamt gibt es sechs meteorologische Regionen, und zwar:

Region I Afrika,

Region II Asien,

Region III Südamerika,

Region IV Nord- und Zentralamerika, Region V Südwestpazifik,

Region VI Europa.

Die regionalen meteorologischen Versammlungen treten fallweise, so oft als notwendig, zusammen. Sie haben im wesentlichen die Aufgabe, für die Durchführung der Beschlüsse des „Kongresses" in ihren zuständigen Wetterdienstregionen Sorge zu tragen.

Die technischen Kommissionen setzen sich aus wetterdiensttethnischen Fachexperten zusammen und haben die Aufgabe, alle wetterdiensttechnischen Fragen zu studieren und dem „Kongreß" und dem Exekutivkomitee zu unterbreiten.

Während alle anderen Organe der „Orga-

nisation“ nur fallweise zusammentreten, ist das Sekretariat eine ständige Einrichtung des Weltwetterdienstes. Es hat seinen Sitz in Paris. Der Chef des Sekretariats ist der Generalsekretär der OMI, dem verschiedene technische Beamte und Verwaltungsbeamte unterstehen.

Der Generalsekretär ist dem Präsidenten der „Organisation" für alle technischen Arbeiten und Verwaltungsaufgaben des Sekretariats verantwortlich. Seit 1939 ist der Präsident der OMI Mister Nelson K. Johnson, ein Engländer.

Artikel 22 der „Konvention" bestimmt, daß der Generalsekretär und das Personal des Sekretariats vollkommen unabhängig von allen Behörden und Obrigkeiten, die außerhalb der OMI stehen, zu sein haben. Dieser Personenkreis ist verpflichtet, sich jeder Tätigkeit, die mit der Stellung eines internationalen Beamten unvereinbar ist, zu enthalten. Ebenso hat jedes Mitglied der OMI den besonderen internationalen Charakter der Tätigkeit des Generalsekretärs und seines Personals zu respektieren und dieses unter keinen Umständen in der Erfüllung seiner internationalen Aufgaben zu beeinflussen.

Im Artikel 25 wird das Verhältnis der OMI zu den Vereinten Nationen Umrissen. Die internationale Organisation des Wetterdienstes unterhält Beziehungen mit den UN nach den Bestimmungen, die im Artikel 57 der UN-Charta festgelegt sind. Allerdings wird in dem betreffenden Anikei der „Konvention“ zur Bedingung gemacht, daß die Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit der UN von zwei Drittel der OMI-Mit- glieder genehmigt werden.

Der Artikel 26 enthält Bestimmungen über die Zusammenarbeit der OMI mit anderen internationalen Organisationen. Demnach kann die OMI jederzeit, wenn es zweckmäßig erscheint, Verbindungen mit anderen internationalen Organisationen aufnehmen. Dazu ist aber ein vom Exekutivkomitee mit Zweidrittelmehrheit angenommener Beschluß notwendig.

Nach den Bestimmungen des Artikels 35 ist die „Konvention für die Weltorganisation des Wetterdienstes“ dreißig Tage nach der Ratifikation durch 46 Signatarstaaten in Kraft getreten. Die Unterzeichnung der „Konvention" erfolgte am 11. Oktober 1947, in Washington.

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