"Das Raucher-Image hat sich verändert"

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Wie kann man Jugendliche davon abbringen, mit dem Rauchen anzufangen? Welchen Beitrag können die Eltern und Pädagoginnen leisten? DIE FURCHE hat Suchtpräventions-Expertin Lisa Brunner befragt.

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Wie kann man Jugendliche davon abbringen, mit dem Rauchen anzufangen? Welchen Beitrag können die Eltern und Pädagoginnen leisten? DIE FURCHE hat Suchtpräventions-Expertin Lisa Brunner befragt.

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Wie steht es in puncto Nichtrauchen um Österreichs Jugendliche? Welche Präventions-Kampagnen gibt es - und was bewirken sie? Lisa Brunner, Leiterin des Instituts für Suchtprävention der Sucht-und Drogenkoordination Wien im Gespräch mit der FURCHE.

DIE FURCHE: Wo setzt man in der Raucherprävention heutzutage an?

Lisa Brunner: Es geht um eine gut aufeinander abgestimmte Mischung aus individueller und struktureller Prävention. Bei ersterer geht es um die Stärkung der Einzelperson und ihrer Lebenskompetenzen zum Schutz vor der Sucht, vor allem im Kindesund Jugendalter. Auf der strukturellen Ebene geht es um gesetzliche Regulierungen, um das Nichtrauchen endlich zur Norm zu machen. Derzeit befinden wir uns ja gerade in Österreich noch eher in einer rauchenden Gesellschaft. Man hätte gerne, dass wir nur Workshops mit Jugendlichen machen, aber man muss auch die Erwachsenen in den Blick nehmen und Gesetze gut umsetzen und kontrollieren, um längerfristig die Einstellung zum Rauchen zu ändern.

DIE FURCHE: Welche strukturellen Maßnahmen wären in Österreich sinnvoll?

Brunner: Da muss eine ganze Palette kommen bzw. wird ja auch bereits einiges dazu getan und die Sache geht in die richtige Richtung. Der Ausbau vom Jugendschutz, vom Nichtraucherschutz, das absolute Rauchverbot, die rauchfreie Umgebung, die Entwöhnungs-Informationen auf den Packungen oder das Anbieten von Entwöhnungsprogrammen, um nur einige zu nennen.

DIE FURCHE: Wie können Eltern und Pädagoginnen präventiv einwirken?

Brunner: Wichtig sind positive Anreize. Mit dem Gesundheitsargument alleine konnte man Jugendliche bis dato nur schwer abhalten. Als Elternteil sollte man also eine gute Kommunikation mit seinem Kind haben, was für viele Eltern vielleicht auch eine Herausforderung ist. Man kann den Kindern mitgeben, "Nein" zu sagen oder ihre Freunde beim Nichtrauchen oder Aufhören zu unterstützen. Man sollte die Vorteile in der aktuellen Lebenslage des Jugendlichen herausstreichen: Man spart sich Geld, man stinkt nicht nach Rauch, die Küsse schmecken besser. Eltern sollten auch ihr eigenes Verhalten und ihre Vorbildwirkung reflektieren und eine klare Haltung zeigen, selbst dann, wenn sie selbst rauchen, ist das wirksam. Nichtraucher-Regeln, die im Haushalt gelten, müssen natürlich für alle gelten.

DIE FURCHE: Werden flächendeckend alle Jugendlichen präventiv erreicht?

Brunner: Das wäre schön. Nachdem Suchtprävention kein Pflichtfach in der Schule ist, können wir nicht alle erreichen, aber viele. Es gibt bundesweit einige Maßnahmen, die u. a. in Schulen laufen: Das vierjährige Lebenskompetenz-Programm "plus" läuft in der Unterstufe österreichweit seit Jahren, das hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. In jedem Bundesland gibt es außerdem eine Fachstelle für Suchtprävention mit unterschiedlichen Angeboten. Auf der Internet-Plattform "feel-ok.at" können Jugendliche sich selbst Informationen spielerisch besorgen, aber auch Eltern und Pädagoginnen Materialien finden. Außerdem bietet das das "Rauchfrei-Telefon" niederschwellige Tabakentwöhnung an.

DIE FURCHE: Wie steht es um die "Coolness" des Rauchens, den Rebellen-Faktor?

Brunner: Das Image hat sich verändert, auch medial. Dafür waren sicher Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen ausschlaggebend, etwa die Werbe-Verbote. Es besteht aber immer noch das Bild der verwegenen Coolen, die an der Bar stehen und rauchen. Da ist es umso wichtiger, mit Jugendlichen über ihre Motivation zu sprechen, warum sie rauchen: Wollen sie zu den Erwachsenen gehören oder sich von ihnen abgrenzen? Wenn es ihnen um die Coolness geht, kann man auf dieser Ebene individuell weiter arbeiten, wenn es eher um Entspannung geht, braucht es einen anderen Ansatz.

DIE FURCHE: Wie hat sich die Einstellung der Jugendlichen gewandelt durch die Raucherverbote in Lokalen?

Brunner: Als wir unsere Broschüre "Pocket Info Tabak" mit Jugendlichen erarbeitet haben, waren die Jugendlichen sehr kritisch. Jene, denen es um Umweltschutz geht, ist es wichtig zu wissen, wie Tabak oder Zigaretten produziert werden: Die Bäume, die gefällt werden, Menschen, die unter unwürdigen Verhältnissen arbeiten müssen, etc. Bei anderen wieder hilft der Anreiz, körperlich fit zu bleiben. Letztlich ist es wie auch bei den Erwachsenen: Manche finden die Verbote sinnvoll, andere sagen, ein Verbot hält sie vom Rauchen sicher nicht ab.

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