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Prosa über alle Grenzen

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DIE FISCHER VON FECAMP. Roman von Henri Queffelec. Herder, Freiburg-Basel-Wien. 230 Seiten. S 139.10. — DAS NARRENHAUS. Von Slavkl Kolar. Band 168 Suhr-kamp. 108 Seiten. DM 4.80. - DIE SANDUHR. Aus Kurt Kluges Nachlaß. Herausgegeben von Carla Kluge und Heim Grothe. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart. 288 Selten. DM 19.80. — TARAS BULBA. Roman von Gogol. Deutsch von Ilse Krämer. Verlag Jakob Hegner, Köln und Ölten. 248 Seiten. DM 12.80. — URWALD — LIEBE — DIAMANTEN. Ein Brasilienroman von Walter Alvares Keller. Schweizer Verlagshaus AG, Zürich. 576 Seiten. sFr./DM 14.80.

Queffelecs Roman trägt den Originaltitel „Solitudes“; einsam wie das Meer sind die Menschen, der Kapitän des Kabeljaufängers, dem auf hoher Fahrt die Frau zu Hause stirbt, einsam der zweite, mit dem Kapitän fahrende Sohn, einsam die sterbende Frau und der aus der Art geschlagene eine Sohn, einsam die übrigen Fischer und ihre sehr unterschiedlichen Frauen im Dorf. Ein Buch von großartiger Düsterkeit und bebender Leidenschaft in der gewohnten Umwelt des Dichters.

Auch die Jugoslawen haben ihre Gestapo gehabt, die umstrittene kroatische Ustajha, die Kolar im „Narrenhaus“ aufs Korn nimmt. In einem von abgeholten Juden gezeichneten Haus spukt es — sehr irdisch, wie sich am Ende herausstellt. Kolars Humor und Satire sind nicht ganz die unseren, sie sind bitter, scharf und stellenweise makaber. Trotzdem: ein effektvoller Einfall, mit eigenwilliger Handschrift zu Papier gebracht

Daß Kurt Kluges, des 1940, 54 Jahre alt, zu früh Verstorbenen, „Der Herr Kortüm“ in 264.000, „Die Zaubergeige“ sogar in 496.000 Exemplaren verbreitet ist, wird in Österreich manchen überraschen. Zum 80. Geburtstag das Toten im Vorjahr erschien nun ein Nachlaßband, der seine Freunde finden wird. Es wetterleuchtet von einer dichterischen Intuition darin, die das Unvollendete von Kluges Werk schmerzhaft empfinden läßt.

Mit heimlichem Schmunzeln liest man heute Gogols „Taras Buiba“, die Geschichte vom Kosakenhauptmann, der auszog, um Gomiulka, pardon: die Polen, das Gruseln zu lernen. Prall voll Abenteuern und Dnjeprromantik ist diese Geschichte, unheimlich ist die Scheiterhaufenvision des Helden von der kommenden Größe Rußlands für uns heutige.

Modernes Abenteuer erzählt der inzwischen frühverstorbene Schweizer Walter Alvares Keller, bei uns mehr bekannt durch die Peter-Stäubli-Trilogie als durch die zwei vorangegangenen Brasilien-Bücher. Er hat das Land in der Jugend am Leibe erlebt, seine Wanzen, Missionare und Hochstapler, Diamantennarren und Betrüger: als Schuhputzer, Musterreiter und Elektriker. Im Hintergrund dieses seines Schwanengesanges steht die in unserem Blatt so oft gestellte Frage: Was ist die Zukunft dieses unheimlich brodelnden, Himmel und Hölle verheißenden Kontinents?

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