Amerika, psychologisch

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Hans-Jürgen Heinrichs deutet den Irakkrieg als Folge der Kränkung der Amerikaner durch den 11. September.

Der Reigen der Bücher, die sich mit den Ursachen, Bedingungen und auch Auswirkungen des Irakkrieges gegen Saddam Hussein beschäftigen, ist längst eröffnet. Der Psychoanalytiker Heinrichs versucht eine psychologische Deutung der Motivationen, die zum Krieg gegen den Irak geführt haben, entstanden aus der Kränkung der letzten verbliebenen Supermacht der USA durch den terroristischen Anschlag des 11. Septembers 2001.

Zur Rechtfertigung der Anwendung militärischer Gewalt erfand die Bush-Administration den Begriff "Achse des Bösen", angelehnt an den Begriff "Reich des Bösen" für die Sowjetunion unter Ronald Reagan, der dieser Regierung zukünftig hin die Möglichkeit eröffnet, weitere Präventivkriege gegen unliebsame Staaten wie Syrien, den Iran oder Nordkorea zu führen. So wurde aus dem verständlichen Vorgehen gegen den Terror ein Kreuzzug mit entsprechendem Sendungsbewusstsein, der dabei ist, an den Grundfesten unserer Zivilisation und des Dialoges zwischen den Kulturen und Religionen zu rütteln.

Es gelingt dem Autor plausibel und nachvollziehbar darzustellen, welche Voraussetzungen erfüllt sein mussten um einen sozusagen "heiligen Krieg" gegen ein nationalistisches Regime im Irak führen zu können, das Jahrzehnte lang mit amerikanischer Waffentechnologie aufgerüstet wurde. Dass sich Präsident Bush über die elementarsten Regeln des Völkerrechtes hinwegsetzt und einen Präventivschlag, der nur im Interesse der USA liegt, führt, wird ebenfalls schlüssig aus psychoanalytischer Sicht dargestellt.

Eine umfassende, abschließende Darstellung der Gründe und Ursachen des Irakkrieges kann und darf jedoch noch nicht erwartet werden. Auch der Ausblick in die nahe Zukunft kann nur Hypothese bleiben und wird von den weltweiten Terroranschlägen, die unzweifelhaft ebenfalls mit dem Krieg um den Irak zusammenhängen, täglich eingeholt.

Viel schwerwiegender ist, dass auf die wirtschaftlichen Interessen als Antrieb der kriegsführenden Staaten (Stichwort Öl, Wiederaufbau des zerstörten Irak und die Rolle der Rüstungsindustrie) wenn, dann nur sehr am Rande eingegangen wird und die Motivlage viel mehr auf der Ebene gekränkter persönlicher und nationaler Eitelkeiten gesucht wird.

Ein wichtiger Beitrag, um die langfristige Strategie und Motivation, die zu diesen Kampfhandlungen geführt haben bzw. in Zukunft zu weiteren Konflikten führen werden, erkennen zu können.

Als eindimensionaler Erklärungsansatz bleibt das mit 150 Seiten und einem Quellenverzeichnis versehene Büchlein aber doch einige Fragen schuldig.

Die gekränkte Supermacht Amerika auf der Couch

Von Hans-Jürgen Heinrichs

Verlag Artemis und Winkler, Düsseldorf 2003

159 Seiten, geb., e 16,50

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