Wie damals nach Pearl Harbor Die "soft-linken" Medien haben Europa gegen die USA und ihren Präsidenten aufgebracht, ist Robert J. Lieber von der Georgetown University in Washington überzeugt. Die europäischen Journalisten sind ein

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Die Furche: Herr Lieber, teilen Sie aus US-Sicht die Meinung von Werner Weidenfeld, dass die unterschiedliche Wahrnehmung von 9/11 zur transatlantischen Krise geführt hat?

Robert J. Lieber: Der 11. September hat für die USA die gleiche Bedeutung wie der japanische Angriff auf Pearl Harbor. So wie es kein zweites Pearl Harbor geben durfte, darf es kein zweites 9/11 geben. Wer kann Amerika garantieren, dass das nächste Mal nicht Hunderttausende, ja Millionen US-Bürger zu Opfern von terroristisch eingesetzten Massenvernichtungswaffen werden? Dieses Verständnis des 11. Septembers ist fundamental für uns.

Die Furche: Pearl Harbor endete mit Hiroshima und Nagasaki. Wie weit werden die USA in ihrem Kampf gegen den Terrorismus gehen?

Lieber: Hiroshima und Nagasaki haben den Krieg im Pazifik beendet, der sonst noch Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Opfer gefordert hätte. So wie Pearl Harbor die USA in einen Krieg gezogen hat, in den wir nicht verwickelt werden wollten, wurden wir auch vom 11. September in einen Krieg gezogen, den wir uns nicht ausgesucht haben. Dieser Terror ist kein Terror von der Art, wie ihn die Europäer kennen. El Kaida und der islamistische Terrorismus sind nicht die Roten Brigaden oder die IRA. Dieser Terror will die USA, die Amerikaner, die amerikanischen Christen und Juden und die westliche Welt zerstören.

Die Furche: Rechtfertigt das die den Menschenrechten widersprechende Internierung von El-Kaida-Kämpfern in Guantanamo?

Lieber: Die Konzentration der europäischen Kritik auf diesen Punkt spricht Bände: In einer Welt, die von Diktaturen nur so strotzt und in der Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung stehen, ist diese Kritik verlogen und absurd und zeigt nur, wie sehr die öffentliche Meinung in Europa durch falsche oder tendenziöse Informationen gegen die USA aufgebracht wird.

Die Furche: Die europäischen Medien tragen Schuld am Konflikt zwischen den USA und Europa?

Lieber: Der Großteil der maßgeblichen europäischen Journalisten ist ein Produkt von 1968. Ihren Berichterstattung hat der Economist treffend als "soft left" bezeichnet: eine gemäßigte Ablehnung von Markt und Kapitalismus und ein starkes Misstrauen gegenüber den USA und jede Art amerikanischer Machtausübung. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass der Umgang dieser Journalisten mit den tatsächlichen Fakten als schlampig bezeichnet werden kann.

Die Furche: Die Berichte über Guantanamo sind schlampig?

Lieber: Sie sind tendenziös und widersprechen in vielen Dingen der Wirklichkeit. Ein anderes Beispiel ist die völlig falsche und dennoch von der europäischen Presse verbreitete Meinung, die USA hätten Saddam Hussein in der Vergangenheit mit Waffen versorgt. Man kann darüber streiten, ob der Krieg gegen Saddam gerechtfertigt war oder nicht - ich denke, dieser Krieg war nötig -, aber die Idee, wir hätten Saddam mit Waffen ausgerüstet, ist einfach falsch.

Die Furche: Ist es auch sachlich falsch, wenn George W. Bush als Cowboy, der mit Bibelzitaten um sich wirft, dargestellt wird?

Lieber: Den Eindruck, den der Großteil europäischer Journalisten von Bush hat, wurde von der amerikanischen Opposition geprägt. Die Bush-Präsidentschaft war von Anfang an einem unüblich rauen Klima ausgesetzt. Bush wurde als illegitimer Präsident verunglimpft. Aber, ob es einem passt oder nicht: Bush wurde der US-Verfassung gemäß zum Präsidenten gewählt. Und obwohl Bush in seinen Reden profund und kompetent auftritt, gelingt es ihm nicht, so sympathisch wie sein Vorgänger zu wirken.

Die Furche: Wenn im Irak keine Massenvernichtungswaffen gefunden werden, steht er zudem als Lügner da.

Lieber: Das Saddam-Regime hatte vier Jahre Zeit, diese Waffen zu verstecken. Faktum ist: Saddam hat Massenvernichtungswaffen besessen. Er hat chemische Waffen gegen kurdische Iraker eingesetzt. Er verwendete Giftgas im Krieg gegen den Iran. Und Saddam hatte das nötige Know-how, um nukleare Waffen zu bauen.

Die Furche: Warum wurden dann Geheimdienst-Dossiers aufgebauscht?

Lieber: Der Begriff "sexed up" (aufgebauscht) ist nicht hilfreich. Es wird immer eine Frage bleiben, wie man Geheimdienstinformationen in Worte fasst, gerade in Bereichen, in denen man sehr viel auf Mutmaßungen angewiesen ist. Aber die Welt weiß, die UN-Inspektoren und alle Geheimdienste wissen - und auch die Irakis selber hatten Kenntnis - von Saddams Massenvernichtungswaffen. Was wir nicht wissen, ist die genaue Anzahl dieser Waffen. Das ist ein Geheimnis. Aber es ist falsch, aus diesem fehlenden Wissen heraus, dem Krieg seine Berechtigung abzusprechen. Der Kriegsgrund war, zu verhindern, dass eines der gefährlichsten Regime der Welt diese Waffen einsetzt. Der Kriegsgrund war, rechtzeitig dagegen vorzugehen, bevor eine Atombombe in einer amerikanischen oder europäischen Hauptstadt gezündet wird.

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