Trappisten im heutigen Amerika

Den meisten Europäern wird wohl, in ihrer Vorstellung vom typischen Amerikanertum, nichts ferner liegen als jäer Gedanke an selbstgewählte Weltabgeschiedenheit und Beschaulichkeit im Dienste der inneren Sammlung und Vertiefung des religiösen Lebens. Trotzdem würde sich ein solcher Gedanke nicht mit einer phantastischen Irrealität beschäftigen, sondern mit einer Wirklichkeit, die in den letzten Jahren zu einem integrierenden Bestandteil des amerikanischen Bildes geworden ist. Auch jenseits des Atlantik, wo die Götzen des technischen Fortschritts und des materiellen Reichtums fast unumschränkt zu herrschen schienen, mehrt sich die Zahl derer, die erfaßt haben, daß die moderne Welt, wie Evelyn Waugh sich in seinem Vorwort zu Mertons Lebengeschichte ausdrückt, dank der Tätigkeit unserer Wissenschaftler und Politiker nahe daran ist, unbewohnbar zu werden, und daß, wie im sogenannten finsteren Mittelalter, die vernünftigste und zivilisierteste Lebensweise noch in der Karthause geboten/ wird. Mit ein Beweis für die wachsende Verbreiterung dieser Erkenntnis wird durch den geradezu sensationellen Erfolg geliefert, den dieses Buch unter den Hunderttausenden seiner Leser allein in den Vereinigten Staaten zu verzeichnen hatte. Hier schildert ein junger Amerikaner, der, früh verwaist, in völliger Glaubenslosigkeit auferzogen wurde, den Weg, der ihn aus der Öde seiner akademischen Umgebung zur ersten Bekanntschaft mit dem Katholizismus und schließlich in den Hafen des Friedens führte, den er im Trappistenorden fand. Thomas Merton — oder Pater Louis, wie der heute Fünfund-dreißigjährige als Mönch genannt wird — ist es nicht um literarische Effekte zu tun; er erzählt seine Erfahrungen und Erlebnisse im Gesprächston, einfach und natürlich, und mit einer Lebendigkeit, die jeden, der das Buch in die Hand bekommt, schon nach wenigen Seiten in ihren Bann schlagen wird.

Den Weisungen seiner Oberen folgend, setzt Merton auch als Trappist seine schriftstellerische Arbeit fort. Der zweite Band von seiner Feder, „Waters of Silence“ (ebenfalls bei Hollis & Carter erschienen), bildet in gewissem Sinne eine Ergänzung des ersten. Er greift in die frühe Geschichte des Ordens in Europa zurück, beschreibt die Gründung seiner ersten Niederlassungen in den Vereinigten Staaten — wo übrigens seit Ende des zweiten Weltkrieges die Zahl dieser Ordenshäuser in rascher Zunahme begriffen ist — und gibt ein packendes Bild vom täglichen Leben eines Trappisten. Auch erzählt er von den Schicksalen der einzelnen Trap-pistenklöster unter der Naziherrschaft und während des Krieges.